Maximilianeum:Razzia bei AfD-Fraktion im Landtag

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Polizeieinsatz im Landtag: Räume der AfD-Fraktion wurden durchsucht. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Anlass ist ein verfälschtes und von der Fraktion veröffentlichtes Video, für das Redebeiträge willkürlich zusammengeschnitten wurden. Gegen die Beschlagnahme von Materialien legen die Politiker Widerspruch ein.

Von Joachim Mölter und Johann Osel

Die Münchner Polizei hat am Donnerstagvormittag mehrere Büros im Bayerischen Landtag durchsucht. Das Landtagsamt bestätigte auf Anfrage, dass eine solche Aktion stattgefunden habe, laut Staatsanwaltschaft München betraf diese etliche Räume der AfD-Fraktion im Maximilianeum. Demnach war man mit knapp zwei Dutzend Polizeibeamten und mehreren Staatsanwälten im Einsatz. Der Schritt sei nötig gewesen, "nachdem andere Maßnahmen mangels Kooperationsbereitschaft der AfD-Fraktion im Landtag keinen Ermittlungserfolg zeitigten".

Nach Informationen der SZ waren von einem entsprechenden Beschluss des Amtsgerichts München zwölf Büros der AfD im Landtagsgebäude selbst betroffen sowie weitere Räume der Partei in der nahe gelegenen Ismaninger Straße. Gesucht wurden demnach Unterlagen, E-Mails, elektronische Dateien und Speichermedien, die im Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Videos auf digitalen Plattformen stehen. Konkreter Anlass sind demnach mutmaßliche Verstöße gegen das Urheberrechtsgesetz.

Hintergrund ist ein Strafantrag des Landtagsamts gegen Unbekannt wegen eines verfälschten Videos zu einer Plenardebatte, das die AfD-Fraktion veröffentlicht hat - die Anzeige hatte das Landtagsamt gestellt. In dem inzwischen zumindest auf Youtube gelöschten Video sollen Aussagen aus dem Kontext gerissen und neu verwendet worden sein. Dabei soll es nach SZ-Informationen um ein Video gehen, das die AfD am 10. Januar 2021 online gestellt hatte. Darin war der damalige AfD-Fraktionschef Ingo Hahn zu sehen, außerdem die Abgeordnete Gabi Schmidt von den Freien Wählern, deren Äußerungen zum Thema Impfen augenscheinlich kritisch hinterfragt werden.

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Tatsächlich hatten Schmidts Äußerungen nicht, wie im Video dargestellt, als Erwiderung auf Hahn stattgefunden. Schmidts Redebeiträge seien in dem Video "wissentlich und willkürlich in falscher Reihenfolge zusammengeschnitten und dadurch aus dem Gesamtzusammenhang gerissen" worden, soll es in dem Gerichtsbeschluss zur Begründung heißen. Den Nutzungsbedingungen des Bayerischen Landtags zufolge sind "jegliche Bearbeitung, Umgestaltung oder Manipulation von Bildern und/oder Tönen unzulässig".

Ermittelt werden soll, wer für Bearbeitung und Veröffentlichung des Videos zuständig war

Mit den sichergestellten Materialien soll nun ermittelt werden, wer für Bearbeitung und Veröffentlichung des Videos zuständig gewesen ist. Im Zentrum der Ermittlungen steht eben der Abgeordnete Ingo Hahn aus dem Stimmkreis Fürstenfeldbruck Ost, heute Fachpolitiker für Umwelt, Wissenschaft und Klima. Der heutige Fraktionschef Ulrich Singer teilte am Donnerstag mit, die Aktion zeige, "wie weit die Staatsregierung geht, um unliebsame Kritiker einzuschüchtern". Er monierte, dass "rechtswidrig auch die Räume der durch Immunität geschützten Landtagsabgeordneten betreten" worden seien. Das Amtsgericht sieht in seinem Beschluss freilich ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an Aufklärung und geordneter Rechtspflege. "Gegen die Beschlagnahme wurde Widerspruch eingelegt, über den das Amtsgericht München zu entscheiden hat", teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstagnachmittag mit.

Der Fall des offenkundig manipulierten Videos hatte schon kurz nach seiner Veröffentlichung Wellen im Landtag geschlagen. FW-Politikerin Gabi Schmidt hatte vor einer Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ums Wort gebeten und auf den verkürzten sowie inhaltlich entfremdet zusammengeschnittenen Beitrag hingewiesen: "Das ist einfach bloß ekelhaft", hatte sie dazu gesagt und breite Zustimmung im Plenum erhalten. Selbst Söder zollte Schmidt Respekt, und Landtags-Präsidentin Ilse Aigner hatte damals versichert, dass sich der Landtag noch mit der Angelegenheit befassen werde.

Florian Streibl, FW-Fraktionschef, hatte der AfD damals vorgeworfen, sie betreibe einen "Missbrauch des Parlaments als Ort der freien Rede", solche "verzerrenden Beiträge der AfD sind auch kein Ausreißer". Gabi Schmidt war auf AfD-Facebook-Kanälen, auf denen Hahns Video damals lief, von kommentierenden Nutzern zudem teils derb und sexistisch beleidigt worden.

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