Auszeichnung für Ökolandbaubetrieb:Goldprämierte Leberwurst

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Da liegt sie, die goldprämierte Leberwurst: Könige haben davon gekostet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sophie Schweisfurth, Enkelin des Firmengründers der Herrmannsdorfer Landwerkstätten und Geschäftsführerin, hat von der Bio-Königin Raphaela I. Lex eine Auszeichnung in Gold bekommen. Die "Feine Leberwurst" gehört jetzt zu Bayerns besten Bioprodukten.

Von Alexandra Leuthner, Glonn

Kein Hofknicks. Von niemandem. Ist auch gar nicht nötig. Die Königin überragt das Empfangskomitee, auch ohne dass irgendjemand einen Bückling machen müsste, so wie damals bei Charles, als alle in die Knie gingen - oder gehen sollten, laut Protokoll. Und da war er noch nicht mal König, sondern nur der Prinz of Wales, als er 2019 in Herrmannsdorf zu Besuch war. Sophie Schweisfurth erinnert sich noch gut daran, wie sie versucht hatte, alles richtig zu machen, und den umfangreichen Benimmvorgaben gemäß, inklusive der Beinverknotung, aus der dann mit einem eleganten Schwung die Verbeugung vor dem royalen Gast entstehen sollte. Mit einem Lachen und einem Schütteln ihrer roten Haarpracht macht sie es vor, als die Königin nun schon neben ihr steht und aus ihrer ganzen imposanten Höhe auf die Geschäftsführerin der Herrmannsdorfer Landwerkstätten herabsieht. "Und dann hat Charles selbst alles über den Haufen geworfen", erzählt Schweisfurth. Das sei ihr dann auch ganz recht gewesen, "zu viel Knigge."

Denkbar unkompliziert verläuft dagegen der Besuch der Königin, wie sie im Laden, der Metzgerei und überall auf dem Hof nur genannt wird. "Wann kommt sie denn nun?", so die Frage, die man wohl schon den ganzen Tag über gehört hat, unter einem wenig königlichen, schon gar nicht kaiserlichen Himmel, weshalb der Empfang kurzerhand aus dem Biergarten in die Gaststube verlegt worden ist. Und dann ist sie plötzlich da, Raphaela I. Lex. Ein bisschen zu spät, ein Unfall, der sie zu einem Umweg gezwungen habe, sagt sie entschuldigend. Und ganz ohne königliches Pathos.

Wenn der Nico am Kutter steht, dann passt alles, erfahren die Gäste

Die kleine Gesellschaft hat sich schon ein wenig verratscht beim Warten, der junge Metzger Nico Demleitner ein besonderes Lob von seinem Chef, Jürgen Körber, bekommen. Wenn der Nico am Kutter steht, dann passt alles, erfahren die Gäste, unter ihnen der Glonner Bürgermeister Josef Oswald. Da merkten die Stammkunden keinen Unterschied zwischen der Wurst von heute oder jener von vergangener Woche, erklärt Körber.

Obwohl in Herrmannsdorf alles Handarbeit ist, obwohl es keine industriellen Maschinen gibt, bei der die immergleichen Mengen an Fett und Fleisch voreingestellt sind, obwohl am Schlachttag alles ganz schnell gehen muss, weil in der Warmfleischmetzgerei die rasche Verarbeitung des Tieres das A und O ist. Nico Demleitner aus der Oberpfalz, seit Herbst vergangenen Jahres als Nachwuchsmetzger im Betrieb, ist genau dort, wo er hinwollte, stammt aus einer Familie von Metzgern, und führt den Beruf seines Vaters hier weiter. "Nachwuchsprobleme haben wir hier ohnehin nicht", versichert sein Chef.

Abgesehen von der traditionellen Handwerksarbeit, die in Herrmannsdorf in die Wurst - das Steak, den Schinken, die Salami, die Sülze, die Suppe - gesteckt wird, ist es aber natürlich auch die Qualität des verarbeiteten Fleisches, das dem Betrieb jene goldene Auszeichnung für die "Feine Leberwurst" einbrachte, die Raphaela I. im Gepäck hat. Die 27-Jährige ist Bio-Königin für zwei Jahre, gewählt von den vier großen Erzeugerverbänden, die in der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau (LVÖ) zusammengeschlossen sind: Bioland, Demeter, Naturland und Biokreis.

Die Metzger Nico Demleitner und Jürgen Körber sowie die Geschäftsführerin der Herrmannsdorfer Landwerkstätten Sophie Schweisfurth freuen sich über die Auszeichnung für die Herrmannsdorfer "Feine Leberwurst", überreicht von Bio-Königin Raphaela I. Lex (von links). (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vererbt werde der Titel also nicht, erklärt sie lächelnd, ein Zepter mit einem roten Blütenköpfchen in der Hand, eine Krone aus Getreidefrüchten auf dem Kopf, den Tisch mit der Leberwurst neben sich, geschmückt mit einer Schärpe, auf der "Bio-Königin" steht. Was trotz der phonetischen Ähnlichkeit des Wörtchens "Bio" nichts mit Bier zu tun hat, wenn auch Raphaela gerne vom Herrmannsdorfer Schweinsbräu probiert, das neben Wasser und Apfelsaft auf einem Tisch bereitsteht. Immerhin trägt das Bier das Schwein im Namen, und darum geht's ja schließlich.

Raphaela I., die mit bürgerlichem Nachnamen Lex heißt - ihr Vater Lorenz hat schon 1979 seine Landwirtschaft in Bockhorn in einen Biohof verwandelt und gehört damit zu den Pionieren ökologischer Bewirtschaftung in Bayern - saß mit in der Jury, die der Herrmannsdorfer Wurst das Prädikat in Gold verliehen hat. Damit gehört die "Feine Leberwurst" nun zu Bayerns besten Bioprodukten 2023. Die habe selbst nicht so genau gewusst, wie etwa die Bio-Wurst in der Warmschlachtverarbeitung entstehe, bevor sie sich damit auseinandergesetzt habe, gesteht die Königin. Auf dem väterlichen Betrieb der Bio-Königin im Erdinger Land, den sie gemeinsam mit ihrer Schwester Bernadette weiterführen wird, werden keine Schweine geschlachtet, sondern Saaten angebaut, Saatgut vermehrt und über Naturland verkauft. Die Reste der nicht verwertbaren Ackerfrüchte werden an die hofeigenen glücklichen Hühner verfüttert.

Aufgetischt: Die feine Leberwurst, Ökofleisch, ökologisch hergestellte Gewürze, keine Zusatzstoffe. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch zurück zur Leberwurst, die in der Herrmannsdorfer Gaststätte mit weniger "Ahh" und "Ohh", dafür aber mit genussvollen Kaugeräuschen von der kleinen Gesellschaft um Sophie Schweisfurth und die Bio-Königin verzehrt wird. "Für uns ist es wichtig, das Produkt so natürlich wie möglich zu lassen", erklärt Metzgermeister Jürgen Körber. Wenn das Fleisch der Schweine - montags und donnerstags, an den anderen Tagen sind Rinder, Lämmer und Kälber an der Reihe - frisch aus der Schlachtung komme und noch warm verarbeitet werde, spare man sich Zusatzstoffe wie Phosphat und Citrat, keine Askorbate, Emulgatoren oder Geschmacksverstärker wie Glutamat. Metzger Körber spricht von Lebensenergie, die noch in Muskeln, Fasern und Zellen des Tieres vorhanden ist, wenn es in die Wurst kommt, bevor die Totenstarre einsetzt. Wichtig nicht nur für den Geschmack, sondern für die Tiere, die bis zum allerletzten Atemzug im Kreise ihrer Artgenossen verbringen dürften und ohne jeglichen Stress vom Leben zum Tod gebracht würden.

Und was dann die goldprämierte Leberwurst angehe - Körber spitzt die Lippen -, komme dann noch ein bisschen weißer Pfeffer, Ingwer, Muskat und Kardamom in die vorbereitete Mischung aus Fett und Fleisch im Kutter - dem großen Behälter, in dem gemischt wird -, "und ein schöner Löffel voll Honig". Alles Bio natürlich.

Und sie sind diejenigen, die am Ende in der Wurst landen. Das Schöne ist, sie dürfen ein echtes Schweineleben führen, und wenn es dann vorbei ist, kriegen sie es gar nicht mit. (Foto: Christian Endt)

Ganz bewusst habe man sich diesmal mit der Leberwurst um die Auszeichnung beworben, erzählt Sophie Schweisfurth, "etwas, das jeder im Angebot hat" - abgesehen davon, dass sie eines ihrer Lieblingsprodukte sei. Der Erfolg, unter 50 eingesandten Proben die Nase vorn zu haben, gibt den Herrmannsdorfern Recht.

Und der royale Besuch natürlich auch, der von Bio-Königin Lex ebenso wie der vom heutigen König Charles III., der seit seinen frühen Prinzentagen als Verfechter der ökologischen Landwirtschaft gilt. Er hatte Herrmannsdorf vor vier Jahren mit bleibenden Eindrücken verlassen und eine Einladung zu einem Gegenbesuch auf seinem Landgut ausgesprochen.

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Von Johanna Feckl

Königin Lex ihrerseits verspricht zum Schluss weitere Besuche in Herrmannsdorf, vielleicht zum Erntedankfest im Herbst. Ihre Aufgabe ist es ja, das Handwerk und die Wirkungsweise ökologischer Betriebe noch bekannter zu machen, dafür gelte es, jede Gelegenheit zu nutzen. Nach ihrer Einschätzung zu einer Versöhnung zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft befragt, wie sie auch aktuell wieder beim Deutschen Bauerntag zum Thema geworden ist, wo Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir für eine ökologische Kehrtwende in der Landwirtschaft geworben hat, sagt Lex: "Ich glaube, man muss im Moment eher die Verbraucher vom Wert der ökologischen Landwirtschaft überzeugen und weniger die Landwirte."

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