Sieben neue Ehrenbürger auf einen Schlag - das hat es in der Geschichte Münchens noch nie gegeben. An diesem Mittwoch soll dies die Vollversammlung billigen. Damit steigt die Gesamtzahl der Münchner Ehrenbürger auf 60. "Angesichts der Größe der Landeshauptstadt halte ich dies auch für angemessen", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Er sprach von sieben "herausragenden Persönlichkeiten", die sich ganz unterschiedlich um München verdient gemacht hätten. Aber wie?
Hubert Burda
Er zählt zu den einflussreichsten Verlegerpersönlichkeiten in Deutschland. Geboren 1940 in Heidelberg, hat sich Hubert Burda als Unternehmer, Chefredakteur, Verleger, Kunsthistoriker und -sammler einen Namen gemacht. 1993 hat er das Nachrichtenmagazin Focus gegründet, als Eigentümer der Hubert Burda Media gibt er unter anderem Bunte, Focus und Playboy heraus. In München hat er sich unter dem Motto "Paten für Toleranz" vor mehr als zehn Jahren für das Jüdische Zentrum am Jakobsplatz stark gemacht, er ist Preis- und Stiftungsgründer zur Förderung von Literatur, Völkerverständigung, Kunst und Wissenschaft. Für seine Leistungen erhielt Burda zahlreiche Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz.
Auszeichnung:Wie München zu seinen sieben neuen Ehrenbürgern gekommen ist
An wen die Auszeichnung verliehen wird, ist nicht nur eine Frage des Verdienstes um die Stadt - sondern auch des Politproporzes.
Michaela May
Ihr Gesicht kennen die meisten aus dem Fernsehen, aus Serien wie "Irgendwie und Sowieso" oder "Polizeiruf 110". Kaum ein Traumschiff des deutschen TV-Meeres, das sie nicht erobert, kaum ein Rosamunde-Pilcher-Strand, den sie nicht beschritten hätte. Michael May, geboren 1952, ist seit Jahrzehnten allgegenwärtig. Doch die gelernte Kindergärtnerin und Theaterschauspielerin hat noch andere Gesichter: Seit vielen Jahren engagiert sich May für Kinder, die an Mukoviszidose leiden, für die Welthungerhilfe und für die SOS-Kinderdörfer. 2009 hat sie die Medaille "München leuchtet" bekommen, 2011 den Bayerischen Verdienstorden.
Rachel Salamander
Als Brückenbauerin wird sie gern bezeichnet, als Kulturvermittlerin mit integrativer Wirkung. Rachel Salamander, 1949 im Lager Föhrenwald bei Wolfratshausen geboren, einem Camp für Überlebende des Holocausts, engagiert sich seit Jahrzehnten dafür, jüdisches Leben öffentlich zu machen. Als Literaturwissenschaftlerin und Publizistin, als Journalistin, Veranstalterin und Buchhändlerin. 1982 hat sie die "Literaturhandlung" in der Maxvorstadt eröffnet, mit Fokus auf Literatur zum Judentum. Inzwischen gibt es mehrere Filialen, etwa in Dachau und Berlin. Jüngst hat sich Salamander in einem Verein für die Rettung der alten Synagoge an der Reichenbachstraße stark gemacht. Etliche Preise, darunter 2009 das Bundesverdienstkreuz, ehren ihr Wirken.
Jutta Speidel
In 50 Jahren als Schauspielerin hat Jutta Speidel souverän mit den Gefühlen gespielt. Sie hat Fernsehzuschauer und Theatergäste schmunzeln, grübeln und schluchzen lassen, von ihrem ersten Auftritt 1969 als Komparsin in "Pepe der Paukerschreck" über ihre Nonnen-Rolle als Schwester Lotte in der ARD-Serie "Um Himmels Willen" bis zu ihren beliebten Boulevard-Gastspielen in der Komödie am Bayerischen Hof. Neulich aber wurde Speidel von ihren Gefühlen selbst überwältigt: Tränen der Rührung flossen, als sie im Domagkpark ihr zweites Horizont-Haus eröffnete. Mit ihrem Verein Horizont hat Speidel bereits 2300 wohnungslose Mütter und Kinder in ein selbstbestimmtes Leben begleitet, wofür sie mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Bayerischen Verdienstorden geehrt wurde.
Als sich Philipp Lahm im Mai 2017 vom FC Bayern verabschiedete, feierten ihn die Fans mit einer Choreografie in der Südkurve: "Vom Kind unserer Stadt zur Legende unseres Vereins". Kein Spieler dieses Vereins der vergangenen Jahre war münchnerischer als Lahm: In Gern aufgewachsen, bei der FT Gern Fußballer geworden, als Elfjähriger zum FC Bayern gegangen - und war nie woanders unter Vertrag gestanden. Mit diesem Titel um Titel geholt, als Krönung die Champions League. Inzwischen versucht sich Lahm, 35, als Unternehmer und Chef des Organisationskomitees der Europameisterschaft 2024, zugleich setzt er sein soziales Engagement fort, etwa mit der nach ihm benannten Stiftung für benachteiligte Kinder. Das ist alles nicht mehr ganz so auf München bezogen wie früher - aber beim FC Bayern wollte er als Manager nicht einsteigen, solange die Altvorderen dort von ihrer Macht nicht lassen.
Heinrich Traublinger
Fast 15 Jahre saß Heinrich Traublinger im Münchner Stadtrat und war im Anschluss 22 Jahre für die CSU Landtagsabgeordneter. Bekannt aber wurde der gelernte Bäckermeister vor allem als Handwerks-Funktionär. Landesinnungsmeister der Bäcker, Präsident der Handwerkskammer München und Oberbayern, Präsident des Bayerischen Handwerkstages - das sind nur die wichtigsten Titel, die Traublinger jahrelang führte, bis er 2014 - inzwischen über 70 Jahre alt - aus Altersgründen auf Ehrentitel umsteigen musste. Einen weiteren bekommt der leidenschaftliche Jäger und Rauhaardackelzüchter nun von seiner Heimatstadt verliehen.
Franz von Bayern
Die wenigsten Menschen, die ihm und seinem Dackel im Nymphenburger Schlosspark begegnen, dürften ahnen, welches Imperium Franz Herzog von Bayern verwaltet und welch bedeutende Rolle er im Kulturbetrieb spielt. Der Chef des Hauses Wittelsbach, der einstigen bayerischen Königsfamilie, ist ein Kunstexperte und Sammler moderner Malerei. Die Pinakothek der Moderne wäre ohne den Einsatz seines Hauses nicht denkbar, bilden doch die vielen Kunstwerke, die es dafür gestiftet hat, den Grundstock des Weltmuseums. Auch sozial ist Franz von Bayern engagiert. Lange leitete er den "Hilfsverein Nymphenburg", der viele Projekte in Osteuropa und in Afrika unterstützt. Seine Noblesse und Integrität, sein Kunstsinn und seine Großzügigkeit und nicht zuletzt seine unaufdringliche Autorität machen ihn zu einer anerkannten Instanz im Freistaat. So betrachtet, ist er vielleicht der bekannteste Unbekannte, der in Bayern etwas zu sagen hat und dabei viel Gutes bewirkt.