Ludwig-Maximilians-Universität:"Es ist für uns befremdlich"

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Noch ist der Audimax der LMU München leer. Bald werden hier wieder Studierende Platz nehmen können. (Foto: Catherina Hess)

Politiker und Studierende reagieren empört auf hohe Ausgaben der LMU für Taxifahrten, Reisen und Mittagessen. Auch vom Minister kommt eine Ermahnung.

Von Sebastian Krass, München

Die Vorwürfe des Bayerischen Obersten Rechnungshofes (ORH) gegen die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) wegen Ausgaben in jeweils fünfstelliger Höhe für Taxifahrten, Gruppen-Dienstreisen nach Venedig, Mittagessen und die Verabschiedung eines Dekans haben Irritation im Landtag ausgelöst. "Das hat einen schalen Beigeschmack", sagte Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei Freie Wähler, am Donnerstag. Bei Reisen von Politikern würde stets genau auf Kosten geschaut, in der LMU sei das offenbar nicht immer der Fall gewesen. Er frage sich, wo die Grenzen der Hochschulautonomie sein müssten. Für Forschung und Lehre sei sie wichtig, "aber das bedeutet nicht, dass es in anderen Bereichen Narrenfreiheit gibt".

Wolfgang Heubisch (FDP), stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses und ehemaliger Wissenschaftsminister, erklärte: "Ich nehme die Sache sehr ernst. Ich werde beim Ministerium und beim ORH nachfragen, was dahinter steckt." Zudem werde er dem LMU-Präsidenten Bernd Huber schreiben. "Ich erwarte von ihm eine schlüssige Erklärung über die Vorgänge und was an Aufklärung passiert ist."

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Die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen, Verena Osgyan, betonte: "Man kann sich nicht drauf verlassen, dass alle in so einer Organisation den richtigen Kompass haben. In vielen Unternehmen und Behörden gibt es seit Jahren strikte Compliance-Regeln. Offenbar hat es das Ministerium über Jahre schleifen lassen, zu prüfen, wie das bei den Unis aussieht." Die Fraktionsvorsitzende der AfD, Katrin Ebner-Steiner, nannte es "ungeheuerlich", dass es "Verschwendung von Haushaltsmitteln in dieser Höhe und zu diesen Zwecken" gegeben habe. Sie forderte "umgehend eine detaillierte Aufklärung und gegebenenfalls personelle Konsequenzen". Der SPD-Hochschulpolitiker Christian Flisek ließ ausrichten, er wolle sich nicht äußern.

Der ORH hatte auf Anfrage Inhalte einer Prüfmitteilung bekannt gemacht, die er 2018 an das Wissenschaftsministerium gesendet hatte: Demnach soll ein Mitarbeiter der LMU über zehn Jahre 64 000 Euro an Taxikosten erstattet bekommen haben. Nach SZ-Informationen handelt es sich dabei um einen Vizepräsidenten der LMU. Zudem monierte der ORH, dass eine Fakultät über Jahre 21 000 Euro an Bewirtungskosten für Mittagessen, teils in gehobenen Restaurants, erstattet habe und dass die LMU für den geldwerten Vorteil keine Einkommensteuer abgeführt habe. Auch zwei Dienstreisen nach Venedig (Kosten 17 000 und 14 800 Euro) sowie die Verabschiedung eines Dekans für 12 000 Euro erschienen dem ORH auffällig.

Die LMU verweist darauf, dass eine interne Prüfung keinen straf- oder dienstrechtlichen Handlungsbedarf ergeben habe. Sie habe dem Ministerium eine Stellungnahme zu den Ergebnissen der internen Prüfung geschickt. Die Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen gegen den Vizepräsidenten gegen eine Geldauflage von 1500 Euro ein. Sie ging von einer geringen Schuld aus, auch weil der Vizepräsident "kein festes Regelwerk der Universität zu beachten hatte". Sein Anwalt betont, sein Mandant sei unschuldig, er habe aus verfahrensökonomischen Gründen der Einstellung zugestimmt.

Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) erklärte, man prüfe die LMU-Stellungnahme noch. Auf die Frage, ob er die Vorgänge an der LMU, die der ORH beschreibt, für angemessen hält, geht Sibler nicht ein. Er erklärt aber allgemein: "Die Verwendung von Steuergeldern muss immer den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgen." Das gelte "gerade auch für Institutionen mit hoher gesellschaftspolitischer Bedeutung wie die Hochschulen". Er erwarte von allen Beschäftigten, dass sie "ihre Verantwortung" gegenüber der Öffentlichkeit "zum obersten Prinzip machen".

Verärgert äußerte sich der Studierendenvertreter Marius Dufner, der im Senat und im Hochschulrat der LMU sitzt. "Es ist für uns befremdlich, was für Geldsummen für Bewirtung und Dienstreisen aufgewendet werden", sagte er, "während Projekte der Studierendenschaft oftmals nicht mit einer Förderung durch die LMU rechnen können."

© SZ vom 07.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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