Wenn der bayerische Ministerpräsident in diesen Tagen über die Fantasyserie "Game of Thrones" philosophiert, kommen dem Zuhörer natürlich die kühnsten Assoziationen in den Sinn. Sieht der Mann die nahende Landtagswahl etwa als großen Kampf um den Eisernen bayerischen Thron? Oder lässt er im Keller der Staatskanzlei heimlich Drachen züchten, um die Preußenkönigin Angela anzugreifen?
Aber nein, wenn Markus Söder derzeit von "Game of Thrones" spricht, dann meint er tatsächlich die Serie. Denn Söder will die Münchner Filmindustrie wahlkampfbedingt zu neuen Höhen führen, und da muss die Messlatte natürlich die derzeit beliebteste aller TV-Sendungen sein. Letzten Freitag verkündete er bei einer Pressekonferenz im Münchner Kulturzentrum Gasteig, dass er das Filmfest München, dessen 36. Ausgabe am Donnerstag beginnt, zur besseren Berlinale ausbauen wolle.
Aus der Veranstaltung solle ein "internationales Medienfestival" werden, das nicht nur dem Kino, sondern auch Virtual-Reality-Künstlern und Computerspiel-Tüftlern als Plattform dienen solle. Dass er bei seinen Ausführungen Virtual Reality mit Special Effects verwechselte und seine Kino-Obsession auch sonst mehr eine fixe Idee denn eine echte Leidenschaft zu sein scheint, tat seiner Begeisterung keinen Abbruch.
Söder sagt, im Fußball könne man Tore kaufen, und dieses Prinzip will er aufs Filmfest übertragen
Der Freistaat, so Söder, wird sein Engagement beim Filmfest von 2019 an um drei Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Das Festival, gegründet 1983, wird vor allem vom Staat und der Stadt München getragen. Beide stemmten den Großteil des Budgets von bislang 3,5 Millionen Euro bisher ungefähr zu gleichen Teilen. Mit den zusätzlichen drei Millionen Euro würde der Staat, so Söder weiter, sein bisheriges Engagement beim Filmfest um 170 Prozent steigern. Wenn man das Filmfest allerdings nach den Regeln eines Erstligafestivals untersucht, zu dem Söder es ausbauen will, wirkt es dummerweise auch gleich um 170 Prozent provinzieller.
Festivals wie die Berlinale werden schließlich nicht allein wegen ihrer Größe als A-Festivals bezeichnet, sondern weil sie vom internationalen Produzentenverband nach festen Regeln als solche eingestuft werden. Die Fédération Internationale des Associations de Producteurs de Films (FIAPF) sitzt in Brüssel und nennt als formale Voraussetzung für die A-Liga zum Beispiel die Veranstaltung eines offiziellen Hauptwettbewerbs, in dem eine internationale Selektion von Filmen um Preise konkurriert. München hat keinen Hauptwettbewerb, sondern lediglich einige undurchsichtige Miniwettbewerbe in Reihen namens "Cinemasters" oder "Cinevision", die kein normaler Zuschauer kennt.
Söder sagte dazu, im Fußball könne man Tore kaufen, und dieses Prinzip wolle er aufs Filmfest übertragen. Natürlich könnte man in München einen offiziellen Wettbewerb einrichten. Was man mit Geld aber nicht kaufen kann, ist die Tradition der internationalen Konkurrenz. Die Goldene Palme von Cannes und der Goldene Bär von Berlin haben sich über Jahrzehnte den Ruf von prestigeträchtigen Preisen erworben. Oder anders gesagt: Die Hollywoodstars werden bestimmt nicht vom nächsten Jahr an Schlange stehen, um sich eine goldene Weißwurst oder was auch immer verleihen zu lassen.
Das Filmfest ist zudem ein klassisches Auslese-Festival, das die besten Filme aus Cannes, Toronto, Venedig, Berlin etc. an die Isar holt, damit das Münchner Publikum sie sehen kann. Das ist gut für die Zuschauer, reicht aber nicht aus, um zu den Großen aufzuschließen. Respekt genießt das Filmfest vor allem für seine Reihe Neues Deutsches Kino, die zumindest national zum Besten gehört, was man im deutschen Festivalbetrieb bekommen kann.
Der genaue Qualitätsanspruch bei der restlichen Auswahl ist aber nicht erkennbar. Im aktuellen Programmheft schreibt die derzeitige Leiterin Diana Iljine: "Es fällt auf, wie oft die Beziehungen zwischen Frauen und Männern in den diesjährigen Filmen thematisiert werden." Das ist so, als würde man zur diesjährigen Fußballweltmeisterschaft feststellen, dass der Ball rund ist.