Kommunalpolitik:Ganz der Altbürgermeister

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Zwei Generationen, ein Ziel: Der ehemalige Bürgermeister Heinz Hilger (VfW, links) unterstützt Christian Zenner (Grüne), der bei der Wahl im Februar den Chefsessel im Rathaus erobern will. (Foto: Claus Schunk)

1990 wurde Heinz Hilger zu seiner eigenen Überraschung Rathauschef in Kirchheim. Heute unterstützt der Parteilose Christian Zenner von den Grünen. Der tritt zur Wahl im Februar mit einem ähnlich zurückhaltenden Programm an wie sein Vorbild - und hofft auf eine Wiederholung von dessen Coup.

Von Anna-Maria Salmen, Kirchheim

38 Jahre Altersunterschied liegen zwischen Heinz Hilger und Christian Zenner. Der eine war 24 Jahre lang für die Vereinigte freie Wählergemeinschaft (VfW) Bürgermeister in Kirchheim, der andere ist bei den Grünen und will es bei der Wahl Ende Februar werden. Bei seiner Entscheidung, für das Amt des Rathauschefs zu kandidieren, habe Hilger eine große Rolle gespielt, erzählt der 36-jährige Zenner. Zuletzt habe er sich vor rund eineinhalb Jahren mit dem ehemaligen Bürgermeister unterhalten. "Er hat mich damals persönlich bestärkt, mir das Amt zuzutrauen." Auch heute unterstützt Hilger den jungen Anwärter, der als gemeinsamer Kandidat der Grünen und der VfW gegen Stephan Keck (SPD) antritt.

Politische Differenzen, die man vielleicht zwischen einer freien Wählergruppierung und den Grünen erwartet, spielen im Verhältnis von Hilger und Zenner keine Rolle, im Gegenteil: Schon lange pflegt der ehemalige Bürgermeister eine Verbindung mit der Familie Zenner. Denn der Vater des heutigen Bürgermeisterkandidaten ist ein alter Verbündeter: In den Achtzigerjahren kämpfte er mit Hilger vereint gegen die damaligen Pläne zur Ortsentwicklung.

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Die sahen damals eine lang gezogene Fußgängerzone zwischen Kirchheim und Heimstetten vor, in der zahlreiche Läden untergebracht werden sollten. Hilger war überzeugt, dass dieses Konzept nicht funktionieren kann, ohne den bereits bestehenden Händlern im nahegelegenen Räter-Einkaufszentrum das Geschäft zu ruinieren. Der gelernte Stadtplaner setzte sich daher für einen Ortspark ein. "Andreas Zenner war als einziger immer auf meiner Seite", sagt Hilger.

Damals wurde ihre Idee noch als Luxus abgetan, und doch erreichten die beiden das Undenkbare: Bürgerentscheide gab es zwar noch nicht, doch die Bürgermeisterwahl sahen Hilger und Zenner als ähnlich gewichtiges Votum an. Und in der Tat setzte sich Hilger 1990 durch und wurde zum Rathauschef gewählt. Mehr als 30 Jahre später ist sein Traum vom großen Park zwischen den beiden Ortsteilen Wirklichkeit geworden. Die heute umgesetzte Planung des Ortsentwicklungskonzepts Kirchheim 2030 geht laut Hilger auf einen Entwurf zurück, den er selbst in seiner Amtszeit entwickelt hat.

Er habe eigentlich gar nicht das Ziel gehabt, Bürgermeister zu werden, und zuvor hätte ihm das kaum jemand zugetraut, sagt Hilger. "Ich habe selbst nicht damit gerechnet. Aber die Sache hat einen Lauf gekriegt." Ähnlich wünscht sich Christian Zenner das auch für den eigenen Wahlkampf. "Am Anfang rechnet man sich wenig Chancen aus." Doch mit der Zeit ist seine Zuversicht gewachsen, wie er sagt - auch wenn er einräumt, dass sein Konkurrent Keck als langjähriger Zweiter Bürgermeister tiefer in die gemeindlichen Angelegenheiten eingearbeitet ist. Zenner ist jedoch davon überzeugt, vollen Elan mitzubringen sowie den Drang, etwas bewirken zu wollen.

Diesen Gestaltungswunsch will der 36-Jährige allerdings nicht in weiteren Großprojekten umsetzen. Darin zeigt sich eine weitere Parallele zur Amtszeit Hilgers, wie beide sagen: Zenner will im Fall seiner Wahl "einen Gang zurückschalten". In den Achtzigerjahren, bevor Hilger zum Bürgermeister gewählt wurde, habe sich in der Gemeinde ähnlich wie heute vieles in kurzer Zeit entwickelt, Kirchheim sei stark gewachsen. Der VfW-Mann hingegen habe das Augenmerk mehr auf die kleinere Infrastruktur gelegt und zum Beispiel das baufällige Heimstettener Feuerwehrhaus saniert oder die Schulsozialarbeit eingerichtet.

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All das seien wichtige Maßnahmen, sagt Zenner, nur eben keine spektakulären wie das Anlegen eines Sees und der Bau eines neuen Rathauses. Im Ort höre man daher oft, unter Hilger sei nichts vorangegangen. Erst kürzlich habe ihn darauf wieder ein älterer Herr angesprochen, Zenner widersprach: Unter Hilger sei der Sportpark in Heimstetten sowie das Seniorenzentrum errichtet worden. Zenner hat selbst auch angekündigt, sich um die kleinen Dinge zu kümmern, die für das Zusammenleben wichtig seien. Zentral ist dabei für ihn unter anderem die Jugend, für die er wieder mehr Angebote etablieren möchte.

Den ein oder anderen Tipp hat Hilger für den jungen Anwärter: "Die Menschen kennenlernen, mit denen man zusammenarbeitet, zuhören und erklären." Das gelte auch im politischen Diskurs: Man müsse aufeinander zugehen, anstatt Beschlüsse durchzudrücken. Das sieht Zenner ähnlich. Momentan sei vieles verfahren in der Gemeindepolitik, man sei entweder für oder gegen etwas. "Es muss wieder mehr verhandelt werden, um Konsens zu finden." Wenn die Situation zu aufgeheizt sei, müsse man im Zweifelsfall Beschlüsse vertagen, bis die Gemüter sich wieder beruhigt hätten.

Diese Gelassenheit und Geduld spricht laut Hilger für Zenner. Der ehemalige Bürgermeister rechnet dem 36-Jährigen durchaus Chancen aus und freut sich über dessen Kandidatur: "Wir haben eine Demokratie, da ist sein Beitrag eine wichtige Leistung."

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