Pullach:Eltern lassen falschen Lehrer auffliegen

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Im Zwielicht: ein Klassenzimmer in der Pater-Rupert-Mayer-Grundschule des Erzbischöflichen Ordinariats, die sich von einem Hochstapler hereinlegen ließ. (Foto: Florian Peljak)

Der 23-Jährige hatte sich die Aushilfsstelle in der Pater-Rupert-Mayer-Grundschule mit gefälschten Zeugnissen erschlichen.

Von Michael Morosow, Pullach

Vier Wochen lang stand Tobias K. als Lehrer vor der dritten Klasse an der Pater-Rupert-Mayer-Grundschule in Pullach und gab "für einen Quereinsteiger soliden Unterricht", wie sein Arbeitgeber, das Erzbischöfliche Ordinariat, mitteilt. Am Montag ist der 23-Jährige von Beamten der Grünwalder Polizei zur Vernehmung von der Schule abgeholt worden. Der junge Mann ist, so viel steht fest, ein Hochstapler, keinesfalls ein studierter Grundschullehrer. Seine Anstellung hat er sich mit gefälschten Zertifikaten erschlichen.

Der junge Mann würde aber wohl heute noch die Buben und Mädchen unterrichten, wenn nicht Eltern Verdacht geschöpft hätten ob seiner Prahlerei mit hervorragenden Referenzen, unter anderem einem Studium an der Harvard-Universität. Tobias K. hat tatsächlich nur einen Realschulabschluss. Gegen ihn wird nun wegen Urkundenfälschung ermittelt. Er sei geständig, teilt die Münchner Polizei mit.

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Tobias K. wollte wohl unbedingt als Lehrer unterrichten und hatte sich vor seiner Anstellung in Pullach bereits an einer Schule in Berg (Landkreis Starnberg) beworben, wo er aber nicht zum Zuge kam. Im zweiten Versuch aber klappte es: Zum 1. April wurde er an der Pater-Rupert-Mayer-Grundschule als Aushilfslehrer eingestellt, vorläufig befristet bis zum 31. Juli. Auf die Schliche gekommen sind Tobias K. die Eltern der Drittklässler, für die das junge Lebensalter des angeblichen Lehrers sehr wohl im Widerspruch stand zu seinem Lebenslauf und seinen vorgezeigten Uni-Abschlüssen. "Er hatte wohl dick aufgetragen", sagt ein Polizeisprecher dazu. So dick, dass die Eltern misstrauisch wurden und Nachforschungen anstellten.

Dem Ordinariat war nichts aufgefallen, erst Eltern kamen dem Hochstapler auf die Schliche

Der falsche Lehrer sei erst bei einer Elternversammlung auffällig geworden, als er unter anderem mit einem Harvard-Abschluss geprahlt habe, sagte am Mittwoch Ursula Hinterberger, Sprecherin des Erzbischöflichen Ordinariats, zur SZ. Daraufhin sei im Einvernehmen zwischen Schulleitung und Erzbischöflichem Ordinariat der Beschluss gefasst worden, seine Einstellungsunterlagen genauer zu prüfen.

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Der Jugendliche hat das Geld in einer verlorenen Aktentasche gefunden und Schulfreunde eingeweiht. Die Hälfte hatten sie bereits ausgegeben, als ihre Eltern ihnen auf die Schliche kamen.

Die dazu vorgelegten Unterlagen stammten von englischen Hochschulen, "schienen aber unauffällig und standen auch nicht im Widerspruch zu seinem Alter", erklärt die Sprecherin, die einer Darstellung der Bild-Zeitung widerspricht, wonach die Schulleiterin auf die Hinweise von Eltern nicht reagiert habe. Sie habe im Gegenteil die von den Eltern vorgelegten Verdachtsmomente umgehend an das Erzbischöfliche Ordinariat München weitergegeben. Einer Elternvertreterin sei per E-Mail bestätigt worden, dass die Vorwürfe sehr ernst genommen und geprüft würden.

Anhand öffentlich zugänglicher Quellen im Internet hatten Eltern herausgefunden , dass Tobias K. weder zwei Universitäten im Ausland besucht hatte, wie er ihnen weismachen wollte, noch hierzulande irgend ein Studium absolviert hatte. Mit diesem Wissen sei eine Mutter bei der Grünwalder Polizeiinspektion vorstellig geworden, die unmittelbar darauf mit ihren Ermittlungen begonnen habe, berichtet ein Münchner Polizeisprecher.

Nachdem am Montag die Polizei an ihrer Schule erschienen war und Tobias K. den Betrug gestanden hatte, schrieb die Schulleiterin an die Eltern, dass der Unterricht in der betroffenen Klasse vertreten werde. Offene Fragen seien in Abklärung. Sobald es Fakten und Antworten gebe, würden die Eltern informiert. "Wir schauen bei Einstellungen jetzt noch genauer hin und unterziehen die vorgelegten Unterlagen einer noch eingehenderen Prüfung", erklärte das Erzbischöfliche Ordinariat am Mittwoch.

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