Szenario:Für alle Schöpfer bewegter Bilder

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Markus Lanz freut sich über den Blauen Panther. Er erhielt den "Ehrenpreis des Ministerpräsidenten". Über dessen Vergabe entscheidet nicht eine Jury, sondern - solange im Amt - Markus Söder persönlich. (Foto: Stephan Rumpf)

Der "Blaue Panther - TV & Streaming Award" löst den Bayerischen Fernsehpreis ab. Markus Lanz und Julia von Heinz freuen sich über Auszeichnungen in der BMW Welt. Und Markus Söder frohlockt, dass er seinen Kopf durchgesetzt hat.

Von Susanne Hermanski

Es gibt viele Möglichkeiten, auf diesen Gala-Abend zu blicken. Den einen fällt das tolle semitransparente Glitzerkleid von Laudatorin Julia Koschitz auf, der akkurate Haarschnitt von Ehrenpreisträger Markus Lanz oder der Brilli am Revers von Matthias Schweighöfer, der sich als Hauptdarsteller von "Army of Thieves" über dessen Kür zum "Beliebtesten Film" freut. Den anderen sticht eher der Titel der Veranstaltung ins Auge: "Blauer Panther - TV & Streaming Award", ehedem genannt "Bayerischer Fernsehpreis".

Aber wohlgemerkt, vom Bayerischen TV & Streaming Award ist diesmal nicht die Rede, und auch nicht vom Weißblauen Panther, selbst wenn sich die Nymphenburger Porzellan-Raubkatze auf einen entsprechenden Rautenschild stützt. Die Veranstalter, die Medien.Bayern GmbH, im Rücken die Staatskanzlei und das Digitalministerium, erweitern also ihren Horizont. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Was seit 1989 als Bayerischer Fernsehpreis verliehen worden ist, erschien schon seit einigen Jahren nicht mehr zeitgemäß. Seit mit der Pandemie auch noch im vorletzten Wohnzimmer Netflix und andere Streaming-Anbieter die Bildschirme übernommen haben, erkennen das sogar ältere Fern-Seher.

Conchita Wurst war einer der Show-Acts bei der aufwändigen Preisverleihung. (Foto: Stephan Rumpf)

Auch Bayerns Film- und Fernseh-Business produziert längst schon für die großen und kleinen Streaming-Anbieter und verkauft seine Serien und TV-Filme im Idealfall weltweit. Durch ihre Mediatheken sind gewissermaßen auch die Öffentlich-Rechtlichen Sender zu Streamern geworden. Und längst nutzen auch sie Ausgabekanäle für ihre Inhalte, die in eigentlich rein privatwirtschaftlichen Social Media bestehen, wie Instagram. Das hat zur Folge, dass etwa Luna Wedler als "Beste Schauspielerin" für den Award nominiert werden konnte, für "#ichbinsophiescholl", ein reines Social-Media-Format, das die junge Zielgruppe ideal erreicht.

Freilich bringt die Entscheidung noch allerlei andere interessante Nebeneffekte mit sich: Die Show zur Verleihung der Preise profitiert vom umso höheren Star-Aufkommen (zu den Nominierten und Gewinnern treten Laudatoren wie Wigald Boning, Claus Kleber und Conchita Wurst). Die Zeremonie lässt sich obendrein direkt an die Münchner Medientage andocken, was auch erstmals räumlich geschah. Sie fand nicht, wie vor der Pandemie, im altehrwürdigen Prinzregententheater statt, sondern in der technisch blinkblanken BMW-Welt, wo sich die Medienbranche sowieso zur Selbstreflektion traf und sich selber feierte.

Ein anderer überaus bemerkenswerter Aspekt: Markus Söder, der Ministerpräsident persönlich, sieht mit dieser Art der Transformation des alten Fernsehpreises in einen modernen allgemeinen - nennen wir es mal - Bewegtbildpreis ein lang von ihm gehegtes Desiderat erfüllt. Denn so mancher, vor allem aber die Filmfestchefin Diana Iljine, dürfte sich noch gut an den 26. Juni 2018 erinnern. Da verkündete Söder auf einer Pressekonferenz im Gasteig, das Filmfest München solle in ein "internationales Medienfestival" und zur besseren Berlinale ausgebaut werden. Dafür lege er auch drei Millionen mehr drauf auf den Etat des Festivals, die Stadt als Partner müsse jetzt nur noch mitziehen. Die wiederum reagierte düpiert.

Zwar sprach Söder damals mehr von Virtual-Reality-Künstlern und Computerspiel-Tüftlern, die man miteinbeziehen wolle, als von besagten Streamern, doch sind heute, bald fünf Jahre später, längst die Übergänge zwischen all diesen Schöpfern bewegter Bilder ohnehin fließend. Auf die Frage, ob der neue "TV & Streaming Award" als "Kampfansage" zu verstehen sei gegen jene Kräfte wie die Stadt München, die für einen solchen Wandel auf der Bremse stehen, sagt Söder: "Ja, genau. Die wollen sich nicht bewegen. Also zeigen wir hier einmal, was möglich ist."

Schon allein der Produktionsaufwand, der in der BMW-Welt für den Award betrieben worden ist, zeugt von Söders Entschlossenheit. Statt einer herkömmlichen Bühne ist in der großen Halle ein riesiger Kubus aus Screen-Wänden aufgebaut, um den herum spielt sich alles ab: zwei Bühnen, Laufstege, darum außen positionierte Sitzgruppen und um das Ganze auch noch die Hundertschaften der Live-Zuschauer, unter weiteren Großleinwänden verteilt. Das belebt das sonst so dröge Zeremoniell aufgrund der vielen möglichen Perspektiven und Auftrittsmöglichkeiten einerseits ungemein. Andererseits, und das tut einem fast ein bisschen leid, streikt bei all der digitalen Schlacht immer wieder mal die Technik. Bild und Ton sind für das Publikum im Saal (bei der TV-Ausstrahlung wurde das bereinigt) dann asynchron auf den übergroßen Screens. Also überdeutlich zeitversetzt. Aber vielleicht ist das irgendwie in sich logisch -wenn man seiner Zeit unbedingt voraus sein will.

Die Preise:

Ehrenpreis: Markus Lanz

Sonderpreis: Arnold Schwarzenegger für seinen YouTube-Appell an die russischen Soldaten im Ukraine-Krieg

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Publikumspreise:

Beliebteste Serie: "Die Discounter" (Pyjama Pictures für Prime Video).

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Beliebtester Film:. "Army Of Thieves" (Pantaleon Films für Netflix)

Freunde auch im wahren Leben: Matthias Schweighöfer hielt später die Laudatio für Joko Winterscheidt. (Foto: Stephan Rumpf)

Kategorie Fiktion

Regie: Julia von Heinz für Serie "Eldorado KaDeWe" (Constantin Television / UFA Fiction für Das Erste).

Drehbuch: Bob Konrad, Hanno Hackfort und Thomas Pletzinger für die Serie "Funeral for a Dog" (Flare Entertainment / Viola Film für Sky).

Nachwuchspreis: Creator, Regisseur und Hauptdarsteller David Helmut der Serie "Wrong - unzensiert" (Neuesuper für RTL+)

Schauspielerin: Soma Pysall für ihre Darstellung in der Serie "Para - Wir sind King" (Warner TV Serie)

So sah es bei der Verleihung des Blauer Panthers im vergangenen Jahr aus: Digitalministerin Judith Gerlach, gerahmt von den Schauspielerinnen Lisa Maria Pothoff (links) und Soma Pysall. (Foto: Stephan Rumpf)

Schauspieler: Peter Kurth in der Serie "Ferdinand von Schirach - Glauben" (RTL+ / Vox)

Der "beste Schauspieler" Peter Kurth liefert auch auf dem Roten Teppich eine gute Vorstellung. (Foto: Stephan Rumpf)

Kategorie Entertainment

Olli Dittrich Verkörperung der Figur Sandro Zahlemann in der Mockumentary "Ich war Angela Merkel: Das Zahlemann-Protokoll" (WDR / beckground tv für Das Erste). Joko Winterscheidt Entwickler und Host und an Julia Mehnert Executive Producerin der Quiz-Show "Wer stiehlt mir die Show?" (Florida TV für ProSieben). Anna-Lena Zwez Executive Producerin der Factual-Show "Don't stop the Music - Kids" (Redseven Entertainment für das ZDF).

Kategorie Information / Journalismus

Carl Gierstorfer Buch und Regie der Serie "Charité intensiv - Station 43" (DOCDAYS Productions für den rbb / Das Erste). Benjamin und Jono Bergmann Regie des Dokumentarfilms "Wirecard - die Milliarden-Lüge" (Gabriele Sperl Film- und Fernsehproduktion / BABKA in Koproduktion mit RBB, NDR, SWR, BR, Sky Studios, ARTE). Nadja Mitzkat, Annette Kammerer und Jan Vollmer für Web-Berichterstattung "Gegen Putin: so gefährlich ist Protest in Russland" (NDR für funk, STRG_F) .

Kategorie Kultur / Bildung

Salwa Houmsi und Jo Schück für Moderation des Talkformats "13 Fragen" (Hyperbole für ZDFkultur).

Martin Groß für Buch und die Regie der Dokumentation "Auswärtsspiel - Die Toten Hosen in Ost-Berlin" (ECO Media im Auftrag von SWR, rbb und NDR für Das Erste).

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