Im Sommer meldete die Polizei das erste Mal nach 15 Jahren Vorfälle von Wilderei im Ebersberger Forst, innerhalb weniger Wochen entdeckten Jäger ein totes Reh und zwei Wildschweine. Am Montag vor einer Woche gab es nun wieder eine Entdeckung, diesmal im Revier von Jürgen Hörmann, einem der beiden Berufsjäger im Ebersberger Forst. Der 55-Jährige war gerade auf seiner täglichen Patrouille unterwegs, als sich ihm ein scheußliches Bild bot, kurz darauf rief er die Polizei an.
SZ: Herr Hörmann, auf die Gefahr hin, dass es unappetitlich wird - warum waren Sie gleich so sicher, dass hier ein Wilderer am Werk gewesen sein musste?
Jürgen Hörmann: Die Dämmerung hatte gerade begonnen, da sah ich von Weitem eine Sau regungslos auf einer Waldwiese liegen, mitten in meinem Revier. Ich bin hingegangen, es gibt ja viele natürlich Gründe warum eine Sau stirbt, ein Kampf mit einer stärkeren Sau zum Beispiel. Diese Sau hatte aber keinen Kopf mehr und daneben war eine große Blutlache. Den Kopf musste jemand mit einem Werkzeug abgetrennt haben, das geht bei einem Wildschwein im Grunde nur, wenn man es vorher tötet.
Gab es eine Schusswunde?
Wir haben keine gefunden, deswegen vermute ich, dass der Wilderer die Sau mit einem Kopfschuss erlegt hat. Nachweisen lässt sich das ohne den Kopf natürlich nicht. Für die Polizei macht es das besonders schwierig, ein Projektil der Patrone haben wir nämlich auch nicht.
Nur einer wusste Bescheid: Jäger Jürgen Hörmann.
(Foto: oh)Es ist nicht zum ersten Mal vorgekommen, dass jemand im Ebersberger Forst eine Wildsau enthauptet. In der Polizeimeldung vom Juni war von einem ähnlichen Muster die Rede. Handelt es sich um einen Serientäter mit einer Vorliebe für Wildschweinschädel?
Davon muss man ausgehen. Der Wilderer hat es auf Keiler, also männliche Wildschweine, abgesehen. Ich vermute, dass er sich für ihre Kieferzähne interessiert.
So wie die Elefantenjäger, denen es um den Reibach mit dem Elfenbein geht?
Nicht ganz, Wildschweinzähne sind auf dem Markt kaum etwas wert. Der Liebhaber hängt sich so etwa eher als Trophäe in die Stube.
Wir sprechen die ganze Zeit über von einem einzigen Wilderer. Die Polizei meldete aber noch zwei weitere Fälle, wo der Kopf dranblieb - ein Reh und noch ein Wildschwein. Wie passt das alles zusammen?
Bei dem Reh könnte es sich auch um einen anderen Täter handeln. Bei dem dritten Wildschwein eher nicht, das war ein weibliches Wildschwein, Bachen haben keine sonderlich langen Hauer. Ich gehe davon aus, dass der Wilderer sich da vertan hat.
Im Ebersberger Forst werden jedes Jahr 600 Wildschweine geschossen. Sind da zwei, drei mehr oder weniger nicht egal?
Es geht nicht nur darum, dass jemand in meinem Revier eine Sau schießt. Wenn ich glauben würde, dass man alle Fälle mitbekommt, in denen gewildert wird, wäre das naiv. Meistens hat der Jäger keine Chance, weil die Leute ihre Beute mitnehmen und so gut wie keine Spuren hinterlassen - immerhin: sie verwenden das Fleisch zumindest. Hier geht es jetzt aber nicht um Nahrung, da macht sich jemand einen Sport draus, deswegen müssen wir ihn kriegen.
Wie erkennt man denn einen Wilderer?
Der Wilderer zeigt sich prinzipiell nicht gerne, und wenn man glaubt, einen zu sehen, sollte man sich nicht zu erkennen geben, allein schon wegen der Waffe. Wenn man aber zwei Stunden nach Sonnenuntergang Schüsse im Forst hört, sollte einen das misstrauisch machen. Wir Jäger sind dann nämlich nicht mehr draußen.
In der ganzen Region um München häufen sich Fälle von Wilderei seit zwei Jahren, die Aufklärungsrate der Polizei geht allerdings gegen null. Wie wollen Sie die denn erwischen?
Wilderer sind ja meistens spät nachts unterwegs, wenn die Dämmerung vorbei ist und wir Jäger längst vom Jägerstand unten sind. Vorstellbar wäre, dass ich und meine Kollegen im Finstern zu unregelmäßigen Zeiten Kontrollfahrten machen oder dass Kameras aufgestellt werden.
Was kann man denn machen, damit man im Forst legal Wildsäue schießen darf?
Man braucht einen Jagdschein und muss sich bei uns bewerben. Prinzipiell kann so jeder Jäger im Forst eine Sau schießen.