Jagd:Rund um München sind immer mehr Wilderer unterwegs

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Heimliche Schüsse: Immer häufiger rufen Jäger im Münchner Umland die Polizei, um Anzeigen gegen Wilderer zu erstatten. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)
  • Seit ein bis zwei Jahren nimmt die Zahl der Wilderer in den Landkreisen rund die Landeshauptstadt zu.
  • Der bayerische Jagdverband (BJV) vermutet den Grund in der zuletzt gestiegenen Nachfrage nach Wildbret.
  • Bis jetzt konnte die Polizei noch keinen Fall aufklären.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Jürgen Hörmann fand das Wildschwein am Montag vor einer Woche, mitten in seinem Jagdrevier. Der Körper des Keilers lag auf der Wiese, daneben eine Blutlache. Der Kopf war abgetrennt, ein unschöner Anblick, auch für einen wie Hörmann, der in 16 Jahren im Ebersberger Forst auf Rehe und Wildschweine schießt. Die Polizei und der Jäger gehen davon aus, dass der Keiler Opfer jenes Schützen wurde, der schon im Sommer zwei Wildschweine tot im Wald liegen ließ und einem den Kopf abschnitt. Im Ebersberger Forst ist ein Wilderer unterwegs, einer, der nicht auf Fleisch aus ist.

In Bayern gibt es Wilderer, seit es Jäger gibt. In der Schlierseer Gegend kennt jedes Kind die Legenden vom Georg Jennerwein, dem Wildschütz, der sich gegen die Obrigkeit auflehnte und hoch droben Gämse schoss. In Büchern und Filmen steht der Wilderer oft als Held da, der auf Gesetze pfeift und sich sein Recht mit der Büchse holt. Die meisten Geschichten sind aus den bayerischen und schwäbischen Bergregionen überliefert; umso ungewöhnlicher ist es, dass sich Wilderei nun auch in den Landkreisen um München etabliert.

Wilderer in Ebersberg
:"Wir müssen ihn kriegen"

Im Ebersberger Forst ist seit Sommer ein Wilderer unterwegs, der Wildschweine köpft. Den bisher letzten Fall hat Jäger Jürgen Hörmann Anfang November entdeckt. Im Interview spricht er über seinen Fund und mögliche Motive.

Interview von Korbinian Eisenberger

Ebersberg ist längst nicht der einzige Landkreis, in dem Jäger immer häufiger die Polizei rufen und Anzeige wegen Wilderei erstatten. Auch in Starnberg, Fürstenfeldbruck, Erding und Freising teilen die jeweiligen Jagdverbände auf Nachfrage mit, dass sich die Fälle seit Kurzem häufen. "Seit ein bis zwei Jahren hört man spät nachts oft Schüsse, wenn wir Jäger nicht mehr draußen sind", sagt Thomas Schreder, Sprecher des bayerischen Jagdverbands (BJV) und Vorsitzender der BJV-Kreisgruppe Erding. Wilderer habe es zwar immer gegeben, aber nicht in dieser Häufigkeit. Schreder kann sich das nur dadurch erklären, dass die Nachfrage für Wildbret zuletzt stark gestiegen ist, es gilt als besonders gesund und schmackhaft.

In Freising ging es im Frühjahr 2014 los, als ein Mann Schlagzeilen machte, der mit einer Armbrust im Wald unterwegs war und von einer Wildkamera überrascht wurde. Seitdem hat Walter Bott vom Freisinger Jagdverband immer wieder Anrufe von Jägern bekommen, heuer ging es um einen angeschossenen Rehbock und einen Hirschen. Besonders viele Fälle gab es in Starnberg, dort ermittelte die Polizei gegen einen Metzger und einen Wildhändler, allerdings ohne Erfolg. "Es ist unmöglich, mehrere Tausend Hektar Revier mit all den Wegen Tag und Nacht zu kontrollieren", sagt Hartwig Görtler vom Starnberger Jagdverband. Die Polizei sei bemüht, "wenn wir draußen sind und die Leute Schüsse hören, rufen mich die Beamten mittlerweile auf dem Hochsitz an", sagt er. In Ebersberg ermittelt die Polizei derzeit in vier Fällen. Jäger Hörmann und die örtlichen Förster sondieren, ob sich Nachtpatrouillen und versteckte Kameras lohnen könnten. Aufgeklärt werde so gut wie kein Fall, teilt Andreas Ruepp mit, als Polizist und Mitglied im BJV-Präsidium eine Art Schnittstelle.

Der Ebersberger Fall ist eher untypisch, Jäger und Förster gehen davon aus, dass es sich um einen Trophäensammler handelt, der es auf die Kiefernzähne der männlichen Wildschweine abgesehen hat. "Deswegen hat er bei der Sau den Kopf drangelassen", sagt Hörmann. Heldenhaft ist wildern höchstens in Romanen, in der Realität ist es eine Straftat - auch wenn das Motiv der meisten Flachland-Wilderer weniger die Trophäe ist, als günstiges Wildfleisch. Viele würden nicht auffallen, weil sie keine Spuren hinterlassen, sagt BJV-Sprecher Schreder, der eine hohe Dunkelziffer vermutet. Weil Wilderer anders als Jäger erst nach Ende der Dämmerung mit Nachtsichtgerät, Kleinkalibergewehr und leiser Munition zu Werke gehen, steige aber auch die Chance, dass ein Tier einen Treffer überlebt, wegläuft und elendig zugrunde geht.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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