Heimatforschung im Landkreis:Geschichtenjäger gesucht

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Wenn er sprechen könnte, was für Geschichten würde dieser alte Traktor wohl erzählen? (Foto: Christian Endt)

Die VHS Vaterstetten hat Wissenswertes über den Ort in Audio-Form zusammengetragen. Nun sollen solche "Hörpfade" auch in weiteren Mitgliedsgemeinden entstehen.

Von Merlin Wassermann, Vaterstetten

Man hört Kufen, die über Eis schlittern, dazu die fernen Stimmen des Publikums und diejenige einer Moderatorin, die in ein offenkundig altes Mikrofon spricht. "Mit Spannung erwartet das Publikum die Entscheidung", sagt sie. Am Ende schafft es der Bob der deutschen Nationalmannschaft, eine Sekunde schneller als die Amerikaner sind die Rodler und damit Olympiasieger. Das war bei den Winterspielen 1952 in Oslo.

Der anachronistische Beitrag hingegen stammt aus dem Jahr 2023. Erstellt wurde er von Carmen Ick-Dietl, einer der insgesamt vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts "Hörpfade - Bayerische Regionen sprechen für sich" in Vaterstetten. Seit zehn Jahren entstehen im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Bayerischen Volkshochschulverband, dem Bayerischen Rundfunk und der "Stiftung Zuhören" Audio-Geschichten durch Heimat- und Podcast-Begeisterte. Mehr als 370 Orten in Bayern sind bereits auf einer " klingenden Landkarte" zu finden, seit diesem Jahr auch Vaterstetten.

Unter anderem kann man dort Ick-Dietls Geschichte zum Vaterstettener Bobfahrer Fritz Kuhn hören, der dank seiner 140 Kilo Körpergewicht dem deutschen Rodelteam 1952 zum Sieg verhalf. Seitdem, berichtet Ick-Dietl, gebe es eine Gewichtsbegrenzung für Fahrerinnen und Fahrer.

Die Vaterstettener Hörpfade führen zu Thorak, Allauch und Reitsberger

Die fünf weiteren Beiträge wurden von Herma Bianka, Rudolf Eppinger sowie Ursel Franz erstellt und behandeln sehr unterschiedliche Themen. So etwa das Thorak-Atelier, das 1938 von Albert Speer für den von den Nationalsozialisten gefeierten Bildhauer Josef Thorak errichtet wurde, dann unter anderem als Film-Set diente und heute zum Archäologischen Staatsarchiv in München gehört.

Darüber hinaus kann sich der interessierte Zuhörer über die Städtepartnerschaft zwischen Vaterstetten und dem südfranzösischen Städtchen Allauch informieren, die seit 1982 besteht und die der damalige Bürgermeister Martin Berger in einem Brief als "gemeinsames Haus" bezeichnete, das man "hegen und pflegen" müsse.

Recherche auf dem Reitsberger Hof: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen in dem Kurs, wie man einen Radio- oder Podcastbeitrag vorbereitet und richtig umsetzt. (Foto: Christian Endt)

Und schließlich gibt es auf dem Reitsberger Hof einiges auf die Ohren: das Grunzen von Schweinen, Lachen von Kindern und Knattern von Traktoren sorgt für stimmige Atmosphäre, während Hofeigentümer Georg Reitsberger Anekdoten über Kindergeburtstage und Traktoren-Schmähreime zum besten gibt.

Nächstes Frühjahr startet der nächste Kurs

Nun gibt es aber noch eine ganze Reihe von Orten im Einzugsgebiet der VHS Vaterstetten, deren Geschichten bislang unerzählt geblieben sind. Deswegen gehen in diesem Wintersemester die Hörpfade in die nächste Runde. Ab März 2024 sollen die Gemeinden Poing, Grasbrunn, Anzing, Pliening und Zorneding unter das Mikrofon gelegt werden.

All diejenigen, die sich für Geschichte und/oder Audiotechnik begeistern können, sind eingeladen, sich bis zum Februar nächsten Jahres bei der Volkshochschule Vaterstetten anzumelden. Die Teilnahme ist dank Förderung kostenfrei. Geleitet wird der Kurs von der Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Hörpfad-Referentin Alexandra Hessler. Sie wird den Teilnehmern beibringen, wie man als Radioreporter zeigen kann, was einen Ort und eine Region unverwechselbar macht.

Anmelden kann man sich ab sofort auf der Homepage der VHS Vaterstetten unter "Q0120: Hörpfade - Fortsetzung des Projekts". Wer also schon immer einmal selbst mit einem Mikrofon bewaffnet auf Geschichtenjagd gehen wollte, dem bietet sich hier die perfekte Gelegenheit.

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