Ärzte-Streik:Aufstand in weißen Kitteln

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Auf der Maximilianstraße marschieren die streikenden Ärztinnen und Ärzte. (Foto: Florian Peljak)

Die Ärztinnen und Ärzte der bayerischen Unikliniken machen viel Lärm auf dem Marienplatz. Sie fordern mehr Geld und Zuschläge für Dienste. Aber eigentlich geht es den Streikenden um viel mehr.

Von Ekaterina Kel

Vor lauter Orange sieht man die weißen Kittel kaum mehr - die Ärzte der Unikliniken sind an diesem Montag zum Streiken auf den Marienplatz gekommen. Viele von ihnen tragen tatsächlich als Symbol den typischen Arztkittel. Ihr Interessenverband, der Marburger Bund, hat Streikartikel verteilt: Westen, Trillerpfeifen, Klapperhände, Plakate - selbst die Sonnenbrillen sind in dem knalligen Orange gehalten. Und die brauchen die Ärzte an diesem Tag auch - um kurz nach eins knallt die Sonne auf den Platz vor dem Neuen Rathaus.

"Nicht mit uns!", ruft der Redner auf der Bühne. "Nicht mit uns!", wiederholt die Menge zu seinen Füßen im Chor. Andreas Botzlar, Vorsitzender des Marburger Bunds Bayern, eröffnet die Kundgebung der Ärzteschaft. Er fordert mehr Geld für die Streikenden, mindestens 12,5 Prozent, und höhere Zuschläge für Wochenend-, Feiertags- und Nachtdienste. Dafür bekommt er auch saftigen Applaus. Aber eigentlich geht es den Streikenden um viel mehr.

"Wir stehen hier, weil wir unter besseren Bedingungen arbeiten wollen", sagt ein junger Arzt aus der Inneren Medizin am Klinikum rechts der Isar. Es könne nicht sein, dass man im Bereitschaftsdienst komplett durcharbeiten müsse. Das sei aber Realität. Und er wünsche sich mehr Zeit für die eigentliche Patientenversorgung, die unter der Last der vielen Organisationsarbeit leide.

Es fällt auf, dass viele der streikenden Ärztinnen und Ärzte jung sind. Häufig steht ein Kinderwagen neben ihnen, oder sie halten ein Kind auf dem Arm. Sie stehen im Meer von Plakaten: "Nur Jesus hat umsonst geheilt" oder "Nachts machen wir's fast umsonst". Er sehe die vielen gut ausgebildeten, motivierten Kolleginnen und Kollegen hier, sagt Botzlar. "Ich will gerne, dass ihr in 30 Jahren auch noch hier arbeitet!", ruft er ins Mikro. Trillerpfeifen und Applaus. Es solle endlich Bewegung in die Tarifverhandlungen kommen.

Seit Ende September vergangenen Jahres ist die Laufzeit des Tarifvertrags laut Marburger Bund abgelaufen. Im Vergleich zu kommunalen Krankenhäusern verdienten die Ärzte an den Unikliniken bis zu zwölf Prozent weniger, heißt es. Vier Verhandlungsrunden habe es bereits gegeben. Doch die Arbeitgeberseite sei ihnen bis jetzt nicht ausreichend entgegengekommen. Die Arbeitgeberseite ist in diesem Fall die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), sie vertritt die Bundesländer als Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen. Die Unikliniken werden von den Ländern finanziert.

Auf dem Marienplatz haben sich nicht nur die Ärztinnen und Ärzte der Münchner Unikliniken, also des LMU-Klinikums und des Klinikums rechts der Isar sowie des Deutschen Herzzentrums versammelt. Es sind auch Kolleginnen und Kollegen aus den anderen bayerischen Unikliniken angereist. Würzburg, Erlangen, Regensburg, Augsburg, nacheinander werden die Städte von der Bühne aufgerufen, nacheinander erklingt lauter Jubel aus verschiedenen Ecken der Menschenmenge.

Von 2000 bis 2500 Teilnehmenden sprechen die Veranstalter. Laut Marburger Bund vertreten sie etwa 5000 Beschäftigte an den sieben Unikliniken. Damit wäre fast die Hälfte im Ausstand. Wie viele an den jeweiligen Kliniken wirklich fehlen, ist schwer zu sagen. Die Sprecher der einzelnen Häuser konnten bis Redaktionsschluss noch keine belastbaren Zahlen nennen: Die Rückmeldungen aus den einzelnen Abteilungen kämen meist erst am Ende des Tages oder am nächsten Tag. Jedoch waren die Auswirkungen deutlich zu spüren. So heißt es vom LMU-Klinikum am Nachmittag, der OP-Bereich sei vom Ärzte-Streik betroffen gewesen. "Es konnten etliche elektive, also planbare Eingriffe nicht vorgenommen werden."

Grundsätzlich hatten sich die Häuser aber vorbereitet und Notdienstvereinbarungen mit dem Marburger Bund geschlossen. "Notfälle und dringliche Behandlungen werden in jedem Fall weiterversorgt", kündigte das LMU-Klinikum etwa bereits am Donnerstag an, als der bundesweite Streikaufruf kam.

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