Ethik-Institut:TU München verteidigt Kooperation mit Facebook

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Facebook finanziert ein Ethik-Institut an der Technischen Universität. Das stößt auf Zustimmung, aber auch auf Kritik. Der zuständige Professor spricht von einer Win-win-Situation.

Von Mirjam Hauck

Die neue Zusammenarbeit zwischen Facebook und der Technischen Universität (TU) München stößt auf Zustimmung - und auch auf deutliche Kritik. So begrüßt Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) das Engagement des Internet-Konzerns; dagegen sagt die forschungspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Anne Franke, das Thema sei zu wichtig, um sich hier ausgerechnet von Facebook in der Forschung goldene Zügel anlegen zu lassen.

Facebook gibt der TU über fünf Jahre etwa 6,5 Millionen Euro, um ein Institut für Ethik in der Künstlichen Intelligenz (KI) aufzubauen. Es soll herausfinden, welche ethischen Maßstäbe es bei der Entwicklung und beim Einsatz von KI braucht. Leiten wird es Christoph Lütge, Professor für Wirtschaftsethik an der TU.

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Der Internetkonzern zahlt 6,5 Millionen Euro. An dem neuen Forschungsinstitut soll untersucht werden, welche Grundsätze bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz gelten müssen.

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Nachdem die Finanzierung des Instituts durch den Konzern, der vergangenes Jahr in Skandale um den Umgang mit sensiblen Nutzerdaten verwickelt war, am Sonntag bekannt wurde, gibt es auch von der akademischen Seite Kritik: So beklagt Christian Kreiß, Professor an der Hochschule Aalen und Autor des Buchs "Gekaufte Forschung", die TU werde durch diese Finanzierung zum verlängerten Marketing-Arm von Facebook. Und Alexander Filipović, Professor für Medienethik an der Münchner Hochschule für Philosophie, sagt, dass er der TU vertraue, aber dennoch beunruhigt sei: "Ethik ist kein Feigenblatt".

Lütge ficht das nicht an: "Die Finanzierung des Instituts durch Facebook ist eine Win-win-Situation", sagt dessen künftiger Leiter. Das Engagement diene keineswegs nur einer Seite. Natürlich sei ihm klar, dass Facebook vor allem durch die Weitergabe der Nutzerdaten an die Firma Cambridge Analytica ein schlechtes Image habe; aber in der Ethik gehe es eben auch darum, unbequeme Fragen zu beantworten. Zudem sei es das erste Mal, dass in einem Forschungsinstitut Informatiker und Philosophen zusammenarbeiten: "Das ist weltweit einzigartig." Und natürlich gebe es keine Auflagen von Seiten Facebooks oder gar eine Berichtspflicht, sagt Lütge: "Wir sind unabhängig."

Der Wissenschaftler plant, dass das Institut in der nächsten Zeit eine zweistellige Zahl von Projektmitarbeitern einstellen werde, und zwar aus verschiedenen Bereichen. Viele Professorenkollegen hätten sich interessiert am Ethik-Institut gezeigt oder wollten mit ihm zusammenarbeiten, sagt Lütge. So habe er einige Gespräche mit Sami Haddadin geführt, dem Direktor der Munich School of Robotics and Machine Intelligence an der TU. Dabei gehe es auch nicht um Geld oder Forschungsmittel. Die Forscher hätten großes Interesse, an Fragestellungen zu arbeiten, die über das rein Technische hinaus gehen.

Zustande gekommen ist die Zusammenarbeit laut Lütge dadurch, dass er durch seine Mitarbeit in internationalen Ethikkommissionen einige hochrangige Facebook-Mitarbeiter kennengelernt habe. In vielen Diskussionen habe man festgestellt, dass Kommissionen und ihre Empfehlungen zwar nützlich seien, es fehle bislang aber an Forschung zu ethischen Fragen bei Künstlicher Intelligenz und der Fairness von Algorithmen und maschinellem Lernen. Hier werde man nun ansetzen. Erste Ergebnisse wolle man der Öffentlichkeit in einigen Monaten präsentieren. Bis dahin werde das Institut aber auch die Bürger, die Zivilgesellschaft in die Forschungsarbeit mit einbinden - vor allem mit Tagungen und Workshops.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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