American Football:Auf der Suche nach einem neuen Quarterback

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Helm auf Helm: die Feldkirchen Lions (hellgrüne Trikots), hier noch in der Regionalliga in einem Spiel gegen die Munich Rangers. (Foto: Claus Schunk)

Als einziger Sportverein im Landkreis München hat der TSV Feldkirchen eine Football-Sparte. Die Mannschaft der Männer spielt in Bayern ganz vorne mit. Doch viele Jugendspieler haben ihre Helme an den Nagel gehängt - der Pandemie wegen.

Von Stefan Galler, Feldkirchen

Das Motto der Mannschaft passt zum Selbstverständnis der Spieler: "Kätzchen? Löwe", das ist der Slogan der American-Football-Abteilung des TSV Feldkirchen. "Lions" passt ja auch besser als Teambezeichnung für diese Disziplin als "Kittens", bekanntlich geht es beim Football trotz des hohen taktischen Anspruchs ziemlich handfest zu: Aufeinander krachende Helme, harte Tackles und kernige Blocks kennzeichnen den Sport, aber eben auch Dynamik, Wurf- und Fangtechniken und ausgeklügelte Laufwege. Dass auf dem Feld mittlerweile durch die verschärften Regeln ein bisschen weniger Aggressivität herrscht, senkt zwar das Verletzungsrisiko, kommt gerade bei den jungen Footballern aber gar nicht gut an: "Das stinkt sogar manchen", sagt Birgit Schwarzenbauer, Vize-Abteilungsleiterin und Sprachrohr der Feldkirchner Footballer.

Aber das ist natürlich nicht der Grund, warum der Klub derzeit mit Nachwuchssorgen kämpft. "Es liegt an Corona, das pfuscht uns extrem ins Handwerk", sagt die Funktionärin. "Unsere Jugend stand top da, dann kamen die Trainingsverbote und Einschränkungen." Diese hätten dazu geführt, dass die Heranwachsenden "keinen Kopf mehr für Sport" gehabt hätten und sie die wenigen Freiheiten anderweitig nutzten. Zuletzt kamen gerade mal noch fünf U19-Spieler regelmäßig zum Üben. Dem Fehlen von Jugendspielern versucht man am kommenden Wochenende entgegenzuwirken - mit einem Probe- und Schnuppertraining, das am Samstag zwischen 15 und 18 Uhr in der Feldkirchner Dreifachturnhalle an der Olympiastraße 1 stattfinden wird. Aber auch potenzielle Spieler für die Männermannschaft dürfen sich dort vorstellen. "Es sind alle herzlich willkommen, die Lust haben, den aktuellen Corona-Regeln entsprechen und gerne laufen, kriechen oder rangeln", sagt Schwarzenbauer.

Das Team der Feldkirchen Lions vor einem Spielbeginn. (Foto: Lions/oh)

Das American-Football-Angebot in und um München ist überschaubar: Der TSV ist der einzige Klub, der diese Sportart im Landkreis München anbietet. Schließlich sind die Voraussetzungen nicht ohne: Die Ausrüstung ist aufwendig und teuer, dazu kommen die ungewöhnlichen Platzmarkierungen mit den Yard-Linien. "Das ist bei einem normalen Rasen, wie wir ihn in Feldkirchen haben, natürlich blöd, weil man die Markierungen immer wieder wegmachen muss", so die Vize-Spartenleiterin. Diese sind nicht nur als Anhaltspunkt wichtig, wie viele Yards eine Mannschaft mit dem eiförmigen Ball noch zurücklegen muss, um einen neuen ersten Versuch zu erhalten, sondern auch elementar, was die Laufwege der Ballempfänger angeht: "Wie erkläre ich einem jungen Receiver, wo er hinlaufen muss? Das ist mit Hütchen nicht so leicht zu machen", so die Vize-Abteilungsleiterin.

Auf Kunstrasen könnten die Linien für Football und Fußball parallel gepinselt werden. Ein synthetisches Geläuf wäre noch aus einem anderen Grund ein Traum für die Lions: Sie könnten endlich das ganze Jahr über durchtrainieren. Aber derzeit sei keine Finanzierung dafür in Sicht. Man müsse wegen der von der Gemeinde gesperrten Außenplätze in der Halle trainieren. "Das ist nicht unser natürliches Jagdrevier", so Schwarzenbauer. In den Sommermonaten wird draußen dreimal die Woche geübt, im Winter muss man sich mit den anderen Hallensportarten koordinieren.

Die Lions waren schon dreimal bayerischer Meister

Die Verantwortung bei den Feldkirchner Footballern verteilt sich auf mehrere Schultern, Abteilungsleiter ist Alexander Eggersberger, der früher auch Liga-Obmann gewesen ist und sich aus beruflichen Gründen etwas zurückziehen musste. "Aber wenn er gebraucht wird, ist er immer mit Rat und Tat da", sagt seine Stellvertreterin Schwarzenbauer, die sich nicht nur um die Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch um Sponsorenbetreuung und Mitgliederverwaltung kümmert. Und gerade das letztgenannte Thema ist derzeit nicht unkompliziert: "Bei vielen unserer 120 Leute ruht die Mitgliedschaft derzeit wegen Corona."

Dabei haben die Lions gerade bei den Männern am wenigsten Personalprobleme: "Der Zulauf ist eine wahre Freude", sagt Schwarzenbauer. Die Trainer, Jürgen Geiger und Tobias Riemann, die früher bei den Munich Rangers tätig waren, haben vor allem viele Neueinsteiger, so genannte Rookies, in ihrem Team. Deshalb sei man auch gerade noch dabei, die endgültigen Positionen zu verteilen, wer also Quarterback wird, wer in der Offensive und wer in der Defensive seinen Platz findet. Und deshalb habe man auch nur für die unterste Spielklasse, die Aufbau-Liga gemeldet. Dabei waren die Lions schon einmal bayerischer Meister, 2009, als man im Finale die Franken Knights aus Rothenburg besiegte. Damals spielte die einzige Landkreis-Football-Mannschaft noch in Taufkirchen, doch dort wurde das Trainingsgelände verkauft, während der TSV Feldkirchen die Freunde des US-Sports mit offenen Armen empfing.

Ausbilder und Schützling: Lions-Coach Jürgen Geiger (rechts) mit dem früheren NFL-Profi Chris Ezeala, der einst in Feldkirchen mit dem Football spielen angefangen hatte und später bei den Baltimore Ravens landete. (Foto: Lions/oh)

Und so wechselte die Sparte mit Sack und Pack dorthin, angeführt von Kerstin Denk und Marius Rogerson, die schon seit damals für die jüngsten Footballer verantwortlich sind: das Flagfootball-Team der Acht- bis 16-Jährigen, darunter übrigens auch viele Mädchen. Gerade bei den jüngeren Jahrgängen sind die Lions bayernweit seit Jahren in der Spitze mit dabei. Die U13 war schon dreimal bayerischer Hallenmeister und triumphierte 2012 auf dem Feld, die U15 landete zuletzt 2019 im Freien auf Rang zwei.

Die geplante Super-Bowl-Party im Autokino muss wegen Corona ausfallen

Die Hoffnung, dass American Football in München schon bald noch populärer werden könnte, hat seit vergangener Woche zusätzliche Nahrung erhalten: In der kommenden Saison wird eine Partie der National Football League (NFL) in der Allianz Arena ausgetragen. "Das feiern wir sehr, es wird uns einen zusätzlichen Schub geben", sagt Birgit Schwarzenberger. Und wenn dann erst einmal Corona überwunden ist, soll auch der gesellschaftliche Aspekt wieder mehr Bedeutung bekommen.

Für die Nacht von Sonntag auf Montag war eine richtig große Super-Bowl-Party im Autokino Aschheim geplant, dort wollte man das Match der Los Angeles Rams gegen die Cincinnati Bengals live verfolgen - mit Burger, Popcorn und amerikanischem Bier. Doch die Veranstaltung musste abgesagt werden. Deshalb haben sich einzelne Gruppen der Feldkirchner Footballer privat verabredet, vor dem Fernseher ihr sportliches Highlight des Jahres zu verfolgen. Dass sie am Montag ein bisschen müde zur Arbeit kommen, ist unwahrscheinlich: Sie sind ja Lions, keine Kätzchen.

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