Landtagswahl in Bayern:Grüner Jubel in München

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In Feierlaune: die Bundesvorsitzende der Grünen Ricarda Lang (blaues Kleid) mit der bayerischen Spitzenkandidatin Katharina Schulze und dem Fraktionsvorsitzenden Ludwig Hartmann. (Foto: Catherina Hess)

Die Partei wird erneut in der Stadt stärkste Kraft - trotz heftigen Gegenwinds im Wahlkampf. Noch am Wahlabend gibt Spitzenkandidat Hartmann die Aufgaben für die nächste Legislaturperiode vor.

Von Joachim Mölter

Gülseren Demirel war die erste Direktkandidatin der Münchner Grünen, die sich am Sonntagabend auf die Bühne der Muffathalle wagte. Um kurz nach 20 Uhr war das, die ersten Ergebnisse der Münchner Stimmkreise waren gerade unters Volk gebracht worden, und die wiesen einen satten Vorsprung für Demirel aus. Rund zehn Prozentpunkte lag sie zu diesem Zeitpunkt im Stimmkreis 103 München-Giesing vor ihrem CSU-Herausforderer Andreas Lorenz, mit 34 Prozent der bis dahin ausgezählten Stimmen. Und obwohl Demirel darauf hinwies, dass der Abend ja noch lang und längst nicht jeder Wahlzettel ins Ergebnis eingeflossen war, konnte sie sich ihre Erleichterung nicht verkneifen. "Wow", sagte die 59-Jährige und bedankte sich erst mal bei ihrem Helferteam: "Wir haben den Wahlkampf gemeinsam gerockt!"

So gerockt wie vor fünf Jahren hatten die Münchner Grünen den diesjährigen Landtagswahlkampf zwar nicht, damals waren sie ja auf einer Euphoriewelle gesurft und als die großen Gewinner ins Ziel gesegelt, weil sie nicht nur das erste Direktmandat für ihre Partei in Bayern überhaupt geholt, sondern gleich fünf der neun Münchner Stimmkreise erobert hatten. Was ihren Spitzenmann Ludwig Hartmann seinerzeit sogar zum Stagediving animierte, zum Sprung von der Bühne ins Publikum, wie beim Rockkonzert. So berauschend ging es am Sonntagabend nicht zu, aber im weiteren Verlauf des Abends tanzten doch sehr viele der rund 400 anwesenden Grünen-Anhänger zunehmend ausgelassen über den Hallenboden.

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Nach einem "anstrengenden Wahlkampf" (Demirel), in dem sie von allen möglichen Seiten angegriffen worden waren, hatten sie auch allen Grund zur Freude, denn zumindest vier Direktmandate schienen sie verteidigen zu können: Neben Demirel lagen auch die Spitzenkandidaten Katharina Schulze (Milbertshofen) und Ludwig Hartmann (Mitte) recht deutlich vor ihren jeweiligen CSU-Konkurrenten, ebenso wie Christian Hierneis (Schwabing). Lediglich Benjamin Adjei (Moosach) schien sein Direktmandat abgeben zu müssen, an den CSU-Mann Alexander Dietrich, den ehemaligen Personalreferenten der Stadt. Das kam nicht ganz unerwartet: Vor fünf Jahren hatte sich Adjei mit nur 63 Stimmen Vorsprung durchgesetzt.

Während Hartmann zumindest einräumte, er sei zuversichtlich, was sein Direktmandat angeht, und sich schon mal für das Vertrauen seiner Wähler bedankte, wollte Schulze sich erst äußern, wenn tatsächlich alle Stimmen ihres Wahlkreises ausgezählt waren. Im Fall von Hartmann erschien tatsächlich keine Zurückhaltung nötig zu sein - zu diesem Zeitpunkt pendelte er sich bei rund 45 Prozent ein, da war eine absolute Mehrheit der Erststimmen in seinem Wahlkreis 109 München-Mitte wahrscheinlicher als eine Niederlage gegen die CSU-Kandidatin Susanne Hornberger. Adjei sowie dessen Landtagskollegen Florian Siekmann und Sanne Kurz müssen nun hoffen, über die Landesliste ins nächste Plenum einzuziehen. Dabei kommt es auch auf die Zweitstimmen an, mit denen sie noch nach vorne gewählt werden könnten.

In München schnitten die Grünen deutlich besser ab

Platz eins in der Stadt zu verteidigen, war eines der Ziele der Münchner Grünen gewesen. Auch das dürfte ihnen gelungen sein: Während sie in den nach und nach eingehenden Ergebnissen konstant über der 30-Prozent-Marke bei Erst- und bei Gesamtstimmen lagen, kam die CSU nicht ganz heran. Auch wenn es bayernweit nicht ganz so gut laufe, "in München sieht das ganz hervorragend aus", verkündete die Stadtvorsitzende Svenja Jarchow am späteren Abend: "Da haben wir sogar noch Stimmen dazugewonnen" - selbst in den Wahlkreisen, die die Grünen voraussichtlich nicht gewinnen werden.

Das ist auch den bislang nicht im Landtag vertretenen Stimmkreis-Kandidaten Julia Post (Pasing) und Fabian Sauer (Bogenhausen) zu verdanken, die den CSU-Platzhaltern Josef Schmid und Robert Brannekämper nah auf die Pelle rückten. Post und Sauer hatten schon kurz nach den ersten Prognosen von dem starken Rückhalt der Basis und aller Wahlhelfer geschwärmt. "Der Begriff ,Team Bayern' war nicht bloß eine Phrase", versicherte Sauer. Er sei "unfassbar glücklich, weil ich so ein geiles Team hatte". Das Lob für die Wahlkampfhelfer an der Basis zog sich durch den ganzen Abend. "Uns hat ja kein Wind entgegen geblasen, sondern ein Sturm", resümierte Post angesichts eines Wahlkampfs, den Svenja Jarchow wegen der vielen Anfeindungen als "unterirdisch" bezeichnete.

Da klatscht auch Claudia Roth, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die für die Wahlparty nach München gekommen ist. (Foto: Catherina Hess)

Die Erleichterung, dem standgehalten zu haben, war bereits nach der ersten ARD-Prognose um 18 Uhr spürbar gewesen, als den Grünen 16 Prozent gegeben wurden. Jubel und Beifall brandeten auf. Und die Stimmung äußerte sich auch in der Begriffswahl: Immer wieder betonten die Grünen-Funktionäre, dass diese Wahl bewiesen habe, dass sie "fest in Bayern verankert" seien. "Wir freuen uns, dass wir so stabil dastehen", resümierte Joel Keilhauer, der Co-Chef des Grünen-Stadtverbandes.

Nach getaner Arbeit atmete nicht nur Gülseren Demirel kräftig durch. "Es war wirklich ein sehr schwieriger Wahlkampf, wir mussten uns mit unseren Themen durchkämpfen", fand sie. "Dann das Vertrauen der Leute wieder zu bekommen, ist ein gutes Gefühl." Anstrengend sei dieser Wahlkampf nicht etwa deswegen gewesen, weil die Grünen nicht die richtigen Themen gehabt hätten, fügte sie noch hinzu, sondern weil die politischen Gegner ihnen das Leben so schwer gemacht hätten mit ihren populistischen Attacken. "Es scheint, dass in Giesing Inhalte noch eine Rolle spielen und sich die Leute nicht verdummen lassen", bilanzierte sie zumindest für ihren Wahlkreis. Auch Katharina Schulze ließ in ihrem Dank an die Grünen-Anhänger das geforderte Engagement durchblicken: "Ihr habt Plakate geklebt, und noch mal geklebt. Und noch mal geklebt."

Auf der Bühne der Muffathalle gab Ludwig Hartmann später dann bereits die Aufgaben für die nächste Legislaturperiode vor: "Unsere Rolle ist klar: Wir müssen dem Rechtsruck in Bayern etwas entgegensetzen."

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