Kommunikation von Veranstaltungsfolgen:Ja, eine Schau wie die IAA wird den Königsplatz beschädigen

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Nach der IAA sind nicht nur die Gemüter aufgewühlt, sondern buchstäblich der Boden. (Foto: N/A)

Die Münchner Stadtspitze könnte sich viel Ärger ersparen, wenn sie die Folgen von Großveranstaltungen wie der Automobilmesse vorher ehrlicher benennen würde. Und auch, zu welchem Preis sie bereit ist, diese zu akzeptieren.

Kommentar von Lea Kramer

Sie sei keine PS-Boliden-Show mehr - "das ist nicht nur ein Werbeclaim" -, hatte Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) im März in einer Sitzung des Bezirksausschusses Maxvorstadt vollmundig betont, als er mit Vertretern der Messe-München und dem Verband der Automobilindustrie (VDA) das neue Konzept der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) anpries. Der Plan, die Autoschau als glanzvolle Mobilitätsmesse der Zukunft neu zu erfinden ist angesichts des Aufruhrs, den die Veranstaltung in München hinterlassen hat, kläglich gescheitert.

Aufgewühlt sind dabei nicht nur die Gemüter, sondern buchstäblich der Boden. Das kann jeder sehen, der dieser Tage über den Königsplatz geht. Tiefe Furchen, Erdhügel und überall zerstörter Rasen: Wer das als "sorgsamen Umgang" mit dem denkmalgeschützten Ensemble empfindet, den Wirtschaftsreferent Baumgartner im Frühjahr noch als "Selbstverständlichkeit" bezeichnet und versprochen hatte, der verfügt über eine hohe Schmerztoleranz.

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Es ist enttäuschend, dass genau das eingetreten ist, wovor Lokalpolitiker, Kulturschaffende und Umweltaktivisten und -aktivistinnen monatelang gewarnt haben. Weder war der Königsplatz während der IAA "sehr durchlässig". Im Gegenteil, Radfahrenden war die Durchfahrt sogar verboten, und teils wurden auch Fußgänger vom Sicherheitspersonal des Platzes verwiesen. Noch war der Bereich vor den Museen als "Sperrfläche" zu erkennen, zu sehen waren sie selbst kaum mehr. So thronten vor der gerade erst für 17 Millionen Euro sanierten Glyptothek - immerhin Münchens ältestes öffentliches Museum - in luftiger Höhe zwei in Aluminium gegossene Automobil-Sphingen.

Alle durch die Automesse entstandenen Einschränkungen, seien sie im öffentlichen Nahverkehr, auf den Erholungsflächen der Innenstadtviertel oder für die Kulturschaffenden, kann eine Stadtgesellschaft in Kauf nehmen. Aber muss sie das auch? Angesichts der emotional geführten Debatten rund um die Verkehrswende und welche Rolle der öffentliche Raum im Leben der Menschen künftig spielen soll, ist Erwartungsmanagement dringend angezeigt. Ausrichter von Großveranstaltungen sowie die Verantwortlichen in der Stadtspitze könnten sich viel Ärger und Enttäuschung ersparen, würden sie ehrlicher kommunizieren: Ja, eine Schau wie die IAA wird den Königsplatz beschädigen. Wir sind bereit, das hinzunehmen, weil Veranstalter wie der VDA gutes Geld für die Nutzung der öffentlichen Flächen zahlen. Ab wie vielen Tausendertrennzeichen diese Bereitschaft in den städtischen Gremien steigt, wäre sicherlich eine weitere erhellende Erkenntnis.

© SZ vom 23.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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