Kreis und quer:Blick ins All und die Röhre

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Urbane U-Bahnen, Tram- und Stammstrecken, Raumfahrt - bei Verkehr und Mobilität sind dem Landkreis München langfristig keine Grenzen gesetzt. Es kann freilich sehr langfristig werden.

Kolumne von Udo Watter

Die russische Entscheidung, 2024 aus der Internationalen Raumstation ISS auszusteigen, bestätigt mal wieder ein Zitat, das Einstein zugeschrieben wird: "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Ja, der Weltraum, unendliche Weiten, wie es im Intro zu "Raumschiff Enterprise" heißt, auch vor ihm macht der neue Kalte Krieg nicht Halt. Der gemeinsame Blick von Kosmonauten und Astronauten auf unsren fragilen blauen Planeten, er passt nicht mehr ins destruktive und metaphysisch dumme Weltbild von Putin. Es soll nun eine eigene russische Raumfahrtstation gebaut werden, bei der eine militärische Nutzung nicht ausgeschlossen ist. All diese angekündigten Entwicklungen wären ein trauriger Rückschritt menschlicher Aktivitäten im All.

Dem gegenüber steht eine mögliche Verlängerung der U 5 nach Ottobrunn. Der Freistaat Bayern bekennt sich - wie ebenfalls in dieser Woche öffentlich wurde - nicht nur offiziell zum Ausbau des Luft- und Raumfahrt-Campus in Taufkirchen und Ottobrunn, sondern sagt auch Unterstützung bei der Verlängerung der Linie U 5 über Neuperlach hinaus zu. Unter dem Schlagwort "Bavaria One" soll ja am Technik- und Innovationspark (TIP) mit dem Ludwig-Bölkow-Campus der führende Luft- und Raumfahrtstandort in Deutschland entstehen, Bayerns Space Valley. Das All darf sich freuen.

Bei einer Realisierung würde der Landkreis München auch mobilitätsmäßig wieder ein Stück städtischer werden. Welches Verkehrsmittel wäre urbaner als eine Metro? Bisher führt nur eine Linie (U6) in den Norden - nach Garching, in die kleine Universitätsstadt. Stadt werden will jetzt auch Haar, also vor allem der Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) und eine Mehrheit der Gemeinderäte wollen das. Wer im Raum München den Osten wie seine Westentasche kennt, weiß, dass Haar im Vergleich zum benachbarten Stadtteil Trudering tatsächlich urbaner anmutet. Ob die Gemeinde, die mit dem Isar-Amper-Klinikum oder dem Kleinen Theater überregional bekannte Institutionen aufweisen kann, freilich echte Chancen auf Stadt-Status hat? Eine Verlängerung der Trambahn-Linie aus München bis Haar würde diese eventuell erhöhen - eine Tram ist ja ähnlich urban wie eine U-Bahn.

Der unverkennbare Sound der ein- und abfahrenden S-Bahn ist dagegen ein Geräusch, das trotz der Haltestellen im Untergrund der Innenstadt noch mehr für die Region charakteristisch ist. Beim Bau der zweiten Stammstrecke ist indes kein Licht am Ende des Tunnels, man guckt derzeit bedröppelt in die Röhre. Der S-Bahn-Gipfel am Mittwoch mit Bahnchef Richard Lutz und Markus Söder hat nicht nur Landrat Christoph Göbel ernüchtert, das Mega-Projekt scheint eine unendliche Geschichte zu werden. Ein anderer Termin in Bayern steht dafür vor der Tür und wird zum Glück auch eingehalten: der Beginn der unendlichen Sommerferien.

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