Facebook und die TU München:Auch Selbstkontrolle muss kontrolliert werden

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Wie bei jeder neuen Technologie müsse man auch bei der künstlichen Intelligenz sicherstellen, "dass sie fair ausgestaltet ist und die Grundrechte der Menschen bewahrt", sagte Facebooks Co-Chefin Sheryl Sandberg der FAS. (Foto: AFP)

Kooperationen mit der Wirtschaft zu verteufeln, wäre naiv. Hochschulen müssen unabhängig sein - dafür braucht es Kontrolle aus der Politik.

Kommentar von Susanne Klein

Datendiebstahl, Fake News, Hassreden, politische Manipulation - wer beim Klang des Wortes "Facebook" kein mulmiges Gefühl kriegt, ist nicht von dieser Welt. Ausgerechnet diese Firma, der Nutzer und Aktionäre zu Recht zunehmend misstrauen, darf nun mithilfe der Technischen Universität (TU) ihr Image aufpolieren: Facebook spendiert der Uni ein neues Forschungsinstitut, das ethische Grundsätze bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ergründen soll. Für 6,5 Millionen Euro. Das mag in Relation zu der Rekordstrafe, die Facebook wegen Datenvergehen in den USA droht, ein Witz sein. Aber für eine Hochschule ist es sehr viel Geld.

Nur, sollte sie das Geld, nur weil sie es gut gebrauchen kann, auch annehmen? Und wenn ja, zu welchen Bedingungen? Kooperationen mit der Wirtschaft zu verteufeln, wäre naiv. Sie sind, nicht zuletzt wegen der kargen Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder, sogar notwendig. Allerdings darf keine Uni dabei die Freiheit der Forschung zu Markte tragen. Hochschulen müssen unabhängig sein. Schon die Frage, ob Geldgeber das Forschungsthema bestimmen, ist brisant. In der Regel tun sie es, auch bei großen Forschungsunterfangen, die sich um Grundsatzfragen drehen. Die Ethik in der Welt der Algorithmen ist so eine.

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Der Internetkonzern zahlt 6,5 Millionen Euro. An dem neuen Forschungsinstitut soll untersucht werden, welche Grundsätze bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz gelten müssen.

Von Valentin Dornis

Bei der seriösen TU München ist dieses dringende Thema vermutlich gut aufgehoben. Zahlt jedoch Facebook dafür, ist zweifellos mit eingepreist, dass von der Seriosität etwas auf das suspekte Netzwerk abfärben soll. Das mulmige Gefühl, da ist es wieder: Gerade im Fall von Facebook, das so viele Menschen benutzt und belogen hat, sollte die Trennung zwischen Firmen- und Forschungsinteresse sehr sauber sein. Dass die Uni ihre Unabhängigkeit beteuert, reicht da nicht.

Zur Selbstkontrolle muss Kontrolle kommen, und dafür braucht es viel mehr Transparenz als bisher. Aber die Verträge mit Facebook wird die TU wohl ebenso wenig offenlegen wie die mit der Lidl-Stiftung, die ihr 20 umstrittene Stiftungsprofessuren finanziert. Niemand weiß, welche Mitspracherechte vielleicht im Kleingedruckten stehen, bei Stellenbesetzungen etwa. Und ein Transparenzregister mit klaren Offenlegungspflichten gibt es in Bayern nicht. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde 2018 im Landtag abgelehnt.

Nur die Politik kann verhindern, dass Facebook oder andere Firmen Hochschulen über Gebühr für ihre Zwecke einspannen. Sie sollte endlich damit anfangen.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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