Film:Keine Angst vor großen Tieren

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Zwischen Oper, Fantasy-Abenteuer und Coming-of-Age-Story: "The Magic Flute" will generationenübergreifend begeistern. (Foto: Luis Zeno Kuhn/TOBIS Film)

Der Münchner Florian Sigl spielte Fagott und lernte bei Sergiu Celibidache. Trotzdem wurde er kein Musiker, sondern Werber. Das reichte ihm aber nicht: Sein Spielfilmdebüt "The Magic Flute - Das Vermächtnis der Zauberflöte" läuft jetzt in den Kinos an.

Von Josef Grübl

Von der Corneliusstraße zum Gärtnerplatz sind es nur wenige Meter, vom Schuhladen ins Theater dauert es aber viele Jahre: Als Florian Sigl vergangene Woche seinen Kinofilm "The Magic Flute - Das Vermächtnis der Zauberflöte" im Münchner Gärtnerplatztheater vorstellte, hatte er auch diesen Weg absolviert. Die Eltern des Regisseurs verkaufen seit 30 Jahren Espadrilles an der Corneliusstraße, als Kind war er oft im Laden. Er selbst träumte aber von einer Karriere als Geiger. Deshalb ging er ans Richard-Strauss-Konservatorium, spielte Fagott und lernte bei Sergiu Celibidache. Da es im Leben oft anders kommt als geplant, wurde er aber Werber. Nach vielen Jahren ging es nun zurück an den Gärtnerplatz, dort fand die Deutschlandpremiere seines Debütfilms statt. Seine Eltern saßen im Publikum, der Starregisseur Roland Emmerich stand neben ihm auf der Bühne.

Der Mittvierziger war nie auf einer Filmschule, er ist eher der Learning-by-Doing-Typ. "Black Sheep" stand auf der Kappe, die er auf der Premiere trug. Ein schwarzes Schaf ist er bislang auch in der deutschen Filmbranche - dort bleibt man gerne unter sich. Außenseiter wie er inszenieren eigentlich keine internationale Kinoproduktion als ersten Film, man stellt ihnen auch kein Budget in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung und einen Cast, der sich aus jungen Briten, einem Oscar-Preisträger aus Amerika und einer Reihe von Opern-Weltstars zusammensetzt.

Der gebürtige Münchner ist aber der Beweis dafür, dass all das geht: Sein Debüt ist ein Mix aus Mozarts "Zauberflöte", Fantasy-Abenteuer mit computeranimierter Riesenschlange und Coming-of-Age-Story, die ein bisschen an "Harry Potter" erinnern soll. Das ist im besten Sinne eigenwillig, das wird auch nicht allen gefallen. Das jugendliche Fantasy-Publikum dürfte ob der vielen Arien irritiert sein, die Opernliebhaber könnten sich an der Rahmenhandlung stören, die kaum etwas mit Mozart und viel mit pubertären Irrungen und Wirrungen an einem Salzburger Internat zu tun hat. Doch die Macher glauben an die generationenübergreifende Zugkraft des Films, er startet diese Woche bundesweit in den Kinos.

Executive Producer Roland Emmerich lobte den Film am Premierenabend

"Der Film soll Lust auf Mozarts Oper machen", sagt Sigl am Premierenabend, "er kann aber nie Ersatz werden für eine Live-Aufführung." Es hat einige Jahre gedauert, bis das Projekt zustande kam, bis jeder überzeugt und alle Partner an Bord waren. Der Mann mit der "Black Sheep"-Kappe hat sich gut verkauft, das gelingt ihm auch bei der Premiere. Sowohl der junge Berliner Produzent Christopher Zwickler (der die Idee zum Film hatte) als auch das Mozarteum Salzburg oder Executive Producer Roland Emmerich fanden Sigls Konzept von der Oper als familienfreundlichen Fantasyfilm überzeugend. Emmerich sagte am Premierenabend mehrmals, wie "sweet" er den Film finde und wie wichtig es heute sei, auf bekannte Marken oder Geschichten aufzubauen. "Die Zauberflöte" kenne man auf der ganzen Welt: "Wir haben den Film fast überall hin verkauft."

Florian Sigl bei der Filmpremiere von "The Magic Flute". (Foto: Florian Peljak)

Das mag auch an Klassikstars wie Sabine DeVieilhe oder Rolando Villazón liegen, die in vielen Ländern auftreten. Weltweit bekannt ist auch F. Murray Abraham: Der Amerikaner spielte im Kinohit "Amadeus" den sinistren Salieri und gewann dafür einen Oscar, in "The Magic Flute" gibt er den Internatsleiter. Nach "Amadeus" habe er selbst Musiker werden wollen, behauptet Sigl. Als Kind spielte er "wie ein Besessener" Geige, als Jugendlicher am Richard-Strauss-Konservatorium lernte er Fagott. Bei Sergiu Celibidache wollte er das Dirigieren studieren, persönlich kennenlernen sollte er ihn aber als Zivildienstleistender im Klinikum rechts der Isar. Der Dirigent lag dort mit Herzproblemen, Sigl betreute ihn - und offenbarte seine Berufswünsche. "Er hat mich gefragt, ob ich absolut hören kann", erzählt er, das habe er verneint. "Da sagte er mir klipp und klar, dass ich keine Chance habe." So gab Florian Sigl mit Anfang zwanzig seinen Traum von der Musikerkarriere auf.

Stattdessen moderierte er eine Zeit lang eine Kinderfernsehsendung und fing bei einer Werbefilmproduktionsfirma an. Es ist eine steile Karriere, die er in der Werbung gemacht hat, als Regisseur von Werbespots für Autos oder Versicherungen, als Geschäftsführer einer Werbefilmfirma, als Dozent an der Filmakademie Baden-Württemberg. So hätte es weitergehen können, Sigl aber reichte das nicht. Er wurde Vater, gründete eine Familie und zog zur Familie seiner Frau nach Trier. Vor ein paar Jahren habe er mit der Werbung aufgehört, sagt er. Jetzt wolle er mit seiner Familie zurück nach München und große Geschichten erzählen. Am besten im Kino. Klingt größenwahnsinnig? Vielleicht. Zuzutrauen ist es diesem schwarzen Schaf der Filmbranche aber.

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