Jahresrückblick:Sie haben 2023 geprägt

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Tugce Zinal und Martin Mörtl, Mitglieder der Gräfelfinger Feuerwaren, haben sich nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei auf den Weg in das Land gemacht, um Hilfe zu leisten. (Foto: Catherina Hess)

Helfer in der Not, Professoren, die polarisieren, ein Physiker auf dem Olymp seiner Disziplin - im Landkreis München gibt es viele Menschen, die anderen ein Vorbild sein können.

Von Iris Hilberth, Annette Jäger und Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Sie helfen in Katastrophen, sie führen Menschen und forschen für eine bessere Zukunft. In diesem von Krisen geprägten Jahr 2023 haben viele Menschen Notlagen hautnah miterlebt, sind auf andere zugegangen, haben den öffentlichen Diskurs belebt. Die SZ blickt auf fünf von ihnen aus dem Landkreis München, die anderen ein Vorbild sein können.

Die Helfer

Es ist eine blitzschnelle und mutige Entscheidung im Februar 2023: Tugce Zinal und Martin Mörtl, zwei junge Feuerwehrleute aus Gräfelfing, reisen auf eigene Faust in die Türkei, um nach dem verheerenden Erdbeben bei den Bergungsarbeiten zu helfen. Tugce Zinal hat selbst Angehörige bei der Katastrophe verloren, es ist ihr ein Bedürfnis, in die Türkei zu fliegen und zu helfen. Ihr Kamerad Martin Mörtl begleitet sie spontan. Kurz zuvor war ein offizieller Einsatz mit einem Teil der Mannschaft der Freiwilligen Feuerwehr Gräfelfing, den Zinal initiiert hatte, aus Sicherheitsgründen abgesagt worden.

Mit 150 Kilogramm Rettungsausrüstung im Gepäck, die die Gräfelfinger Feuerwehr zur Verfügung gestellt hat, reisen die beiden nur drei Tage nach dem Erdbeben in die stark betroffene Gegend Kahramanmaras. Dort werden sie von den türkischen Behörden eingewiesen, schließen sich einem schweizerischen Helferteam an und suchen mit einem Spürhund in den Trümmern nach Verschütteten. Zinal kann vor allem als Übersetzerin helfen. Die Hoffnung im Blick der Menschen, dass die Helfer Überlebende finden, wird Tugce Zinal nicht vergessen, sagt sie nach dem Einsatz. Am letzten Tag ihres Aufenthaltes schlägt der Hund an und es gelingt dem Team, drei Menschen zu retten.

Die Präsidentin

Die diplomierte Ingenieurin Eva-Maria Kern ist neue Präsidentin der Universität der Bundeswehr in Neubiberg - als zweite Frau in diesem Amt nach ihrer Vorgängerin Merith Niehuss. (Foto: Catherina Hess)

Für die Universität der Bundeswehr ist 2023 nicht nur ein Jubiläumsjahr, sie feiert ihr 50-jähriges Bestehen auch mit einer neuen Chefin. Im Januar übernimmt Eva-Maria Kern die Leitung der Uni von Merith Niehuss, die nach 17 Jahren als Präsidentin in den Ruhestand geht. Dass mit der 52-jährigen Österreicherin nun weiterhin eine Frau an der Spitze der Hochschule in Neubiberg steht, ist mit Blick auf andere Universitäten in Deutschland eher ungewöhnlich. Kern ist bei ihrem Amtsantritt vor einem Jahr allerdings keine Unbekannte an der Bildungseinrichtung im Landkreis München. Die gebürtige Salzburgerin lehrt dort bereits seit 2007 als Professorin für Wissensmanagement und Geschäftsprozessgestaltung an der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Seit Anfang 2019 ist sie zudem Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs und nachhaltige Entwicklung. Als sie die Leitung der Bundeswehr-Uni übernimmt, betont sie, dass es ihr Ziel sei, die Universität in der wissenschaftlichen Welt und der Gesellschaft noch stärker sichtbar zu machen.

Carlo Masala, Professor an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg, ist ein streitbarer Welterklärer. (Foto: Claus Schunk)

Für viele ist die Universität der Bundeswehr in Neubiberg ein in sich geschlossener Kosmos, eine fremde Welt, der allzu oft und fälschlicherweise ein rein militärischer Charakter zugeschrieben wird. Doch die im Jahr 1973 gegründete Hochschule ist viel mehr. Und sie kann sogar Heimat sein - selbst für einen Zivilisten. Carlo Masala, Professor für internationale Politik, lehrt seit 2007 an der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften an der Bundeswehruniversität - und die neue Präsidentin der Uni wird nicht müde, auf das Renommee hinzuweisen, das Experten wie Masala der Einrichtung verleihen. Masala, der in Leipzig lebt, begegnet seinen Studierenden auf Augenhöhe, sucht das Gespräch und vor allem den Diskurs. Auf der Plattform X, vormals Twitter, agiert der Lehrende aber auch anders. Mehr als 160 000 Follower hat er mittlerweile und geht auf X nahezu keinem Streit aus dem Weg. Standhaft vertritt er dabei etwa seine klare Haltung zu Waffenlieferungen an die Ukraine, verurteilt den russischen Angriffskrieg, nimmt auch immer wieder eine klare Position zu den Themen Rassismus und Diskriminierung ein. Auch aus der Welt der Talkshows ist der Welterklärer Masala nicht mehr wegzudenken. Und diese Klarheit erleben auch immer wieder Menschen bei Veranstaltungen im Landkreis München, auch in seinem Kosmos in der Universität der Bundeswehr.

Der Preisträger

Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-Institut, erhält aus Händen von Schwedens König Carl Gustaf (rechts) in Stockholm den Nobelpreis für Physik. (Foto: Claudio Bresciani/dpa)

Wenn bei einem Wissenschaftler überraschend das Telefon klingelt und die Nummer des Anrufers unterdrückt ist, kann es durchaus sein, dass das Nobelpreis-Komitee dran ist. Das klingt zwar eher unwahrscheinlich und doch passiert das Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), im Oktober genau so. Gemeinsam mit dem Franzosen Pierre Agostini sowie der Französin Anne L'Huillier bekommt er den Nobelpreis für den Bereich Physik zugesprochen. Der gebürtige Ungar Krausz gilt als einer der Begründer der sogenannten Attosekundenphysik. (Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde.) Die LMU beschreibt diese Forschung in ihrer Mitteilung so: "Mithilfe dieser ultrakurzen Laserpulse lassen sich beispielsweise die Bewegungen einzelner Elektronen im Mikrokosmos verfolgen und so Erkenntnisse über ihr Verhalten in Atomen, Molekülen und Festkörpern gewinnen." Der Durchbruch dieser Forschung gelang dem heute 61-Jährigen 2001 in einem Kellerlabor in Wien.

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