Mieten in München:Reiter: An der Kommunalpolitik sollen schärfere Regeln für Immobilienmarkt nicht scheitern

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Es habe Verhandlungen mit Investoren gegeben, sagt Dieter Reiter. Allerdings mit bescheidenem Ergebnis. (Foto: AFP)
  • Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat verärgert auf den Vorwurf der Bayerischen Hausbau, die Stadt habe selbst zu wenig gegen steigende Mieten getan.
  • Die Bayerische Hausbau plant auf dem früheren Gelände der Paulaner Brauerei 1500 Wohnungen.
  • 46 Prozent der Wohnungen werden verkauft - darunter etliche Luxus-Wohnungen.

Von Heiner Effern und Anna Hoben, München

Am geplanten neuen Stadtviertel auf dem ehemaligen Paulaner-Areal am Nockherberg entzündet sich ein symbolhafter Streit über die explodierenden Boden- und Mietpreise in München. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) reagierte verärgert auf den Vorwurf des Eigentümers Bayerische Hausbau, die Stadt habe selbst zu wenig gegen die Auswüchse des Immobilienmarkts unternommen.

"Ausgerechnet diejenigen, die für den teuersten Wohnraum in unserer Stadt verantwortlich sind, versuchen, dafür den schwarzen Peter der Stadt zuzuschieben. Das ist billig." Auch CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl kommentierte die Hausbau-Aussagen spürbar angefressen. "Wenn die Stadt einem Investor beim Baurecht so weit entgegenkommt und dieser darauf mit Maximalpreisen reagiert, schadet das seinem Ruf und dem der gesamten Branche."

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Die Bayerische Hausbau plant auf dem früheren Brauereigelände 1500 Wohnungen für ungefähr 3500 Bewohner. Diese entstehen in mehreren Etappen bis voraussichtlich 2023. Neben den obligatorischen 30 Prozent öffentlich geförderten Wohnungen baut das Unternehmen auch Mietwohnungen. 46 Prozent der Wohnungen werden jedoch verkauft - darunter etliche Luxus-Wohnungen, etwa eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 87 Quadratmetern für mehr als eine Million Euro.

In einem SZ-Interview hatte Hausbau-Chef Jürgen Büllesbach der Stadt eine Mitschuld an der Entwicklung des Wohnungsmarktes attestiert. Nicht nur die Immobilienbranche, auch die Kommune habe in der Vergangenheit "einen großen Teil dazu beigetragen, dass die Situation so ist, wie sie ist", etwa beim Verkauf von Grundstücken, indem sie Maximalpreise verlangt habe.

Zudem unternähmen andere Städte wie zum Beispiel Hamburg "mittlerweile deutlich mehr" für günstigere Preise als München. Hier fehle es an klaren Vorgaben und Regeln, die "langfristig und verbindlich für alle gültig" sein müssten. Die letzten Verhandlungen zur sogenannten Sozialgerechten Bodennutzung mit Investoren seien zwar in die richtige Richtung gegangen. "Man hätte da aber mehr tun können."

Das lässt OB Reiter nicht auf sich sitzen. Es habe tatsächlich Verhandlungen mit Investoren gegeben, allerdings mit bescheidenem Ergebnis. "Wir haben versucht, das zu regeln, er war dabei, er weiß es." An der Kommunalpolitik würden schärfere Regeln für den Immobilienmarkt nicht scheitern. "Ich bin sofort dabei, wenn Investoren selbst eine stärkere Regulierung fordern und überall dort, wo neu gebaut wird, zwei Drittel Mietwohnungen entstehen. Davon die eine Hälfte öffentlich gefördert, die andere für Preise höchstens nach dem Mietspiegel."

Der hohe Anstieg der Kaufpreise wirkt sich direkt auf die Mieten aus

Doch dafür fehlten einer Stadt wie München die rechtlichen Mittel. "Dummerweise kann ich keine neuen Baugesetze erlassen. Das kann nur der Bund oder das Land regeln." Seit er OB sei, habe München übrigens kein Baugrundstück mehr verkauft, legt Reiter noch nach. Für die Angriffe auf die Stadt hat er eine Erklärung parat. "Letztendlich drängt sich der Verdacht auf, dass hier jemand davon ablenken will, mit dem Paulanergelände höchstmöglichen Profit machen zu wollen. Das finde ich einigermaßen dreist."

Auch Reiters Parteifreundin Beatrix Zurek, Vorsitzende des Münchner Mietervereins, wirft der Bayerischen Hausbau Profitgier vor: "Da hat es sich jemand sehr leicht gemacht. Es ist schon klar, dass man als Unternehmen etwas verdienen muss. Die Frage ist nur: wie viel?" Wenn man Preise bis ins Unendliche verlangen könne, müsse man das nicht immer tun - und sich dann auf "die Marktkräfte berufen". Sollten sich Vorgaben für eine Begrenzung der Bodenpreise durchsetzen lassen, müsste das direkt auch auf die Mietpreise durchschlagen, fordert Zurek.

Gerade verhält es sich genau anders herum. Der hohe Anstieg der Kaufpreise wirkt sich direkt auf die Mieten aus. Am Montag stellte das Marktforschungsinstitut des Immobilienverbandes Deutschland Süd (IVD) seinen jüngsten Bericht vor. Für eine Altbauwohnung werden demnach bei Neuvermietung 17 Euro pro Quadratmeter fällig, für eine Neubauwohnung 18 Euro.

Der Markt kennt also nur eine Richtung, bei Mieten und bei Kaufpreisen: nach oben. Und in einer Stadt, in der das Angebot so beschränkt ist, könne es "eine andere Richtung auch gar nicht geben", sagt Rudolf Stürzer, Chef des Haus- und Grundbesitzervereins. Dass man Immobilienunternehmen "zwingen" müsse, zusätzlich zu Eigentums- auch Mietwohnungen zu bauen, spreche Bände. "Die Bereitschaft dazu ist ins Bodenlose gefallen." Wenn dann welche entstünden, würden sie nach einigen Jahren in Eigentum umgewandelt. "Es wäre überraschend, wenn die Wohnungen am Nockherberg dauerhaft Mietwohnungen blieben."

© SZ vom 19.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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