Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum:Endlich wiedervereint

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Christus am Kreuz mit den beiden Schächern, Georg Petel, 1624/1626. (Foto: Bastian Krack/Bayerisches Nationalmuseum)

"Goldene Passion": In einer Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum wird das Rätsel um eine Kreuzigungsgruppe des Barock-Künstlers Georg Petel gelöst.

Von Jürgen Moises

Es gibt in Büchern, Filmen und zuweilen auch der Realität diese Geschichten, wo der Zufall oder das Schicksal und manchmal auch eine detektivische Spürarbeit getrennte Menschen wieder zusammenführt.

Im Bayerischen Nationalmuseum in München wird unter dem Titel " Goldene Passion" eine solche Geschichte erzählt. Hier stand in einer leicht abgewandelten Variante eine kriminalistische Suche im Hintergrund, die in dem Fall aber nicht Menschen, dafür aber menschliche Figuren, sprich drei Plastiken wieder zusammenführte. Sie alle stammen von Georg Petel, welcher der erste und einer der bedeutendsten deutschen Barock-Bildhauer war. 400 Jahre sind die Bronzen alt. Und wohl die meiste Zeit davon waren sie getrennt. Das heißt: Die zentrale, von Georg Petel modellierte und in Bronze gegossene Christus-Figur befindet sich seit 1949 im Nationalmuseum. Die beiden anderen, ein von Petel gestalteter "Reuiger" und ein "unbußfertiger Schächer" (veraltet für "Verbrecher") haben seit 1927 im Berliner Bode-Museum ihren Ort.

Was man weiß: Sie alle wurden im Münchner Kunsthandel erworben. Aber zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort. Jetzt sind die drei an Kreuzen hängenden Figuren wiedervereint, für die Zeit der Ausstellung, die nach München nach Berlin wandert. Hinzu kommen etwas mehr als ein Dutzend weitere Exponate, zu denen weitere Werke von Petel sowie Plastiken, ein Gemälde und Grafiken von Zeitgenossen gehören.

Darunter sind Leihgaben aus Brüssel, der Alten Pinakothek und der Staatlichen Graphischen Sammlung in München sowie des Stadtmuseums Weilheim. Und dann ist da ein höchst beeindruckendes Elfenbein-Kruzifixus Petels aus französischem Privatbesitz. Sie alle wurden zusammengetragen, um die Geschichten hinter der Kreuzigungsgruppe zu erzählen. Einen Film gibt es auch, welcher in Form von computertomografischen Aufnahmen die Herstellungstechnik der Bronzen dokumentiert. Und dazu noch die technischen Ergebnisse des mehrjährigen Forschungsprojekts, welches der Ausstellung vorausging. Diese zeigen: Bei den Figuren gibt es in puncto Maßstab, Erhaltungszustand, Vergoldung, Wandstärke und Material eine hohe Übereinstimmung.

Also Rätsel gelöst? Dass es eines gab oder überhaupt geben könnte, darauf kam der Barock-Experte des Nationalmuseums Jens Burk im Jahr 2019. Er wusste: In Berlin gibt es die von Petel stammenden "Schächer". Aber: Der Christus dazu fehlte. Davon angeregt betrachtete er die im Depot in München lagernde Christus-Figur genauer und fragte sich: Könnte das vielleicht der in Berlin fehlende Christus sein? Das war "der Beginn eines schwierigen Projekts", wie Burk bei einer Führung durch die Ausstellung vor ein paar Tagen erzählte. Und auch der Beginn einer "schönen Zusammenarbeit". Diese führte neben der Ausstellung auch zu einer gleichnamigen, das Ganze vertiefenden Publikation.

Was in der kleinen, aber feinen Ausstellung als Erstes auffällt, ist, dass es gleich drei Kreuzigungsgruppen gibt. Einmal das wiedervereinte, feuervergoldete Original. Dann eine Kopie aus Laubholz von einem unbekannten Künstler aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die aus den Royal Museums of Art and History aus Brüssel stammt. Und dann noch eine Kopie aus Kupferlegierung von einem unbekannten Künstler aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Eine Leihgabe des Stadtmuseums Weilheim. Wer auch hier mit kriminalistischem Blick hinsieht, wird entdecken: Die Christus-Figuren sind alle anders. Außerdem sind bei den Schächer-Figuren die Arme teilweise verdreht.

Die Erklärung? Nun, laut Jens Burk waren die für die Originale hergestellten Gussmodelle damals wohl schon getrennt unterwegs. Und so haben die Kopisten wohl irgendwo Abgüsse der Schächer, aber nicht Petels Christus gesehen. Deshalb hat die Gruppe aus Kupferlegierung im Gegensatz zu Petels Original keinen lebenden, sondern toten Christus im Zentrum. Der Christus aus Laubholz ist lebend dargestellt, erinnert aber sonst wenig an den von Petel. Dafür wirken die Schächer aus Laubholz ausdrucksstark gestaltet. Während die Gesichter von denen aus Kupfer ausdrucksschwach geraten sind. Aber das sind alles schon detektivische Details.

Was die Kopien jedenfalls zeigen, ist, wie populär Petels Werke zu Lebzeiten schon waren. Aber sie sind ja auch wahrhaft große Kunst, wie neben der Kreuzigung das erwähnte Kruzifixus aus Frankreich sowie die "Geißelung Christi", der "Herkules" und der "Heilige Sebastian" aus dem Nationalmuseum zeigen. Die ergänzenden Kupferstiche und Zeichnungen verdeutlichen, wie Christus-Darstellungen von Michelangelo und Rubens Petel beeinflusst haben. Und ein von Anthonis van Dyck geschaffenes Öl-Porträt von Petel belegt die Freundschaft zwischen den beiden. Kennengelernt hatten sie sich, als der 1601 oder 1602 in Weilheim geborene Petel auf Wanderschaft in den Niederlanden, Frankreich und Italien war. Von 1625 an wirkte er in Augsburg, wo er 1634 als hochgeachteter Künstler viel zu früh verstarb.

Goldene Passion, bis 30. Juni, Bayerisches Nationalmuseum, Prinzregentenstraße 3, www.bayerisches-nationalmuseum.de

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