Nachverdichtung in München:Knapp 3000 neue Wohnungen am Stadtrand

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So soll die Siedlung am Dreilingsweg einmal aussehen. Doch beim Verkehrsfluss zum neuen Quartier gibt es noch einige Unklarheiten. (Foto: MLA +, Berlin mit Lohrengel Landschaft, Berlin)

Es kann gebaut werden: Der Planungsausschuss gibt grünes Licht für zwei Neubaugebiete am Stadtrand. Es gibt aber auch Kritik - weil erneut die Ziele des Grünflächen-Bürgerbegehrens nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Von Ulrike Steinbacher

Am nördlichen und westlichen Stadtrand sollen insgesamt knapp 3000 neue Wohnungen entstehen. Der Planungsausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit entschieden, Baurecht für die beiden Projekte am Dreilingsweg und in der Siedlung Ludwigsfeld zu schaffen. Grundlage sind die Siegerentwürfe der Architektenwettbewerbe, die jetzt auch mit Blick auf die Ziele des Bürgerbegehrens "Grünflächen erhalten" ausgearbeitet werden sollen.

In der Siedlung Ludwigsfeld sind bis zu 2000 Wohnungen geplant. Im bestehenden, fast quadratischen Wohngebiet aus zwei Bauphasen leben 1500 bis 1600 Menschen, die Nachverdichtung schafft Wohnraum für 4500 bis 5000 Zuzügler und wird daher von Anwohnern und Lokalpolitikern als zu massiv kritisiert. Die Flächen - knapp 32 Hektar - sind größtenteils in Privateigentum, die Investoren sind Privatpersonen aus dem Umfeld der Patrizia Immobilien AG, die Büschl Unternehmensgruppe und die PG Granatstraße 12 GmbH.

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Nach dem Entwurf von Palais Mai Architekten aus München und Grabner Huber Lipp Landschaftsarchitekten aus Freising soll ein "Ringpark" die Klammer zwischen Bestand und Neubauviertel bilden, in den die letzte erhaltene Baracke des ehemaligen KZ-Außenlagers als Erinnerungsort samt Geschichtspfad integriert wird. Nördlich davon soll eine sechszügige Grundschule mit Sportflächen entstehen.

Die im Durchschnitt fünfgeschossigen Wohngebäude mit zwei Hochpunkten werden um unregelmäßig geformte Höfe gruppiert, Geschäfte und Lokale an einer Straße zwischen Quartiersplatz und Straßenbahnhaltestelle angeordnet. Während die Tram den Ringpark im Süden durchqueren und damit aus der alten und der neuen Siedlung gut erreichbar sein soll, wird der Autoverkehr am Rand des neuen Quartiers entlanggeführt.

Die allgemeinen Grünflächen in dem Gebiet summieren sich laut Planungsreferat auf 6,2 Hektar. Nach den Zielen des Bürgerbegehrens, das der Stadtrat Anfang März mit grün-schwarzer Mehrheit übernommen hat, dürften sie nicht bebaut werden. Der Entwurf überplant aber einen Teil davon, speziell an der Karlsfelder Straße und im Süden der bestehenden Siedlung.

Dem stellt das Planungsreferat gegenüber, dass knapp sechs Hektar Grünflächen neu geschaffen und die Biotope am Schwabenbächl, entlang der Karlsfelder Straße und südlich der Baracke erhalten werden. Überdies böten die neuen Gebäude Schallschutz zur Autobahn, der MAN-Teststrecke und der Karlsfelder Straße.

"Der zwölfte Fall", in dem das Grünflächen-Begehren nicht berücksichtigt wurde

In der Diskussion wiederholten die Stadträte ihre Argumente für und gegen die Nachverdichtung, die sie bereits beim Eckdatenbeschluss vor einem Jahr vorgetragen hatten. Brigitte Wolf (Die Linke) und Dirk Höpner (München-Liste) lehnten Höhe und Dichte der Bebauung ab, Höpner forderte einen zusätzlichen Alternativvorschlag im Einklang mit Bürgerbegehren und Hochhausstudie.

Jörg Hoffmann (FDP) dagegen fand, München könne es sich nicht leisten, "solche Flächen zu verschenken", Alexander Reissl (CSU) verwies darauf, dass sich Einzelhandel, Schulstandorte und Nahverkehrsangebote erst ab einer bestimmten Einwohnerzahl lohnten. Anna Hanusch (Grüne) führte den Wohnungsbedarf der Stadt an, Simone Burger (SPD) sprach von einem Entwurf, der mit seiner hohen Dichte zwar ungewöhnlich sei, aber an diese Stelle passe.

Am Dreilingsweg, wo Obermenzing an Langwied grenzt, war der Wohnbereich - etwa die Hälfte des 14 Hektar großen Planungsgebiets - Thema eines Architektenwettbewerbs. Der Siegerentwurf der Berliner Büros MLA+ und Lohrengel Landschaft bringt die etwa 950 großteils geförderten oder preisgedämpften Wohnungen in oft L-förmigen Baukörpern unter, die offene Höfe bilden. Nordwestlich davon sind zusätzlich ein sechszügiges Gymnasium und ein kleiner Park geplant. Bauherrinnen sind die Stadt und die Bayerische Hausbau.

Die Kritik der Anwohner konzentriert sich auf das Thema Verkehr. Sie befürchten, dass die Autos der neuen Nachbarn ihre Straßen verstopfen könnten, weil das geplante Quartier autoarm gestaltet werden soll und über den zentralen Platz möglicherweise nur der Bus fahren darf. Jetzt wird auf einen einstimmigen Antrag des Bezirksausschusses Pasing-Obermenzing hin, den die CSU aufgriff, zusätzlich eine durchgehende Straße aus dem Quartier nach Norden geprüft. Deren Entlastungseffekt schätzte Paul Bickelbacher (Grüne) allerdings als gering ein.

Bickelbacher sieht in dem Bauprojekt eine Chance, viele Wohnungen und das dringend benötigte Gymnasium zu errichten. Dessen Standort auf einer allgemeinen Grünfläche, sagte Christian Müller (SPD), sei sinnvoll und "nicht mehr diskutabel". Dirk Höpner, der sich erneut für das Grünflächen-Bürgerbegehren stark machte, scheiterte mit dem Antrag auf eine Alternativplanung, die die Grünflächen freihält. Dies sei "leider der zwölfte Fall", in dem die Ziele des Bürgerbegehrens nicht ausreichend berücksichtigt würden, kritisierte er.

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