Schlachthofviertel:Platz für Partys, Kreativität und Nachhaltigkeit bis 2027

Lesezeit: 3 Min.

Daniel Hahn (Jeansjacke), Johanna Popp und Moritz Butscheck vom Kulturzentrum Bahnwärter Thiel. (Foto: Stephan Rumpf)

Eigentlich hätten die Alte Utting und der Bahnwärter Thiel bis Ende des Jahres zurückgebaut sein müssen. Doch nun dürfen beide bleiben, mindestens bis Ende 2027. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.

Von Nils Frenzel

Daniel Hahn fährt mit einem Fahrrad auf das Gelände des Bahnwärter Thiel. Gerade kommt der Mann, den man vielleicht als Posterboy der Münchner Kulturszene beschreiben könnte, von einem Termin mit der Stadt. Das Thema: Die Zukunft der Alten Utting, dem ehemaligen Passagierschiff, das Hahn vor einigen Jahren mit seinem Kulturverein Wannda e.V. gekauft hat und das seitdem als unverzichtbare Kulturstätte auf einer ehemaligen Eisenbahnbrücke in Sendling steht.

Hahn schließt sein Fahrrad ab und bittet ins Büro, einem alten U-Bahn-Wagen, der auf einigen besprühten Seefrachtcontainern steht. Vier Meter über dem Boden hat man von hier aus einen guten Blick über das Gelände. An diesem Wochenende finden dort die Feierlichkeiten zum siebenjährigen Bestehen des Kulturzentrums statt. Ein unrunder Geburtstag, der aber unter einem guten Stern zu stehen scheint: Denn der Mietvertrag für das Gelände auf dem ehemaligen Viehhof wird bis Ende 2027 verlängert.

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Eigentlich wäre der befristete Mietvertrag bereits Ende dieses Jahres ausgelaufen. Ein bestehender Fünf-Jahres-Kontrakt über die Geländenutzung wurde zunächst nicht verlängert. Allerdings hatte sich coronabedingt die Überplanung des Geländes verschoben. Der Bahnwärter Thiel und die Alte Utting dürfen nun doch länger bleiben. Hahn und sein Team können aufatmen. Denn ohne eine weitere Verlängerung des Mietvertrags hätten sie bereits vor Monaten mit dem Rückbau der Kulturstätte beginnen müssen.

Dass das Gelände des ehemaligen Viehofs in der Isarvorstadt über kurz oder lang überplant werden muss, steht außer Frage, erklärt Hahn in seinem Büro. Auf dem Areal gebe es viele Bestandsmieter wie Metzgereien und andere Betriebe, die diesen Platz benötigten. Hahn deutet aus einem U-Bahn-Fenster: "Da drüben gibt es auch eine Lkw-Waschanlage, die für den Schlachthof zuständig ist. Auch für diese Anlage muss in Zukunft eine Lösung gefunden werden."

Wenn die aktuelle Verlängerung des Mietvertrags Ende 2027 abgelaufen sein wird, hoffen Hahn und sein Team, dass sie mit ihrem Kulturprojekt in dem neuen Bebauungsplan berücksichtigt werden. "Das würde uns die Chance geben, dass kulturelle Inhalte und Veranstaltungen, die wir hier entwickeln, konzeptuell mit aufgegriffen werden." Neben Partys, Konzerten, Lesungen und anderen Kulturveranstaltungen wie Flohmärkten oder Workshops beherbergt der Bahnwärter Thiel auch einen Atelierpark, ein Fotostudio und urbane Gärten, die von Anwohnern genutzt werden.

Johanna Popp, die für das Kulturprogramm des Bahnwärters zuständig ist, verweist auf den kommenden Weihnachtsmarkt und deutet auf ein Plakat hinter ihr im U-Bahn-Büro. Münchner Handwerker bekämen auf dem Markt die Möglichkeit, sich an einem Stand aufzustellen und ihre Arbeiten zu präsentieren. Der Weihnachtsmarkt schaffe eine tolle Möglichkeit, die Sichtbarkeit lokaler Künstler und Handwerker zu erhöhen.

"Wir hätten ein paar Dinge wahrscheinlich anders gemacht."

Moritz Butscheck ist für die Pressearbeit und das Booking verantwortlich. Er betont die Vielfältigkeit, die der Bahnwärter mit seinem Kulturprogramm fördert. Als Butscheck das sagt, fällt Hahn sofort das Urban-Gardening-Projekt ein: "Da kommen Anwohner, Freundeskreise und Familien zusammen und bewirtschaften alle gemeinsam ein Hochbeet." Der gemeinsame Garten als Treffpunkt. Mittlerweile biete sogar die Volkshochschule Führungen auf dem Gelände an. Das Interesse von Anwohnern, sich mit diesem speziellem Ort auseinanderzusetzen, sei in jedem Fall vorhanden.

Während sich das Kulturzentrum sozusagen von einem befristeten Mietvertrag zum nächsten kämpft, wünschen sich Hahn und sein Team langfristig Planungssicherheit für das Gelände. "Wir hätten ein paar Dinge wahrscheinlich anders gemacht, wenn wir direkt gewusst hätten, dass wir bis Ende 2027 hier bleiben dürfen."

Ähnliche Kulturprojekte in anderen Städten zeigen, wohin die Reise gehen könnte - beispielsweise das Hamburger Gängeviertel oder der Holzmarkt in Berlin. Beides Kulturstätten, die von der jeweiligen Stadtverwaltung mit einem Erbbaurechtsvertrag berücksichtigt worden sind und damit fest zum Stadtbild gehören.

Für Hahn gibt es zwei mögliche Zukunftsszenarien: Entweder der Bahnwärter Thiel wird in die Überplanung des neuen Geländes eingebunden, oder eine Teilfläche des Geländes wird dem Kulturzentrum zugesprochen und darf eigenständig beplant werden. "Wir wissen genau: Was sind die Bedürfnisse der Anwohner? Wir haben mit allen möglichen Leuten Kontakt und wissen, welche Rahmenbedingungen für einen kulturellen Ort in einer dicht bebauten Stadt gebraucht werden."

Egal welches der beiden Szenarien Wirklichkeit wird - Nachhaltigkeit sei ihnen wichtig, betont Hahn. Mit der neuen Verlängerung seien sie fast zehn Jahre auf dem Gelände. Aufgrund der kurzen Laufzeit sei es aber nie möglich gewesen, sich um nachhaltige Energiekonzepte zu kümmern. Langfristig wolle man ein Quartier erschaffen, das in Sachen Energie und Bausubstanz neue Wege beschreitet. Es sei immer ein Bestreben gewesen, einen autarken, klimagerechten Ort zu schaffen.

Auch wenn an diesem Wochenende ein Jubiläum und eine Mietverlängerung gefeiert werden kann - die langfristige Zukunft des Bahnwärter Thiel auf dem Gelände des alten Viehhofs bleibt weiter ungewiss.

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