1300 Jahre Korbinian in Freising:CSU fordert Rücktritt der Grünen-Kulturreferentin

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Kulturreferentin Susanne Günther. (Foto: Johannes Simon)

Während auf dem Freisinger Domberg dessen männlich geprägte Geschichte kritisch reflektiert wird, eskaliert unten ein Streit um die rein männlich besetzte Rednerliste zur Landesausstellung.

Von Birgit Goormann-Prugger und Kerstin Vogel, Freising

Am Rande der Feierlichkeiten zur Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung und einer flankierenden Ausstellung zu den verborgenen Räumen auf dem Domberg hat sich in Freising eine Debatte um Geschlechtergerechtigkeit entsponnen, als deren Höhepunkt der CSU-Kreisvorsitzende, Staatsminister Florian Herrmann, am Donnerstag den Rücktritt von Kulturreferentin Susanne Günther (Grüne) gefordert hat. Günther war der Eröffnung der Landesausstellung am Montag ferngeblieben und hatte das in einem Facebook-Post mit der ausschließlich männlichen Rednerliste begründet.

Das Programm sei so wenig attraktiv, "dass ich es nicht übers Herz gebracht habe, über alle Schatten dieser Welt zu springen", heißt es da - und: "Morgen sind die Zeitungen voll mit Männern, die die Welt erklären." Auf Kritik gestoßen war dabei vor allem ihre ursprüngliche Wortwahl, bei der unter anderem von "alten weißen Männern" die Rede war. Günther hatte diesen und einen weiteren Passus daraufhin korrigiert.

Für Herrmann und die CSU-Stadträte Rudi Schwaiger und Jürgen Mieskes, die - wenn auch ohne Unterschrift - ebenfalls unter der Rücktrittsforderung stehen, ist Günther damit "untragbar" geworden und schadet "dem Ansehen der großen Kreisstadt Freising. Eine derart herausgehobene Position wie die der Kulturreferentin erfordert es, sich von seinem eigenen ideologisierten geistigen Korsett zu lösen und die Interessen der Stadt und ihrer Bevölkerung in den Vordergrund zu stellen." Dazu sei Frau Günther ganz offensichtlich nicht in der Lage. Die Landesausstellung 2024 sei "ein Glücksfall für die Stadt". Allen, die mit großem Herzblut und Engagement an der Realisierung dieses Projektes gearbeitet hätte, zeige Günther "verbissen die eiskalte Schulter". Wer lieber sich selbst in den Mittelpunkt stelle als die Kulturschaffenden, "kann nicht länger die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger in diesen Fragen repräsentieren".

"Geht es bitte eine Nummer kleiner?"

Günther reagierte gelassen. Anstatt nach zahlreichen Skandalen vor der eigenen Haustür zu kehren, fordere der Staatsminister jetzt "eine Stadträtin zum Rücktritt auf, die das Männer-lastige Setting einer Veranstaltung zu Recht kritisiert hat", so Günther am Donnerstag: "Geht es bitte eine Nummer kleiner?"

Unabhängig von dieser Auseinandersetzung ist die Geschlechterfrage im Kontext des Korbiniansjubiläums am Donnerstag gleich ein weiteres Mal thematisiert worden. Denn auch in der Ausstellung zu den verborgenen Räumen auf dem Domberg, die am Vatertag eröffnet wurde, geht es um "Männer Macht Geschichte", so der Titel. Das haben der Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Christoph Klingan, und die Amtschefin des Erzbischöflichen Ordinariats München, Stephanie Herrmann, zum Anlass genommen, die männlich geprägte Geschichte des Freisinger Dombergs kritisch zu reflektierten.

Zwar kommen Frauen tatsächlich nicht oft vor, wenn es um die Lebensgeschichte des Heiligen Korbinian geht. Alles in allem ist zumindest die Vergangenheit eher männlich dominiert. Aber: "Frauen sind längst auch auf dem Domberg auf dem Vormarsch", hieß es am Donnerstag bei der offiziellen Eröffnung der Ausstellung.

Auch Frauen hinterlassen ihre Spuren auf dem Domberg. Zum Beispiel die amerikanische Künstlerin Kiki Smith mit ihrer Schutzmantelkapelle. (Foto: Marco Einfeldt)
Die Skulptur Arcangelo der Bildhauerin Berlinde de Bruyckere prägt den Lichthof des Diözesanmuseums. (Foto: Marco Einfeldt)

Die neben dem Diözesanmuseum errichtete Kapelle Mary's Mantle der Künstlerin Kiki Smith sei jetzt schon ein Besuchermagnet und setze ein sichtbares Zeichen. Den Lichthof des Diözesanmuseums präge die Künstlerin Berlinde de Bruyckere mit ihrer eigens dafür geschaffenen Skulptur "Arcangelo", sagte Amtschefin Herrmann am Donnerstag auf dem Domberg. Sie sei sich sicher, dass nicht erst bei der Ausstellung zur 1400-Jahr-Feier von Frauen erzählt wird, die den Domberg prägen. "Und damit meinen wir nicht nur die Gottesmutter, die immerhin als Patronin des Doms seit Jahrhunderten über den Männern wacht."

Frauen kommen nur als Fußnoten vor

Die Ausstellung, die durch verborgene, teils bislang nicht zugängliche und neu renovierte Räume auf dem Freisinger Domberg führt, illustriere "eine Geschichte der Männer. Männliche Kleriker, männliche Herrscher, männliche Bischöfe und Herzöge. Sie dominierten diesen Berg, führten typisch männliche Kämpfe um Rang und Vormachtstellung und schufen so die prächtigen, geschichtsträchtigen Bauten, die hier um uns herum stehen und von der jahrtausendealten Geschichte dieses Ortes erzählen", erklärte Generalvikar Klingan. Frauen kämen "auf dem Freisinger Domberg nur am Rande vor - als sehr kleine, unwichtige Fußnoten, die meist überlesen werden und zum großen Ganzen der Geschichte ohnehin nichts Nennenswertes beizutragen haben", ergänzte Amtschefin Herrmann kritisch: "Die Geschichte des Dombergs ist eine Geschichte der Männer - da gibt es nichts zu beschönigen."

Susanne Günther jedenfalls hat an der Eröffnung der Ausstellung "Männer Macht Geschichte" am Donnerstag dann schon teilgenommen, auch, weil sich zu diesem Anlass schließlich eine Frau für die Rednerliste gefunden hatte: "Das ist doch ein schöner Kontrapunkt zu der Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung", so Günther.

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Am Freisinger Domberg sind ganz neue Einblicke möglich: In einer Sonderausstellung sind Räume wie der Fürstengang, die barocke Dombibliothek oder das ehemalige Archiv zugänglich, die der Öffentlichkeit sonst ganz oder teilweise versperrt sind. Ein spannender Rundgang.

Von Petra Schnirch

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