Kommunalpolitik im Landkreis:Frauen in der Minderheit

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Frauen sind in politischen Gremien in Freising noch immer in der Minderheit. (Foto: dpa)

Männer sind in den politischen Gremien des Landkreises überrepräsentiert. Warum dies so ist, lässt sich nicht eindeutig belegen. In kleineren Gemeinden ist die Geschlechterdifferenz oft extremer als in den größeren.

Von Nadja Tausche, Landkreis

In der Politik engagieren sich generell weniger Frauen als Männer - das ist keine Neuheit. Beachtlich ist aber, wie ungleich der Geschlechteranteil an politischen Schlüsselstellen im Landkreis Freising tatsächlich ist. In Gammelsdorf sitzt keine Frau im Gemeinderat, auch in Wang sind 15 von 15 Gemeinderäten inklusive des Bürgermeisters männlich. In Hörgertshausen ist eine einzige Frau Teil des Gemeinderats, genauso in Rudelzhausen. Von den 24 Gemeinden im Landkreis werden derzeit zwei von einer Bürgermeisterin geführt. Ob nach der Kommunalwahl mehr Frauen die Politik in der Region mitgestalten werden, ist fraglich.

Der Frauenanteil in der Politik sei nach wie vor ein großes Thema, sagt die Gleichstellungsbeauftragte des Landratsamtes, Petra Lichtenfeld. "Dieser Bereich hat es nie wirklich geschafft, einen Proporz herzustellen, der die tatsächliche Geschlechterverteilung in der Gesellschaft auch nur annäherungsweise spiegelt." Ein rein männlicher Gemeinderat sei aus dem Grund problematisch, so Lichtenfeld, weil davon nur ein Teil der Bevölkerung vertreten werde. Gleichzeitig habe so nur ein Teil der Einwohner Einfluss auf die politische Gestaltung. Dabei könnte mehr Vielfalt in der Geschlechterfrage bei der Lösung politischer Probleme hilfreich sein, glaubt Lichtenfeld: "Themenbereiche werden von den beiden Geschlechtern unterschiedlich gewichtet, aus verschiedenen Blickwinkeln gesehen, entsprechend unterschiedlich bewertet und umgesetzt."

So sieht in Freising die Geschlechteraufteilung in politischen Gremien aus. (Foto: SZ-Grafik)

Freising ist mit 40 Prozent Frauenanteil Spitzenreiter im Landkreis. In kleineren Orten ist die Differenz oft größer

Vergleicht man den Frauenanteil in den Gemeinden des Landkreises miteinander, fällt auf: In kleinen Orten ist die Geschlechterdifferenz oft extremer als in größeren. Die vier Gemeinden mit keiner oder nur einer einzigen Frau im Gemeinderat haben zwischen 1500 und 3500 Einwohner. In Freising sind 16 von 40 Gemeinderäten weiblich: Das entspricht einem Frauenanteil von 40 Prozent. Damit ist Freising gemeinsam mit Eching Spitzenreiter im Landkreis. In Neufahrn liegt der Frauenanteil im Gremium bei 20 Prozent, auch in Moosburg sind es 20 - hier ist außerdem der Bürgermeister eine Frau.

Eine Erklärung für den Unterschied zwischen Stadt und Land könnte laut der Gleichstellungsbeauftragten sein, dass Frauen wegen der häufig noch traditionelleren Rollenzuweisung auf dem Land ein geringeres Interesse an Politik hätten. "Ein weiteres Erklärungsmodell ist, dass Frauen an den ,old-boys-network'-Strukturen in den Parteien scheitern und hier von den wichtigen Ämtern ausgeschlossen werden." Diskutiert werde aber auch die Möglichkeit, dass sich sowohl weibliche als auch männliche Wähler eher für männliche Kandidaten entscheiden. "Sehr wahrscheinlich spielen all diese Faktoren eine Rolle", so Lichtenfeld.

Dabei sei es nicht so, dass man als Frau in der Kommunalpolitik klein gehalten werde, sagt Joana Bayraktar - im Gegenteil. Bayraktar ist 24, Sprecherin der Grünen Jugend Freising, sie engagiert sich im Kreisvorstand der Grünen und kandidiert für die Partei auf der Stadtrats- und der Kreistagsliste. Ihre Erfahrung: "Viele Leute schätzen es, wenn man sich als junge Frau politisch engagiert." Sie habe aber durchaus den Eindruck, dass es bei Frauen zusätzlich zu eigenem Interesse und Engagement oft eine gezielte Förderung und Ermutigung von Seiten der Partei brauche, sagt Bayraktar. Sie selbst sei im Vorfeld der Listenaufstellung für die Kommunalwahl direkt gefragt worden, ob sie kandidieren wolle. Trotz des Zuspruchs engagieren sich auch bei der Grünen Jugend nicht allzu viele Frauen, erzählt sie.

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Weil in vielen Familien die traditionelle Rollenverteilung gelebt werde, geht meist der Mann in die Politik

Damit mehr Frauen in die Kommunalpolitik gehen, muss sich nach Lichtenfelds Meinung grundsätzlich etwas ändern. Dazu zählt sie die oft besprochenen Strukturen: Politisches Engagement ist mit einem Vollzeitjob und der Erziehung von Kindern schwierig zu vereinbaren. Und weil in vielen Familien die traditionelle Rollenverteilung gelebt werde, geht eben meist der Mann in die Politik. Abschreckend für Frauen sei zudem das Arbeitsklima und die Sitzungs- und Redekultur in den Parteien, denkt Lichtenfeld: "Frauen empfinden gerade diese Rahmenbedingungen als äußerst unvorteilhaft und wenig attraktiv."

Auf der anderen Seite ist es so, dass sich für die Kommunalwahl am 15. März durchaus mehrere Frauen auf die Bürgermeisterposten im Landkreis bewerben. Mit dazu gehören Langenbach, Wolfersdorf, Hohenkammer, Eching, Hallbergmoos und Freising. Positiv in Sachen Ausgeglichenheit ist die Situation beim politischen Nachwuchs. Im Jugendkreistag engagieren sich fast gleich viele Frauen wie Männer, so Lichtenfeld. Auch im Moosburger Jugendparlament und im Freisinger Jugendstadtrat sind annähernd gleich viele Männer wie Frauen aktiv. Joana Bayraktar hat den Eindruck, dass sich etwas tut: "Wir gehen schon ziemlich große Schritte", sagt sie - "aber es gibt viele kleine Dinge, die sich entwickeln müssen."

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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