Es ist eng, laut, die Toilette ist schmutzig und die Geschlechtertrennung wird nicht eingehalten. Zum Kochen stehen nur zwei Platten zur Verfügung, und das Kind hustet und hustet. Ayla Sari, 30, ist verzweifelt. So verzweifelt, dass sie den Schritt, ihre Not öffentlich zu machen, nicht mehr scheut. "Ich kämpfe für mein Recht, für meine Tochter und für mein ungeborenes Kind", sagt sie. Seit Januar lebt sie in einem zwölf Quadratmeter großen Raum im Obdachlosencontainer der Gemeinde Hallbergmoos. Mit einem kranken Kind und einem Ungeborenen, das im Juli auf die Welt kommt, eine Risikoschwangerschaft. Doch eine Sozialwohnung gibt es nicht für sie, weder in ihrer reichen Heimatgemeinde, noch anderswo im Landkreis.
"Langsam stelle ich das System in Frage, ich habe 15 Jahre lang nicht zu knapp Steuern gezahlt, und jetzt, wo ich in Not bin, hilft mir niemand", sagt Ayla Sari. Bis vergangenes Jahr hat sie als Speditionskauffrau gearbeitet, kurz nach der Geburt ihrer jetzt vierjährigen Tochter sei sie wieder in den Beruf zurück. Doch dann wurde das Mädchen krank, Asthma. Wenig später hat der Vater die Familie verlassen, und ihr Leben geriet aus den Fugen. "Ich musste die Wohnung kündigen, Versicherungen, alles war zu teuer", erzählt Ayla Sari.
"Bevor wir auf die Toilette gehen oder duschen, muss ich alles desinfizieren"
Sie wohnte zunächst bei ihrer Mutter, doch als diese von der neuen Schwangerschaft erfuhr, setzte sie ihre Tochter samt Enkelin vor die Tür. Erst kam Ayla Sari bei Freunden unter, doch schließlich blieb nur der Gang zum Sozialamt. Wer von Obdachlosigkeit bedroht ist, muss sich an seine Heimatgemeinde wenden, diese ist zur Unterbringung verpflichtet. In Hallbergmoos heißt das, Einzug in die Wohn-Container-Anlage am Ludwigskanal, Gemeinschaftsduschen und -Toiletten inklusive.

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Obwohl hier bereits seit einiger Zeit eine weitere Familie mit drei Kindern lebt, hält Ayla Sari die Unterbringung vor allem für ihre asthmakranke Tochter für unzumutbar. "Bevor wir auf die Toilette gehen oder duschen, muss ich alles desinfizieren", klagt sie. Was die junge Frau besonders unverständlich findet, ist die Tatsache, dass die Gemeinde durchaus Wohnungen hat, sogar leer stehende, wie sie betont. "Ich fahre da jeden Tag vorbei, ich habe die Nachbarn gefragt, die haben alle gesagt, dass die Wohnungen der Gemeinde gehören", empört sie sich.
Bei den leer stehenden Wohnungen handelt es sich Bedienstetenwohnungen
Auf Nachfrage der Freisinger SZ bestätigt Bürgermeister Harald Reents (CSU), dass die Gemeinde Eigentümerin von Wohnungen sei. "Allerdings handelt es sich um Bedienstetenwohnungen, vor allem für Personal von Kindertagesstätten", sagt er. Anders sei es der Gemeinde nicht möglich, Personal zu finden. Mittlerweile habe man den Kreis der Berechtigten auf andere Verwaltungsmitarbeiter ausgedehnt, "wir haben durchaus Fachkräftemangel", so Reents. Außerdem seien die Wohnungen mittlerweile alle bezogen. Nur eine Dreizimmerwohnung sei noch frei, die werde dem Gerätewart der Freiwilligen Feuerwehr vorbehalten, den man derzeit suche.
Er würde der Frau gerne helfen, versichert Reents, "aber ich muss hier nach Recht und Gesetz handeln". Auch gelte der Gleichheitsgrundsatz: "Ich hätte da viele Leute, die ich in Gemeindewohnungen unterbringen müsste." Reents hat den aktuellen Fall an das Gesundheits- und Jugendamt weiter geleitet, um prüfen zu lassen, ob die Gemeinschaftsunterkunft zumutbar sei. Wenn nicht, würden weitere Optionen geprüft. Ayla Sari bleibt die Hoffnung, dass sie bis Juli, wenn ihr Ungeborenes auf die Welt kommt, etwas gefunden hat: "Ich brauche nur eine eigene Küche und Waschmöglichkeit. Sobald mein zweites Kind ein Jahr alt ist, werde ich wieder arbeiten und auf eigenen Füßen stehen."