Der Trend, Bibliotheken als offenen, einladenden Aufenthaltsraum für alle zu gestalten, fasste zuerst vor allem in Skandinavien Fuß. Inzwischen ist er auch hierzulande angekommen. Die Münchner Stadtbibliothek etwa ist mit ihren neuen Zweigstellen in der Isarphilharmonie und dem Motorama in der Rosenheimer Straße auf den Trend aufgesprungen. Jetzt zieht die Kinderbibliothek der Internationalen Jugendbibliothek in der Blutenburg in Pasing-Obermenzing nach: Studenten der TU München und der FH Rosenheim haben für die Umgestaltung Entwürfe eingereicht, die im September im Hof der Blutenburg vorgestellt werden. Die besten Ideen werden anschließend ausgewählt und zu einem schlüssigen Gesamtkonzept verarbeitet. Dann soll das Ganze möglichst bald umgesetzt werden.
Es geht darum, das Konzept der "offenen Bibliothek" kindgerecht umzusetzen. Vor dem Eintauchen in die Ideen der Studenten lohnt es sich, in das Konzept etwas tiefer einzusteigen. Es wurzelt in einer sehr einleuchtenden gesellschaftspolitischen Überlegung: Bibliotheken als zentrale Orte der Wissensvermittlung sollten allen offenstehen und einladend gestaltet sein, sodass ihr Angebot von einem möglichst breiten Publikum wahrgenommen wird. Teils auch unter dem Schlagwort "Bibliothek als Dritter Ort" wird die Bibliothek nach dem Zuhause und dem Arbeitsplatz (oder vielmehr der Schule beziehungsweise dem Kindergarten) als dritter wichtiger Aufenthaltsort im täglichen Leben propagiert. Als Ort des Austauschs und der gemeinsamen Bildung für jeden in der Gesellschaft soll die Bibliothek ein sozialer Knotenpunkt sein, der den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
So viel zur Theorie - man könnte aber auch einfach vom Konzept des "Zweiten Zuhauses" sprechen, denn umgesetzt heißt das vor allem: Es sollte einigermaßen gemütlich sein, sich in einer Bibliothek aufzuhalten. Einen Ort, an dem man gerne verweilt, wollen die eingereichten Entwürfe in der Kinderbibliothek der Blutenburg vor allem durch kreative Möbel und eine bessere Beleuchtung schaffen. Alle Entwürfe setzen auf eine aufwendigere Beleuchtung als bisher. Die Bücherregale sollen starkes direktes Licht erhalten. Um auch den jüngsten Altersstufen gerecht zu werden, taucht außerdem die Idee einer "zweiten Beleuchtungsebene" auf: So würden die Regale nicht nur von oben Licht erhalten, sondern auch die unteren Regalhälften direkt angeleuchtet werden.
Integriert ins Regal ist eine Höhle
Die Ideen zur Schaffung von mehr Spiel- und Leseplatz sind vielfältig. Einen Schwerpunkt legen viele Entwürfe auf einfallsreiche Regalmöbel, die viel mehr als nur Stauraum bieten sollen. Ein bereits probeweise in der Bibliothek aufgestelltes Regal etwa verbindet durch eine Holztreppe die erste mit einer zweiten Regalfläche. Auf der Holztreppe zwischen den beiden Bücherwänden können die Kinder auch die höchsten Regalreihen erreichen und es sich auf den breiten Stufen gleich mit einem Buch gemütlich machen. Gemütlich wird es auch in der Höhle aus Holz, die in ein Eck des Regals integriert ist. Praktisch nebenbei ist durch die zweite Regalwand zusätzlicher Stauraum geschaffen. Andere Entwürfe setzen im Raum verteilte Holzwürfel ein, um Stau- und Sitzplatz zu vereinbaren - so entsteht gleich noch die Atmosphäre einer Art Leselandschaft.
Einige Studenten spielen mit der Raumaufteilung: Durch eine Sortierung der Bücher nach Altersgruppen sollen Kinder mit Altersgenossen zusammenkommen, sodass sie sich (erfahrungsgemäß schneller) kennenlernen und gemeinsam spielen. Ein Entwurf sieht die Abtrennung eines "Kinder-Reiches" vor, also eines Raums , der nur durch Türen in "Kinderhöhe" zugänglich ist: Klingt mehr nach Abenteuerspielplatz als nach Bibliothek. Ähnlich spannend ist die Idee, eine erhöhte Galerie in der Mitte des Raumes als Spielfläche einzurichten - mit Feuerwehrstange zum Herunterrutschen.
Schließlich sehen einige Pläne die Auslegung von Teppichen auf dem aktuell nicht sehr einladenden, kalten Steinboden vor, um mehr Spiel-Raum zu schaffen. Auf dem dann weich belegten Boden des Erkers der Bibliothek soll nach einem Entwurf dann noch eine Kuschelecke entstehen. Nach einem Ort, an dem man gerne verweilt, hört sich das auf jeden Fall an.