Super Bowl:Das Wir gewinnt

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Zum Siegen und zum Feiern gehören im Teamsport immer mehrere. (Foto: Mark J. Terrill/dpa)

Quarterback Matthew Stafford von den Los Angeles Rams ist der Beweis dafür, dass es für Erfolg im Sport ein Team braucht. Es ist jedoch fraglich, ob die ichbezogenen Amerikaner diese Botschaft verstehen werden.

Kommentar von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Eine der vielleicht größten Unarten des amerikanischen Fernsehens - und man möge bitte schön bedenken, dass es auch Reality-TV, Fox News und Donald Trump hervorgebracht hat - ist es, selbst Teamsportarten zu personalisieren, als käme es nur auf einen Akteur an. In einer Werbung für eine Basketball-Partie am Vorabend vom Super Bowl heißt es zum Beispiel: "LeBron James und seine Lakers spielen gegen Steph Curry und dessen Golden State Warriors." Bei Vorberichten auf das Football-Finale: "Kann Joe Burrow seine Bengals zum Sieg führen?" Und in Rückblenden wird Kobe Bryant, der früh verstorbene Basketballer der Los Angeles Lakers, noch immer für seine Egomanie gelobt, weil er wirklich glaubte, sein Team könne nur mit ihm gewinnen. Sein Credo lautete bekanntlich: "Es gibt kein 'I' in Team, sehr wohl aber in Win."

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Von Jürgen Schmieder

Ich, ich, ich - das ist das Mantra in US-Teamsportarten, doch es funktioniert auch andersherum: Wer als Einzelner mit seinem Team keinen Titel holt, der gilt als Unvollendeter; da kann er so gut gewesen sein, wie er will. Basketballspieler Charles Barkley: kein Titel, er wird bis heute dafür verspottet. Quarterback Dan Marino: kein Super-Bowl-Sieg. Eishockey-Torwart Henrik Lundqvist: kein Stanley-Cup-Triumph. Baseball-Legende Harmon Killebrew: kein World-Series-Erfolg.

Rams-Quarterback Stafford hat diesen Super Bowl nicht alleine gewonnen

Matthew Stafford hat zwölf Jahre lang bei den Detroit Lions gespielt. Er war dort, da waren sich alle so gut wie sicher, einer der besten Spielmacher der Liga - aber er gewann nicht nur keinen Titel, er schaffte es noch nicht einmal, eine Playoff-Partie zu gewinnen. Man könnte nun sagen: Okay, sind nun mal die Lions, die sind eben legendäre Verlierer; der einzige Verein, der seit Beginn der Super-Bowl-Ära existiert und noch nicht einmal den Super Bowl erreicht hat. Im US-Fernsehen aber hieß es irgendwann: Stafford und seine Lions sind Loser, vielleicht ist er gar nicht so gut, auf jeden Fall ist er überbezahlt. Das setzte sich in den Köpfen der Leute fest: Brady, siebenmaliger Super-Bowl-Sieger, ist ein Gewinner; Stafford ist ein Verlierer.

Was Stafford trotzdem nie tat: sich über Detroit oder die Lions zu beschweren. In der Sommerpause bat er um einen Wechsel, vorsichtig und mit der Begründung, dass er in seiner Karriere gerne mal wenigstens die Chance hätte, einen Titel zu gewinnen. Er kam nach L.A., und als es auch wegen Zugängen während der Saison kurz mal nicht lief, hieß es sofort: Stafford und seine Rams, die gewinnen nichts. Klar, muss an ihm liegen, diesem legendären Loser.

Stafford hat diesen Super Bowl nicht alleine gewonnen. Er spielte gut (drei Touchdown-Pässe, aber auch zwei Interceptions), der wertvollste Spieler war aber Passempfänger Cooper Kupp (zwei Touchdowns, insgesamt 99 Yards Raumgewinn), die prägenden Aktionen am Schluss setzte Verteidiger Aaron Donald. Die wichtigste Botschaft deshalb: Stafford ist Super-Bowl-Champion als Teil eines richtig guten Teams in einem Mannschaftssport. Es ist nur fraglich, ob sie das ähnlich sehen im amerikanischen Fernsehen, und ob sie den Kindern in diesem Land die Botschaft vermitteln, dass man nun mal nur gemeinsam mit anderen gewinnen kann.

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