Kreissparkasse:"Die Bargeldversorgung muss gewährleistet sein"

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Die Regel, nicht die Ausnahme: Wie hier in Neukeferloh bietet die Kreissparkasse ihren Kunden vielerorts nur noch Geldautomaten und keine persönliche Beratung. (Foto: Claus Schunk)

Interessenvertreter von Senioren und Behinderten kritisieren die Schließung weiterer Filialen, Landrat Göbel verteidigt den Schritt, mahnt aber ein Ende der Sparmaßnahmen an.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Die bevorstehende Schließung weiterer Filialen der Kreissparkasse München Ebersberg Starnberg sorgt erwartungsgemäß bei Betroffenen für Unmut. So soll etwa in Oberschleißheim die Filiale an der Haselsbergerstraße komplett dichtgemacht und in Unterföhring die letzte Filiale mit beratendem Personal an der Münchner Straße 70 in eine Geschäftsstelle mit Selbstbedienung (SB) umgewandelt werden. Gleiches gilt für die Kreissparkasse am Rathausplatz in Unterschleißheim, was Bürgermeister Christoph Böck (SPD) nach eigenen Worten "überrascht" zur Kenntnis nimmt. "Gerade für die ältere Bevölkerung rund um unsere Stadtmitte ist das schwierig", sagt er.

Seine Parteifreundin Johanna Hagn aus Ismaning, die der Arbeitsgemeinschaft 60plus der Sozialdemokraten angehört, spricht von einem "total schweren Einschnitt" im Leben der betroffenen Senioren und erzählt von einer Bekannten, die nach dem Tod ihres Mannes, der online alle Geldgeschäfte erledigt hatte, völlig hilflos gewesen sei. "Das ist eine furchtbare Situation, wenn man hier keine persönliche Beratung am eigenen Ort erhält." Den Sparkassen in den Gemeinden schreibt Hagn auch gesellschaftliche Aufgaben zu: Gerade in einer Zeit, in der Telefonbetrügereien überhandnähmen, seien Bankangestellte wichtig, die Senioren davor bewahrten, Opfer solcher Straftaten zu werden.

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Auch die Garchingerin Nicola Gerhardt, die für die CSU im Kreis-Sozialausschuss sitzt, fürchtet durch den Abbau von Sparkassen-Geschäftsstellen Auswirkungen auf das Leben älterer Leute, für die der Spaziergang zum Bankberater vielfach zum Leben gehöre. "Man kennt die Mitarbeiter seit Jahren, pflegt auch den sozialen Kontakt." Andererseits sei es verständlich, wenn die Kreissparkasse Kosten einspare. "Das Problem wird sich langfristig vermutlich erledigen, weil die nachfolgenden Generationen Online-Banking nutzen", so Gerhardt.

Schwerwiegende Folgen könnte die Schließung von Filialen vor allem für Menschen mit Behinderung haben, fürchtet Frauke Schwaiblmair, ehemalige Grünen-Kreisrätin aus Gräfelfing, die im Inklusionsbeirat des Bezirkstags sitzt und über 40 Jahre Erfahrung in der Behindertenarbeit hat. Sie fordert einen möglichst barrierefreien Zugang zu Online-Angeboten. "Zudem erwarte ich von einer Sparkasse, an der der Landkreis beteiligt ist und die damit auch der Daseinsvorsorge verpflichtet ist, dass sie sich überlegt, wie diese Situation für Menschen mit Einschränkungen erleichtert werden kann." Schwaiblmairs Vorschlag: "Wenn die Filialen aus Kommunen wegziehen, sollte die Sparkasse so etwas wie einen Besucherservice anbieten, also ihre Mitarbeiter zur Beratung zu nicht mobilen Kunden schicken." Sie wisse von privat geführten Banken, bei denen Angestellte der Kundschaft sogar Bargeld ins Haus brächten.

"Das ist jetzt ausgereizt", sagt der Landrat an die Adresse des Vorstands

Landrat Christoph Göbel (CSU), der dem Verwaltungsbeirat der Kreissparkasse angehört, ist darum bemüht, die Wogen zu glätten. "Die Aufregung ist oft zunächst groß, später geht sie dann auf praktisch null zurück", sagte Göbel am Dienstag zur SZ. Dass alte Leute noch zum Geld holen an den Schalter kommen, sei eher der Einzelfall. Nach wie vor lege der Verwaltungsrat großen Wert auf ein umspannendes Sparkassen-Netz, versichert der Landrat. "Die Bargeldversorgung muss gewährleistet sein, deshalb sollte zumindest ein SB-Automat pro Kommune existieren, das ist der notwendige Kompromiss." Einzige Ausnahme ist Brunnthal, wo die Kreissparkasse noch nie am Ort war.

Göbel hat Verständnis für den Sparkassenvorstand, der wegen ausbleibender Erträge in der jüngsten Niedrigzinsphase auch die Ausgabenseite im Blick haben müsse und daher am Personal in den Filialen spare. Doch er schickt auch ein klares Signal an die Sparkassenbosse: "Mit der Geschäftsstellenreform vor zwei Jahren und den aktuellen Beschlüssen ist das jetzt ausgereizt." Dass es künftig nur noch 17 Filialen mit Personal im Landkreis gibt, müsse man hinnehmen, so der Landrat. "Aber dann muss ich als Kunde in jeder dieser Filialen auch den vollen Service erwarten können."

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