Adventskalender für gute Werke:Arm in einem reichen Land

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Der Malteser-Essensdienst in Gräfelfing liefert Hunderte Essen am Tag aus. Patenschaften ermöglichen Bedürftigen eine warme Mahlzeit. (Foto: Catherina Hess)

Eine warme Mahlzeit, eine Wohnung, ein Ausflug: Das SZ-Hilfswerk hat in diesem Jahr kranke und alte Menschen, Obdachlose und Geflüchtete auf vielfältige Weise unterstützt. Auch der aktuelle Spendenaufruf gilt Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind.

Von Bernhard Lohr, Landkreis München

925 Euro kommen im Monat an Rente aufs Konto. 595 Euro kostet allein die Wohnung. Dazu kommen noch andere Fixkosten. Fürs Leben bleiben Erna T. (Name von der Redaktion geändert) keine zehn Euro am Tag. Mittlerweile hat die 91-jährige, schwer kranke Rentnerin, die gerade wieder in der Klinik war, aber immerhin täglich ein warmes Essen auf dem Tisch. Der Malteser Hilfsdienst in Gräfelfing liefert die Mahlzeiten, die Kosten von etwa 3000 Euro im Jahr werden über eine Patenschaft abgedeckt. Der Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung hat im zu Ende gehenden Jahr die Einrichtung im Würmtal, die Bedürftige im gesamten Landkreis und auch in der Stadt München versorgt, mit Spenden ihrer Leserinnen und Leser unterstützt und sogenannte Mahlzeitpatenschaften finanziert.

Es ist ein Projekt von vielen, die mit Mitteln des SZ-Adventskalenders Menschen in Not helfen. Jeder an das Hilfswerk gespendete Euro wird weitergegeben, die Verwaltungskosten trägt der Süddeutsche Verlag.

(Foto: SZ)

Allein in diesem Jahr wurden Menschen in der Region München mit 10,8 Millionen Euro unterstützt, 26 329 Leserinnen und Leser der SZ machten die große Summe mit ihrem Einsatz möglich - im 75. Jahr seit Gründung des Adventskalenders. Zum Jahreswechsel 1948/49 wurde das Hilfswerk gegründet, um kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Kleiderspenden für Obdachlose, Flüchtlinge und Hungernde zu organisieren. Seitdem steht der SZ-Adventskalender für gute Werke zuverlässig an der Seite der Schwachen.

Vor dem Hintergrund großer Krisen in der Welt steigt die Not auch im reichen Landkreis München. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat wie überall die Energiepreise explodieren lassen, die Inflation ist gestiegen. Gerade im teuren Münchner Umland mit seinen hohen Lebenshaltungskosten hat diese Entwicklung schon im vorigen Winter viele Menschen hart getroffen. Bei ihrer Adventskalender-Kampagne vor einem Jahr unterstützte die SZ daher die wichtige Arbeit von Stefan Wallner und seinem Team der Wohnungsnotfallhilfe der Arbeiterwohlfahrt, die Menschen hilft, die wegen steigender Kosten im Landkreis München ihr Dach über dem Kopf zu verlieren drohen. Auch Klienten der Caritas-Schuldnerberatung, die 30 Prozent mehr Betroffene als im Jahr zuvor verzeichnete, wurden finanziell unterstützt. Ebenso Geflüchtete, die vor Verfolgung, Armut und Krieg ihre Heimat verlassen mussten, mit nichts im Landkreis ankamen und vom Helferkreis Asyl in Kirchheim betreut werden.

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Ein großer Wunsch der Geflüchteten, der an den SZ-Adventskalender herangetragen wurde, war schlicht ein gemeinsamer Busausflug - Spenden der Leser machten ihn möglich. Ebenso eine Dampferfahrt für Bewohner eines Heims der Lebenshilfe in Putzbrunn; die Menschen mit geistiger Behinderung wollten nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie einfach mal wieder raus. 48 Kinder eines Flüchtlingsheims in Höhenkirchen-Siegertsbrunn erhielten dank Spendengeldern einen Ferienpass der Stadt München und konnten in Ottobrunn einen Schwimmkurs machen. Bewohnerinnen und Bewohner des Caritas-Pflegeheims St. Gisela in Gräfelfing wurde über das SZ-Hilfswerk ein Ausflug ins Café und ein Besuch beim Friseur ermöglicht.

Und armen, kranken Senioren wie Erna T. konnte zu Hause geholfen werden. Katrin Dietze, die den Menüservice der Malteser im Würmtal leitet, freut sich über mittlerweile 250 Patenschaften. Damit können 20 Essen mehr pro Tag an Bedürftige ausgegeben werden. Weil die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und höhere Personalkosten die Malteser zwingen, diese "in gewissem Grad" weiterzugeben, würden die Mahlzeitpatenschaften immer wichtiger, sagt Dietze. Immer mehr alte Menschen könnten sich das warme Mittagessen selbst nicht mehr leisten.

In diesem Jahr geht es um Menschen, die durch Inflation und hohe Energiepreise in Existenznot sind

Die Not betrifft nach Erfahrung der örtlichen Sozialdienste vor allem ältere Frauen, die in ihrem Leben wegen der Betreuung und Versorgung ihrer Familien beruflich zurückgesteckt haben und jetzt mit einer niedrigen Rente auskommen müssen. Der Fall Erna T. sei beispielhaft. Die 91-Jährige leide unter multiplen Erkrankungen, könne kaum noch 30 Meter am Stück laufen und sei auf die Essenslieferung bis an die Tür angewiesen. Leider seien viele alte Leute, auch wenn sie Familie hätten, auf sich allein gestellt, sagt Katrin Dietz. Viele ernährten sich nicht mehr richtig, hätten nicht mehr die Kraft, Einkaufen zu gehen und sich an den Herd zu stellen.

Der Malteser-Menüdienst liefert aber nicht nur das Essen aus, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter achten bei der Gelegenheit auch darauf, wie es den meist kranken Senioren geht und ob sie weitere Hilfe benötigen, und sie geben ihre Einschätzung dann an die Sozialstation weiter. Diese organisiert bei Bedarf einen Besuchs- oder Begleitdienst. Oder auch mehr, wie etwa eine häusliche Pflege.

Auch in diesem Jahr bittet die SZ ihre Leserinnen und Leser wieder um Spenden für Bedürftige in und um München. Heuer sollen die Zuwendungen besonders Menschen gelten, die aufgrund von Krankheit, Schicksalsschlägen oder durch Inflation und hohe Energiepreise in Existenznöte geraten sind. Das Hilfswerk Adventskalender unterstützt mit den Spendengeldern gezielt Familien und Alleinstehende.

So können Sie spenden

Überweisungen sind auf folgendes Konto möglich: "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V.", Stadtsparkasse München, IBAN: DE86 7015 0000 0000 6007 00, BIC: SSKMDEMM

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