Landkreis Ebersberg:Versöhnliches Ende für die Einzelhändler

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Hinter den Einzelhändlern im Landkreis Ebersberg liegt ein turbulentes Jahr. Im Weihnachtsgeschäft wollen sie nun ausgefallene Umsätze nachholen.

Von Andreas Junkmann

Wenn Einzelhändler am Monatsanfang ihren Wandkalender umblättern und es taucht der Dezember auf, zaubert ihnen das in normalen Jahren ein Lächeln auf die Lippen. Das liegt nicht in erster Linie an der wundervoll verschneiten Winterlandschaft als Fotomotiv, sondern vielmehr daran, dass der Weihnachtsmonat einen saftigen Umsatz in der Kasse verspricht. Nun ist allerdings 2020 aus bekannten Gründen kein normales Jahr - und das bekommen auch die Einzelhändler im Landkreis Ebersberg zu spüren. Kurz vor Jahresende fällt deren Bilanz jedoch deutlich positiver aus, als man das in Pandemie-Zeiten annehmen möchte. Das hat unter anderem auch mit der geografischen Lage zu tun.

Im Augenoptik-Geschäft von Peter Schölzl in Grafing etwa ist von Corona wenig zu sehen, was nicht damit zusammenhängt, dass das Virus selbst mit der besten Brille unsichtbar ist. "Im Grunde ist es so, als wenn es Corona gar nicht gäbe", sagt Inhaber Schölzl. Er habe seit Ausbruch der Krise keine nennenswerten Umsatzeinbußen gehabt, im Gegenteil: "Das Geschäft läuft eigentlich wie immer." Der Optiker erklärt sich das einerseits mit der Branche an sich, andererseits aber auch mit dem Standort im Landkreis Ebersberg. Seine Kollegen mit Geschäften in den Fußgängerzonen der größeren Städte hätten es im Moment deutlich schwerer, denn dort seien eben nicht so viele Menschen unterwegs. Wer in Grafing hingegen einen Optiker aufsucht, der tut das gezielt - egal ob Pandemie oder nicht.

Peter Schölzl betreibt in Grafing nicht nur seinen eigenen Laden, sondern ist auch Vorsitzender des örtlichen Werberings und hat deshalb immer auch das Gesamte im Blick, wie er selbst sagt. Und dazu gehört, dass es auch Branchen gibt, die es in diesen Tagen deutlich schwerer haben. Zwar versuche der Werbering zu helfen, allerdings seien ihm auch Pandemie-bedingt etwas die Hände gebunden. So könne man im Moment nur schwer im Freien Werbung für die örtlichen Geschäfte machen, sagt Schölzl. Was bleibe, seien etwa Anzeigen, um die Leute auf die heimischen Betriebe aufmerksam zu machen.

Das funktioniert laut Schölzl in Grafing derzeit noch ganz gut. "Die Menschen schauen schon auf unsere Einzelhändler. Der eine mehr, der andere weniger." Unterm Strich gehe es darum, sich in diesen Tagen gegenseitig zu unterstützen. In Grafing sei man quasi "ein Kaufhaus ohne Dach", so der Werbering-Chef. Das gelte es auch für die Zeit nach der Pandemie zu bewahren. In dem Zusammenhang nimmt Schölzl allerdings nicht nur die Bürgerinnen und Bürger in die Pflicht, sondern auch die Vermieter. Von denen vermisse er zuweilen ein bisschen Solidarität, etwa wenn es darum geht, vorübergehend die Miete zu verringern. "Das ist schade, weil das ja nicht unbedingt der kleinste Posten ist."

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Wie es den jeweiligen Einzelhändlern geht, hängt Schölzl zufolge auch stark von der Branche ab. In der Nachbarstadt Ebersberg betreibt Petra Behounek ein offenbar recht krisensicheres Gewerbe: den Verkauf von Spielwaren. In ihrer Drachenstube habe sich am vorweihnachtlichen Andrang wenig geändert. "Eher das Einkaufsverhalten an sich ist ein anderes geworden", sagt Behounek. Während etwa die Nachfrage nach kleineren Wichtelgeschenke zurückgegangen sei, würden nun auch mal Kunden zu einem Brettspiel greifen, "die sonst weniger spielaffin sind", wie die Drachenstube-Chefin sagt.

Auch in Krisen-Zeiten habe sie jedenfalls keinen Grund zu jammern - was Petra Behounek ebenfalls auf die Lage im Landkreis zurückführt. Kunden würden hier deutlich gezielter einkaufen, als in den großen Städten. Spezielle Lock-Angebote brauche sie deshalb keine, wenngleich man es sich bei der Drachenstube auch in diesem Jahr nicht nehmen ließ, das Schaufenster weihnachtlich zu schmücken und die Ebersberger so auf den Laden aufmerksam zu machen. Auch habe man in diesem Monat eine Kooperation mit der städtischen Tafel gestartet, die beim Kauf von gewissen Artikeln mit einer Spende unterstützt wird. "Die Resonanz darauf war bisher sehr positiv", sagt Behounek.

Positives Feedback gibt es auch für die Bewohnerinnen und Bewohner in Poing - und zwar aus dem Munde der örtlichen Buchhändlerin Elke Knitter. "Ich kann der Bevölkerung nur ein großes Lob aussprechen, dass sie uns so gut unterstützt." Der Buchladen Poing im City-Center ist der Inhaberin zufolge trotz "kleinerer Blessuren" bisher sehr ordentlich durch die Krise gekommen. "Gerade im Sommer haben wir sehr viel Gutes erlebt", sagt Knitter und spielt auf die große Solidarität in der Bevölkerung an. Entsprechend zufrieden ist die Buchladen-Chefin nun auch mit dem Geschäft in der Vorweihnachtszeit, das trotz Pandemie sehr gut laufe. "Wir können uns nicht beschweren."

Einzelhandel umfasst aber nicht nur Gebrauchs- und Spielwaren, sondern auch Lebensmittel. Mit dem Zornedinger Unverpackt-Laden gibt es seit rund einem dreiviertel Jahr einen ganz speziellen Vertreter dieser Zunft - und zwar das erste Geschäft im Landkreis, das seine Produkte eben ohne Verpackung anbietet. Als wäre es nicht schon schwer genug, ein neues Konzept zu etablieren, mussten sich die Verantwortlichen quasi vom Eröffnungstag an mit der Corona-Krise herumschlagen. "Wir sind richtig ins kalte Wasser geworfen worden", sagt Mitarbeiterin Kristina Bellermann. Deshalb sei es auch nicht ganz leicht einzuschätzen, ob man denn bisher gut durch die Pandemie gekommen sei, "uns fehlt der Vergleich", so Bellermann.

In jedem Fall aber habe man sich mit der Situation inzwischen ganz gut arrangiert. So habe man die erforderlichen Hygienekonzepte - wie Einbahnstraßenregelung oder regelmäßig Desinfektion - allesamt umgesetzt, und die Kunden würden nach wie vor gerne im Laden einkaufen. "Deutlich bemerkbar", wie Kristina Bellermann sagt, macht sich allerdings der geschlossene Gastro-Bereich. Zwar biete man Essen zum Mitnehmen an, was auch gut angenommen werde, das Ausbleiben der Mittagskundschaft aus den umliegenden Firmen falle allerdings schon stark ins Gewicht.

Auch im Unverpackt-Laden setzt man deshalb auf die Solidarität der örtlichen Bevölkerung - und für die hat Bellermann auch noch einen vorweihnachtlichen Tipp parat: Die im Unverpackt-Laden angebotenen, selbst gebackenen Weihnachtsplätzchen würden auch zu Hause richtig lecker schmecken.

© SZ vom 07.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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