Kiesabbau im Münchner Westen:Bloß kein voreiliger Jubel

Lesezeit: 3 min

Vorerst gestoppt ist der Kiesabbau im Douglaswäldchen in Planegg. (Foto: Stephan Rumpf)

Weil mit der Eilentscheidung zugunsten des Douglaswäldchens in Planegg noch kein endgültiges Urteil gefallen ist, reagieren Naturschützer zurückhaltend. Doch die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs deutet erstmals auf einen Richtungswechsel hin.

Von Rainer Rutz, Planegg

Wie geht es weiter mit dem Douglaswäldchen im Westen Münchens? Diese Frage stellt sich, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in einem Eilverfahren einer Beschwerde des Bundes Naturschutz (BN) gegen einen Bescheid des Landratsamts München stattgegeben hat. Die Behörde hatte dem Planegger Kiesunternehmen Glück genehmigt, das Wäldchen im Osten der Kompostieranlage am Firmengelände zu roden, um dort Kies abzubauen. Dass der Bund Naturschutz mit seinem Eilantrag vor dem Verwaltungsgerichtshof Erfolg hatte, sagt noch nichts darüber aus, ob der Wald endgültig gerettet ist. Eine Entscheidung in der Hauptsache steht nämlich noch aus.

Der Kampf um das 2,1 Hektar große Wäldchen währt bereits seit Jahrzehnten. Das Unternehmen Glück konnte sich auf eine späte Genehmigung des Landratsamts München aus dem Jahr 2022 stützen, nachdem dieselbe Behörde 1996 den Antrag des Kies-Multis auf Auskiesung an dieser Stelle noch abgelehnt hatte. Die jetzige Entscheidung des obersten Gerichts ist also in erster Linie als eine Niederlage des Landratsamts München zu werten.

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Aufhorchen lässt vor allem die Begründung des Gerichts für die aktuelle Entscheidung: Erstmals wird von der seit Jahrzehnten gängigen Praxis Abstand genommen, Teile von Bannwäldern - die eigentlich unter Naturschutz stehen - für den Kiesabbau freizugeben, wenn gleichzeitig eine Wiederaufforstung gleichen Ausmaßes in naher Umgebung vertraglich garantiert wird. Entsprechend deutlich liest sich auch die Begründung des Gerichts: So lägen "keine gesetzlichen Voraussetzungen" für eine sogenannte Auskiesung des Bannwäldchens vor. Es sei nicht ausreichend belegt, dass gleichwertige Ersatzflächen zur Verfügung stünden.

Noch wichtiger erscheint allerdings das Argument des Gerichts, die Genehmigung durch das Landratsamt sei "ermessensfehlerhaft" - ein schwerwiegender juristischer Tadel: Man habe "den Willen des Gesetzgebers, Bannwäldern den höchst möglichen Schutz zukommen zu lassen, nicht ausreichend berücksichtigt". Es sei "nicht überzeugend" zu argumentieren, es handele sich nur "um ein kleines Stück des Bannwaldes". Der Wald könnte sonst "einer Salamitaktik" zum Opfer fallen, schreibt das Gericht in seiner Urteilsbegründung, immer kleinere Teile abzubauen, bis nichts mehr übrig ist.

Bei den Naturschützern zeigt man sich nach der VGH-Entscheidung vorsichtig optimistisch. In einer gemeinsamen Stellungnahme von Herbert Stepp vom Grünzug Netzwerk Würmtal, Malvina Andrass vom Bund Naturschutz und Volker Oppermann von Greenpeace München heißt es: Hervorzuheben sei vor allem, dass das Gericht "mit der unseligen Praxis aufräumt, Bannwaldrodungen automatisch zu genehmigen, falls flächengleich Ersatz geschaffen" werde. Die Entscheidung betrifft nach Ansicht der drei Naturschutzorganisationen auch andere Abbaugebiete Glücks im Würmtal, zum Beispiel den Lochhamer Schlag, der bekanntermaßen "auch ein Bannwald" sei.

Die Firma Glück spricht von einem "Schlag für unser Unternehmen"

Man sei "sehr zuversichtlich", so die Unterzeichner der gemeinsamen Erklärung, dass die Entscheidung in der Hauptverhandlung ähnlich ausfallen werde. Immerhin habe das Oberste Verwaltungsgericht einen Erfolg der Klage als wahrscheinlich bewertet und deshalb dem Eilantrag der Naturschützer stattgegeben. Wann die Hauptverhandlung sein wird, ist noch offen. In der Vergangenheit gab es mehrfach Fälle, in denen Verwaltungsgerichte Entscheidungen der Politik zum Kiesabbau im Münchner Südwesten zunächst abgeblockt haben. "Nachbesserungen" - meist in Form von Garantien durch die Kiesunternehmer, sukzessive und zeitnah Ersatzwälder zu schaffen - haben am Ende allerdings oft doch zu Genehmigungen geführt.

Glück-Geschäftsführer Markus Wahl will, wie er der SZ sagte, nun erst einmal seine Anwälte konsultieren. Er hat nach eigenen Worten kein Verständnis für die Argumente des Gerichts und spricht von einer "Hexenjagd": "Wo soll der Kies denn herkommen?", fragt Wahl. "Jeder profitiert davon. 95 Prozent der Würmtaler finden das auch. Es wird mit Lügen und Polemik gearbeitet und mit hanebüchenen Argumenten." Das vorläufige Urteil bewertet er als "Schlag für unser Unternehmen".

Planeggs Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) verteidigte am Freitag auf dem Weg in den Urlaub die Entscheidung des Gemeinderats, der die Genehmigung des Landratsamts mitgetragen hatte. Nafziger verweist darauf, "dass die Genehmigung ja uralt war. Sie wurde nur wieder aktiviert". Im Douglaswäldchen stehe zudem "keine einzige Douglasie, das ist ein ganz dünner Wald". Dieser sei "nicht klimaresistent". Mit dem Verbot einer Abholzung und Auskiesung werde "eine Chance vertan", so der Bürgermeister."Diese Art von Umweltschutz halte ich nicht für richtig."

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