Fußball:In der Hitze der Vorstadt

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Derbystimmung: Die gezündete Pyrotechnik im Löwen-Block beeindruckte die Polizei weniger als ein Fan-Banner, das vor einem Notausgang aufgehängt wurde. (Foto: Sven Leifer/IMAGO/foto2press)

Beim Lokalderby zwischen Haching und Sechzig hat die Polizei zunächst alle Hände voll zu tun. Letztlich geht am Sonntag im mit 14 200 Fans ausverkauften Stadion aber alles gut aus - besonders für die Spielvereinigung und ihre Anhänger, die einen Sieg zu feiern haben.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Es war schon kurz vor elf, da standen und saßen immer noch Unterhachinger Fußballfans im Biergarten vor dem Stadion und feierten den 2:0-Sieg ihrer Spielvereinigung. Vereinzelt waren auch Löwen-Anhänger zu entdecken, die ihren Frust herunterspülten. Und aus der Hachinger Spielerkabine dröhnte der Abba-Song "Money, Money, Money", der im Kontext wirkte, als würde Hachings Präsident Manfred Schwabl besungen, den alle nur Manni nennen.

Dabei wurde der sportlich erfolgreiche Fußballabend in der dritten Liga von unschönen Zwischenfällen überschattet. So konnte die Begegnung zwischen der Spielvereinigung Unterhaching und dem TSV 1860 München vor 14 200 Zuschauern im ausverkauften Sportparkstadion erst mit Verzögerung angepfiffen werden. Grund war ein riesiges Banner, das die Löwen-Fans auf der Nordtribüne aufgehängt hatten und das offensichtlich ein Fluchttor blockierte.

Löwen-Präsident Robert Reisinger eilte hinunter an den Zaun, auch andere Klubvertreter diskutierten mit den Anhängern der Gästemannschaft. Zunächst deutete sich keine Lösung an. Hachings Präsident Schwabl berichtete später sogar davon, dass die Fans der Sechziger für den Fall, dass das Plakat von der Polizei gewaltsam entfernt worden wäre, damit gedroht hätten, den Platz zu stürmen.

In der Zwischenzeit lief eine Hundertschaft Uniformierter in der Kurve auf, alle mit Helm und Vollverschalung. Irgendwann aber ging es doch los, obwohl das XXL-Poster immer noch am Löwen-Fanblock hing. "Die Sicherheitskräfte haben sich mit den Fans geeinigt, das Banner etwas höher zu ziehen, womit der Notausgang wieder frei war", erklärt am Montag Tobias Schenk von der Pressestelle des Polizeipräsidiums München. Zudem seien Ordner mit Schneidewerkzeugen ausgerüstet worden, um die Fahne im Fall einer Gefahr abzuschneiden.

Was den drohenden Platzsturm angeht, sagt der Polizeisprecher: "Es gab tatsächlich Hinweise darauf, weil die Fans Schaumstoff oben auf dem Sperrzaun angebracht hatten. Doch der wurde nach einer Stadiondurchsage wieder entfernt und der Aufmarsch unserer Polizeikräfte hatte auch deeskalierende Wirkung."

Gemeinsame Freude: Hachings Kapitän Markus Schwabl bedankt sich bei Fans. (Foto: Sven Leifer/IMAGO/foto2press)

Der bekennende Sechziger-Fan Christoph Nadler, der nebenbei auch Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag ist, konnte die Strategie der Einsatzkräfte dagegen nicht nachvollziehen: "Das Banner hing doch schon ewig da, das kann man doch eine Stunde vor dem Spiel regeln und darf nicht bis fünf Minuten vor Anpfiff damit warten." Im Gegensatz zur Darstellung des Polizeipräsidiums habe er angesichts der Polizisten in voller Montur befürchtet, dass es zu einer Konfrontation kommen könnte.

"Wir greifen nur ein, wenn eine Gefährdung vorliegt", sagt die Polizei

Letztlich blieb aber alles im Rahmen, selbst die im zweiten Durchgang gezündeten Feuerwerkskörper im Löwen-Block ließen die Polizisten kalt. "Da greifen wir nur ein, wenn eine Gefährdung vorliegt, das war aber nicht der Fall", so Pressesprecher Schenk, der auch darüber hinaus eine positive Bilanz zog: "Von einem Fan wurden wegen Beamtenbeleidigung die Personalien aufgenommen, ein anderer hat vergeblich versucht, eine Polizeisperre zu durchbrechen. Ansonsten war alles friedlich."

Auch das befürchtete Parkplatzchaos blieb aus, eine Dreiviertelstunde nach Spielende war der Verkehr abgeflossen, was vielleicht auch daran lag, dass viele Zuschauer per Fahrrad angereist waren, etwa eine Gruppe von 300 Sechzigern, die im Korso von Giesing nach Haching radelten.

2:0 nach 90 Minuten: Der zweite Sieg im zweiten Saison-Derby versetzt die Hachinger Fans in Verzückung. (Foto: IMAGO/Sven Leifer/IMAGO/foto2press)

Dass es dazu auch noch sportlich perfekt für die Gastgeber lief, die vor der Pause durch Manuel Stiefler in Führung gingen und in der zweiten Halbzeit durch Patrick Hobsch auf 2:0 erhöhten, versetzte den rot-blauen Anhang in Verzückung. Bei vielen Fans war eine gehörige Portion Genugtuung zu spüren. Erst am Wochenende war ein offenbar internes Papier öffentlich geworden, in dem der Vorstand der Löwen die lokale Konkurrenz abwertete. Zu Haching fielen den Sechzigern die Schlagwörter "Aldi-Parkplatz", "Vorstadt", "Reihenhäuser" und "arm" ein.

Auch dieser Umgangston wurde während der Fan-Feiern nach dem Spiel rund ums Stadion noch einmal ordentlich aufgekocht, immerhin hat man mit dem zweiten Derbysieg innerhalb einer Saison die aktuelle sportliche Hierarchie der beiden Fußballklubs zementiert. Der harte Kern der Hachinger - inklusive Klubführung und einigen Spielern - ließ es am Sonntagabend daher krachen. "Bis die Vögel zwitscherten", wie einer versichert, der dabei war.

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