Mobilitätswende in Freising:Bürgervotum zum Radverkehr kommt

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Radfahrer haben es in Freising nicht immer leicht. (Foto: Johannes Simon)

Der Freisinger Stadtrat erklärt das Bürgerbegehren für zulässig, die Abstimmung soll am 20. Februar stattfinden - sofern er die Forderungen der Initiatoren nicht doch noch übernimmt.

Von Peter Becker, Freising

Das Bürgerbegehren "Radentscheid" ist zulässig. Das hat der Freisinger Stadtrat in einer Sondersitzung am Montagabend mehrheitlich gegen die Stimme von Robert Weller (FW) beschlossen. Ein Termin für einen möglichen Bürgerentscheid steht bereits fest. Die Freisingerinnen und Freisinger könnten am Sonntag, 20. Februar, über die Umsetzung des Radentscheids abstimmen. Möglich wäre aber ebenso, dass sich Stadtverwaltung und die Initiatoren in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Verwirklichung der Forderungen einigen. Und der Stadtrat könnte noch ein Ratsbegehren anstrengen.

Hanna Sammüller-Gradl, Leiterin des Referats für Bürgerdienste und Rechtsangelegenheiten, sagte, dass das Aktionsbündnis die Anzahl der nötigen Unterschriften erreicht habe. 3551 von 35 334 wahlberechtigten Personen hatten den Forderungen der Initiatoren zugestimmt. Eigentlich müsste der Bürgerentscheid binnen dreier Monate nach Feststellung der Zulässigkeit über die Bühne gehen. Das wäre spätestens am 9. Januar 2022 der Fall.

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Weil dies der letzte Tag der Weihnachtsferien ist, habe man sich mit dem Aktionsbündnis auf den 20. Februar geeinigt, sagte Sammüller-Gradl. In Ferien werde nicht über einen Bürgerentscheid abgestimmt. Emilia Kirner aus dem Initiatoren-Kreis des Bürgerbegehrens bezifferte die Kosten des Entscheids auf etwa 10 000 Euro für das Porto.

Das Aktionsbündnis begründet seine Forderungen damit, dass die Stadt zu wenig für die Sicherheit und die Förderung des Radverkehrs unternehme. Um diesen Mangel zu beheben, haben die Initiatorinnen und Initiatoren fünf Ziele formuliert. Demnach sollten an viel befahrenen Straßen oder an solchen mit einer zulässigen Geschwindigkeit von über 30 Stundenkilometer in beide Fahrtrichtungen Radwege mit einer Breite von 2,30 Meter entstehen. Die Stadt müsse ein lückenloses Radvorrangnetz in allen Stadtteilen schaffen. Grundlage dafür solle der Inhalt des Freisinger Mobilitätskonzepts für den Radverkehr sein.

Breite Radwege und Sicherheitsabstände bei zugleich schmalen Straßen

Kreuzungen, Einmündungen und Einfahrten sollten so gestaltet werden, dass stets freie Sicht auf die Radfahrerinnen und Radfahrer gegeben sei und Kraftfahrzeuge nur langsam abbiegen könnten. Im Dialog mit dem Landkreis sollten Radschnellwege für den Pendlerverkehr geschaffen werden. In jedem Fall müssten mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in allen Freisinger Stadtteilen entstehen.

Reinhard Fiedler (FSM) sagte, dass vieles aus dem Radbegehren schon in den Planungen der Stadt enthalten sei. Probleme sieht er allerdings in der Breite der Radwege von jeweils 2,30 Meter. "Ich weiß nicht, was das für alle Straßen bedeutet", sagte er. Peter Warlimont (SPD) sieht die Notwendigkeit, dass dringend etwas für den Radverkehr in Freising getan werden müsse.

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Der "Pferdefuß" des Radbegehrens liegt aber auch für ihn in der Straßenbreite. Warlimont erläuterte dies am Beispiel der Rotkreuzstraße. Die sei 7,90 Meter breit. Baue man nun zwei Radwege mit den geforderten Sicherheitsabständen, blieben nur noch 3,30 Meter übrig. Gerade noch breit genug für eine Fahrspur. "Das ist dann faktisch eine Einbahnstraße", stellte Warlimont klar. Schwierigkeiten gebe es dann mit dem Rettungswesen und dem Busverkehr.

Auf der Hochtrasse, die er jedes Mal nur mit Angst um sein Leben befahre, ließe sich das aber durchsetzen, argumentierte Ulrich Vogl (ÖDP). Und auf viel befahrenen engen Straßen könne man die Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 30 beschränken - wenn sich die aktuelle Straßenverkehrsordnung ändere. Dies verhindere erwiesenermaßen viele tödliche Unfälle oder solche mit schwereren Verletzungen.

Viele Ziele seien mit der Straßenverkehrsordnung nicht vereinbar, so Weller

Weller stimmte gegen den Radentscheid, weil seiner Auffassung nach viele Ziele nicht mit der geltenden Straßenverkehrsordnung vereinbar seien. Derzeit darf eine Kommune nicht einfach so eine Straße auf Tempo 30 beschränken. Da müsste erst die neue Bundesregierung eine Entscheidung treffen. Sammüller-Gradl erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass ein Bürgerentscheid die Qualität eines Gemeinderatsbeschlusses habe. Und wenn der rechtswidrig sei, schreite die Rechtsaufsicht dagegen ein.

Sebastian Habermeyer (Grüne) möchte in Sachen Radwege "aufs Gas drücken". Diese Thema sei in Freising über Jahrzehnte stiefmütterlich behandelt worden. "Und mit Nettigkeit kommt man nicht weiter, wenn es um den Autoverkehr geht", antwortete er auf einen Vorschlag Fiedlers. Der FSM-Stadtrat schlug vor, die Verwaltung und das Aktionsbündnis sollten zusammen schauen, wo die Umsetzung der im Radentscheid gestellten Forderungen am sinnvollsten sei. "Dann haben wir viele Ergebnisse in kurzer Zeit."

© SZ vom 13.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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