Reaktionen auf IQB-Bildungsstudie:"Jede Schule muss nun analysieren: Wo stehen die Kinder?"

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88 Grundschulen und zwölf Förderschulen in Bayern nahmen im Frühjahr und Sommer 2021 beim IQB-Bildungstrend teil. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Alle paar Jahre vermessen die Kultusminister die Kompetenzen der Grundschüler in Deutschland - und auch Bayerns Viertklässler haben sich diesmal verschlechtert. Das Münchner Schulamt hat Ideen, was sich ändern sollte.

Von Kathrin Aldenhoff

Erschreckend seien die Ergebnisse des Bildungsberichts, sagt Martin Schmid, Vorsitzender des Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverbands (MLLV). Er habe aber damit gerechnet: "Wir haben sehr lange gebraucht, um in Pandemiezeiten Wissen digital zu transportieren." Nun gehe es darum zu reagieren, und da sei man hinten dran. "Denn was brauchen wir jetzt am meisten?", fragt Schmid, und gibt die Antwort selbst: "Ausgebildete Lehrkräfte. Und die haben wir nicht."

Der IQB-Bildungstrend 2021 ist erschienen und auch wenn Bayern zu den Ländern gehört, die am wenigsten schlecht abschneiden, ist klar, dass etwas passieren muss. Denn auch Bayerns Viertklässler haben sich in allen Kategorien verschlechtert: im Lesen, Zuhören, in Orthografie und Mathematik. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (FW) spricht von Hausaufgaben, welche die Studie den Kultusministern bundesweit aufgebe. "Wir müssen gemeinsam darauf hinwirken, dass die Kompetenzwerte wieder steigen."

Die Studie untersuchte die Kompetenzen der Viertklässler in Deutsch und Mathematik, sie wurde nach 2011 und 2016 zum dritten Mal durchgeführt. In Bayern beteiligten sich im vergangenen Frühjahr und Sommer Kinder von 88 Grundschulen und zwölf Förderschulen. Beim Lesen und bei der Rechtschreibung landen Bayerns Viertklässler bundesweit auf Platz eins, im Zuhören und bei der Mathematik auf Platz zwei - also trotz der Verschlechterung über dem Schnitt.

Lieber Projekte zur Nachhaltigkeit - oder auf Rechnen und Lesen konzentrieren?

Die Ergebnisse passten mit dem zusammen, was sie an den Schulen erlebe, sagt Bettina Betz, Leiterin des Staatlichen Schulamtes München. "Ein bisschen besorgniserregend ist es schon." Dass die Kompetenzen der Viertklässler sinken, liege an Corona, aber auch daran, dass in München seit 2015 viele Kinder ohne deutsche Sprachkenntnisse an die Schulen gekommen seien. "Jede Schule muss nun analysieren: Wo stehen die Kinder? Wo gibt es Nachholbedarf?" Sie stellt die Frage, ob die Gesellschaft nicht zu vielfältige Erwartungen an die Grundschulen habe. "Braucht es das hundertste Projekt zur Nachhaltigkeit oder konzentrieren wir uns auf die Vermittlung der Grundkompetenzen Lesen und Rechnen?"

Wie geht es nun also weiter? Das Kultusministerium verweist auf bereits bestehende Förderprogramme, wie "Gemeinsam Brücken bauen", das Leseförderprogramm Filby und das Mathematik-Programm Sinus. "Das Bemühen um Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsqualität ist ein längerfristiger Prozess, der Zeit und Kontinuität benötigt", teilte eine Sprecherin des Kultusministeriums mit. Um dem Lehrkräftemangel zu begegnen, der in der Studie als eine bundesweite Herausforderung genannt wird, setze Bayern zahlreiche Maßnahmen um. Zum Beispiel wurden die Ausbildungskapazitäten im Bereich der Förderschule ausgeweitet, der Numerus clausus für das Grundschullehramt abgeschafft.

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Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft begrüßt das "sehr gute Abschneiden" der bayerischen Grundschüler, sieht aber mit Blick auf das bundesweit abnehmende Bildungsniveau weiteren Verbesserungsbedarf. Die Grundschule lege den Grundstein für den späteren Karriereweg und die Fachkräftesicherung der bayerischen Betriebe, sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Benachteiligte Kinder müssten noch stärker gefördert werden, um der gewachsenen Bildungsungleichheit zu begegnen.

Um in Zukunft mehr Lehrkräfte zu gewinnen, fordert MLLV-Chef Martin Schmid eine modernisierte Lehrerausbildung mit einer Art Grundstudium für alle angehenden Lehrer. Ein vereinheitlichtes Studium wäre, so Schmid, eine konsequente Folge daraus, dass die Lehrkräfte aller Schulen bald das gleiche Einstiegsgehalt bekommen.

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