Entwicklung im Münchner Norden:Mehr Platz für Industrie

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Die Hammer AG will auf dem früheren Gelände des Automobilzulieferers Sona BLW Präzisionsschmiede bauen. Bis auf ein denkmalgeschütztes Verwaltungsgebäude soll alles abgerissen werden. (Foto: Florian Peljak)

Der Stadtrat wünscht sich bei der Umstrukturierung am Frankfurter Ring zusätzliche Bereiche, wo sich produzierendes Gewerbe ansiedeln kann. Das ginge zu Lasten der Büro- und Hotelflächen, die der Investor plant.

Von Lea Kramer und Sebastian Krass

Mehr lautes produzierendes Gewerbe, dafür weniger Büros oder Hotelzimmer: Das wünscht sich eine breite Mehrheit des Stadtrats für ein großes neues Bauprojekt im Münchner Norden. Auf einem 5,6 Hektar großen Grundstück am Frankfurter Ring plant das Münchner Immobilienunternehmen Hammer AG ein Gewerbequartier, unter anderem mit zwei Hochhäusern, die höher als 80 Meter werden dürfen, großteils für Büronutzung. Dafür braucht es einen neuen Bebauungsplan des Areals unweit der Auffahrt zur A9. Den Aufstellungsbeschluss dafür hat die Vollversammlung des Stadtrats in ihrer jüngsten Sitzung gefasst, gemeinsam mit einer Rahmenplanung für das gesamte Gewerbeband am Frankfurter Ring. Ein 167 Hektar umfassendes Gebiet, das im Westen bis an das alte Knorr-Bremse-Areal reicht und im Norden durch den Nordring der Deutschen Bahn begrenzt wird.

Die grün-rote Rathauskoalition setzte dabei einen Änderungsantrag durch, der auch den künftigen neuen Bebauungsplan für das Hammer-Gelände betrifft. Demnach soll nun im anstehenden städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb erarbeitet werden, inwieweit der Anteil des oft lärmintensiven produzierenden Gewerbes über den ursprünglich geplanten Anteil von 25 Prozent der gesamten Geschossfläche hinaus erhöht werden kann. "Das Grundstück ist ideal für produzierendes Gewerbe, weil es drumherum ohnehin viel Verkehrslärm gibt", sagt SPD-Stadträtin Simone Burger. Und, so die Linie der Stadtratsmehrheit, man wolle auch diesen Wirtschaftszweig weiter in München haben. Gegen diese Änderung stimmten ÖDP/München-Liste, Die Linke/Die Partei und AfD, die aber das gesamte Frankfurter-Ring-Projekt in der vorliegenden Fassung ablehnen.

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Die Rahmenplanung für den Frankfurter Ring sieht vor, dass er vor allem ein Gewerbestandort bleiben soll. Demnach wird das gesamte Gebiet in vier Zonen unterteilt, die auf der Basis der bisherigen Struktur unterschiedliche Profile entwickeln sollen. Teilweise - auch das setzte Grün-Rot in der Vollversammlung durch - soll die Stadtplanung prüfen, ob mehr Wohnraum entstehen kann als bisher vorgesehen. Insbesondere der östliche Teil aber soll weiter auch Heimat für lärmendes Gewerbe sein. Dort liegt auch das Grundstück der Hammer AG, bei dem die Überplanung nun schon konkreter wird.

Bisher war auf dem Areal eine Präzisionsschmiede für Automobilgetriebe und Achsen ansässig, mit 29 000 Quadratmetern Geschossfläche. Diese Gebäude werden abgerissen, bis auf ein denkmalgeschütztes ehemaliges Verwaltungsgebäude des 1925 gegründeten Bayerischen Leichtmetallwerks am Frankfurter Ring 227. Die Hammer AG hat das Grundstück nach Auskunft des Grundbuchamts 2018 in zwei Käufen für insgesamt knapp 70 Millionen Euro übernommen, wobei der Preis "bei Eintritt bestimmter Umstände" noch steigen könne. Damit gemeint sein könnte etwa eine Wertsteigerung des Grundstücks durch die Vervielfachung des Baurechts, die der neue Bebauungsplan schaffen würde.

Entwickler reagiert verhalten auf die Ideen des Stadtrats

Die Hammer AG macht keine Angaben zum Kaufpreis, spricht aber für das Gesamtprojekt von Investitionskosten "im hohen neunstelligen Bereich". Sie ist bereits mit größeren Gewerbebauten im Münchner Norden aktiv. Dieses Projekt dürfte aber das bisher größte für das Unternehmen sein. Eine Randnotiz bei der Angelegenheit ist, dass hinter der Gesellschaft der CSU-Stadtrat Hans Hammer steht, der aber betont, seine berufliche Tätigkeit in der Immobilienbranche von der politischen Arbeit im Stadtrat zu trennen. Bei der Debatte und der Abstimmung im Stadtrat hätte er im Normalfall den Saal verlassen, was in diesem Fall nicht nötig war, da Hammer im Urlaub weilte.

Im Beschlussentwurf von Stadtbaurätin Elisabeth Merk sind Eckdaten für das Hammer-Projekt genannt. Demnach soll eine Gesamtgeschossfläche von etwa 160 000 Quadratmetern entstehen (der bisherige Autozulieferer hatte lediglich 29 000 Quadratmeter). Im Neubaugebiet waren etwa 90 000 Quadratmeter für Büros vorgesehen, 40 000 Quadratmeter für produzierendes Gewerbe, dazu 15 000 Quadratmeter Hotelflächen sowie bis zu 15 000 Quadratmeter für eine öffentliche und kulturelle Nutzung. Auch ein mindestens 6000 Quadratmeter großer Quartierspark ist vorgeschrieben.

Die Hammer AG reagiert reserviert auf den Stadtratsauftrag, den Anteil von produzierendem Gewerbe zu erhöhen. Zwar stehe man der Idee "offen gegenüber", erklärt eine Sprecherin, aber man halte sie für "schwierig" umsetzbar, da es insbesondere auch viele Anforderungen an die Gestaltung der Freiräume gebe.

Der Grünen-Politiker Paul Bickelbacher, der das Thema für die größte Stadtratsfraktion betreut, sagt, er sei gespannt, wie nun die Ausschreibung für den Wettbewerb, der in den nächsten Monaten stattfinden soll, formuliert werde. CSU-Stadtrat Alexander Reissl hatte, als das Thema im Planungsausschuss vorab diskutiert wurde, schon in Frage gestellt, ob es wirklich so viele Quadratmeter für Hotels brauche. "Die 15 000 Quadratmeter sind ein ganz schöner Klotz, das sind keine 30 oder 70 Zimmer, sondern wahrscheinlich ein paar Hundert."

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