Ottobrunn:Eine "Vollblutgastronomin" fürs Wolf-Ferrari-Haus

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"Ich mache alles im Leben ganz oder gar nicht", sagt Paula Maria Reisek, die neben dem "Wirtshaus Gröbenzell" nun auch das "Wirtshaus Ottobrunn" führt. Betriebsleiter ist hier Marc Lienhard. (Foto: Sebastian Gabriel/)

Paula Maria Reisek übernimmt die Gaststätte im Ottobrunner Kulturzentrum. Sie führt bereits das Wirtshaus Gröbenzell und will schaffen, woran ihre Vorgänger binnen kurzer Zeit gescheitert sind: das rustikale Lokal als geselligen Treffpunkt in der Ortsmitte etablieren.

Von Stefan Galler, Ottobrunn

Wenn Paula Maria Reisek von den Plänen spricht, die sie mit dem "Wirtshaus Ottobrunn" am Rathausplatz hat, dann leuchten ihre Augen. Jede Menge Ideen hat die 38 Jahre alte Gastronomin, angefangen von einer neuen, freundlicheren Beleuchtung und musikalischer Untermalung in der rustikalen Wirtschaft im Kulturzentrum Wolf-Ferrari-Haus über eine Strand-Lounge mit Cocktailbar im Biergarten bis zu einer Tagesbar mit Kaffee, Backspezialitäten und Cocktails in der "Alm", dem kleineren Lokal, das dem Brunnen zugewandt ist. Reisek will das schaffen, woran nun schon mehrere Vorgänger gescheitert sind: Das erste Haus am Platz so etablieren, dass Ottobrunner, die Geselligkeit und gutes Essen schätzen, gar nicht daran vorbeikommen.

Die beiden unmittelbaren Vorgänger, die mit dem "Wilden Bock" anfangs erfolgreich waren, schafften es nicht, eine Ära zu prägen. Nach nicht einmal einem Jahr war im Oktober schon wieder Schluss. Bei der Ayinger Brauerei, die die gemeindlichen Räume weiterverpachtet, bedauert man das: "Anfangs war das echt bombig, da hatten die beiden Wirte tolle Zahlen", sagt Direktor Helmut Erdmann. Doch dann hätten sie die "ein oder andere falsche Entscheidung getroffen", die Nachfrage habe nachgelassen und sei dann im Urlaubsmonat August vollends eingebrochen. "Leider rutschten die beiden in Zahlungsschwierigkeiten und schließlich in die Insolvenz", sagt Erdmann, der bedauert, dass sich die Wirte nicht bei der Brauerei gemeldet hätten: "Sie haben uns ihre Schwierigkeiten erst mitgeteilt, als es schon zu spät war. Womöglich hätte die Brauerei noch eingreifen können, wenn wir gewusst hätten, was los ist", so Erdmann.

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Für die Ayinger Brauerei ist die neue Pächterin "ein richtiger Glücksfall", wie der Direktor sagt. Sie habe schon länger vorgehabt, neben ihrem florierenden "Wirtshaus Gröbenzell", das sie seit sieben Jahren führt, ein weiteres Restaurant zu übernehmen, erzählt die neue Wirtin. Rudolf Schall, Pächter des Landgasthofs Brunnthal, habe ihr erzählt, dass die Wirtschaft im Wolf-Ferrari-Haus frei wird. Und weil ihr Pachtvertrag in Gröbenzell nicht langfristig datiert ist und sie deshalb sowieso auf der Suche nach einem zweiten Standbein war, habe sie schnell zugesagt. "Mit der Brauerei lief alles total glatt, die Verantwortlichen unterstützen uns wirklich nach Kräften."

Das Kompliment gibt der Ayinger-Chef gerne zurück, die Begeisterung der Gastronomin sei geradezu ansteckend: "Sie ist wirklich Feuer und Flamme für diese Aufgabe", schwärmt Erdmann. "Und es ist ja auch eine deutliche Steigerung im Vergleich zu Gröbenzell." Schließlich sei das Haus in Ottobrunn wesentlich größer und an einer exponierten Position im Ortszentrum.

"Das sind echte Power-Frauen", sagt der Brauerei-Direktor über die Wirtin und eine Vertraute, die ihr den Rücken frei hält

Die Wirtin ist gelernte Restaurantfachfrau, arbeitete lange im Veranstaltungsbereich und übernahm dann 2017 in Gröbenzell ihr erstes Haus in Eigenverantwortung. Dadurch verfügt sie über ein umfangreiches Netzwerk, aus dem sie Helfer für das Wirtshaus Ottobrunn rekrutieren kann. So greift ihr eine enge Vertraute, die sich um die gesamte Bürokratie, Finanzen und Marketing kümmert, unter die Arme. "Das sind echte Power-Frauen", sagt Brauerei-Direktor Erdmann.

Betriebsleiter ist ein junger Mann: Marc Lienhard, 24, war zuvor im Michaeligarten in Ramersdorf und die vergangenen anderthalb Jahre auf großen Volksfesten wie dem Frühlingsfest, dem Gäubodenfest und der Wiesn unterwegs, teilweise in verantwortlicher Position. Da auch er jede Menge Leute kennt, die sich beruflich der Gastronomie verschrieben haben, sollte es personell im Gegensatz zum allgemeinen Trend kaum Probleme geben. In der Küche ist man bereits gut besetzt, Paula Reisek möchte hier "ein rotierendes System" mit dem Wirtshaus Gröbenzell betreiben.

Noch sind nicht alle Rahmenbedingungen klar, aktuell macht die Wirtschaft bis auf den Ruhetag Montag täglich um 17 Uhr auf. Mittelfristig ist eine Öffnung über Mittag angedacht, auch der Ruhetag könnte je nach Nachfrage irgendwann fallen. Was die Karte angeht, sollen vor allem die klassischen bayerischen Gerichte serviert werden, von Gulasch und Schweinsbraten über Schnitzel bis Käsespätzle. Im Biergarten will sie Steckerlfisch und Grillhendl anbieten. "Wir wollen die Karte immer mal verändern, auch saisonal", sagt Reisek.

Auch Fingerfood und Burger sollen ins Angebot aufgenommen werden, um die jüngere Generation anzusprechen, ebenso plant die Wirtin, dass es Cocktails geben soll. Sie setzt darauf, alle Generationen abzuholen, deshalb will sie den Sonntagsbrunch für Familien wieder einführen, der dann in einen Mittagstisch übergehen soll. Und die Kegelbahnen im Keller werden - sofern die Instandsetzung nach langjähriger Nichtbenutzung mit überschaubaren Mitteln möglich ist - wieder in Betrieb genommen und dann eventuell für geschlossene Gesellschaften vermietet.

"Ich mache alles im Leben ganz oder gar nicht", sagt Paula Reisek und bezeichnet sich selbst als "Vollblutgastronomin". Ob sie mit ihrer Begeisterung die Ottobrunnerinnen und Ottobrunner im Gegensatz zu ihren Vorgängern auch längerfristig mitzieht, wird sich zeigen.

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