Projekt in Ebersberg:Wohnen in Windrädern

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Wie sieht die Kreisstadt in 40 Jahren aus? Zu diesem Thema haben sich Ebersberger Geschichten überlegt, die 2061 spielen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Vier Jahrzehnte sind eine lange oder eine sehr kurze Zeitspanne, je nach Perspektive. Für die meisten Menschen etwa gut ein halbes Leben, für einen Stein dagegen eher ein Augenblickchen. Was beide miteinander verbindet, davon können einige Ebersberger eine Geschichte erzählen. Das ist keine Metapher, derzeit läuft in der Kreisstadt ein Projekt, das Geschichten aus der Zukunft sammelt, konkret aus dem Jahr 2061.

"Gemeinsam Zukunft machen", heißt die Aktion, die seit Mitte März läuft und bei der die Teilnehmer sich ausdenken sollen, wie sie ihre Stadt in 40 Jahren sehen. Dazu wurden mehrere Arbeitsgruppen gegründet, die sich seitdem - pandemiebedingt allerdings immer nur per Videokonferenz - mehrmals getroffen haben. Mit dabei sind Kerstin Gollner, Tanja Gronde, Georg Hengster, Quirin Lochmüller, Claudia Peter, Rike Petzold, Stefan Piontek, Annabel Schoppik und Julian Stock, die nun erste Ergebnisse aus den Erzählrunden präsentieren konnten.

Insgesamt elf Gruppen mit je vier bis sieben Teilnehmern gebe es derzeit, 15 Geschichten seien bereits fertig. Weitere sollen noch dazukommen auch weitere Teilnehmer seien jederzeit willkommen, erläutert Gollner, denn einen Zeitpunkt, wann das Projekt beendet werden soll, gebe es nicht. Interessant sei das Format auch für Schulklassen, sagt Gronde, bei ähnlichen Veranstaltungen habe sich gezeigt, dass es mit Kindern sehr gut funktioniere.

Wollen Ebersberg mit Geschichten fit für die Zukunft machen: Rike Petzold, Stefan Piontek, Tanja Gronde, Julian Stock, Kerstin Gollner, Georg Hengster, Quirin Lochmüller, Claudia Peter und Annabel Schoppik (von links). (Foto: Christian Endt)

Dies sei auch bei den derzeit aktiven Gruppen der Fall, die Vielfalt der entstandenen Geschichten sei bemerkenswert, finden die Teilnehmer. Allerdings gab es bisher eher einen Fokus auf die optimistischen Zukunftsaussichten, düstere Visionen wurden zwar auch erzählt, blieben aber in der Minderheit. Einige Erzählungen widmen sich der Zukunft mit Humor und Ironie, es gebe auch "total durchgeknallte" Szenarien, sagt Gronde, ohne zu viel von den Inhalten preisgeben zu wollen. Denn dies soll am Samstag auf einer Veranstaltung passieren, die sich Festival der Zukünfte nennt.

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Ein bisschen sei doch vorab verraten, so spielt in einer der Geschichten eben ein großer Stein die Hauptrolle. In einer anderen gibt es Wohnungen in Windrädern, eine wieder andere beschreibt einen großen Biergarten auf dem Marienplatz - wie die Ebersberger der Zukunft das geschafft haben, bleibt aber bis auf weiteres ihr Geheimnis.

Viele der Geschichten thematisierten außerdem - wie jene mit der Windradwohnung und dem verkehrsberuhigten Marktplatz - die Entwicklung von Problemen der Gegenwart. Klimawandel, Landwirtschaft und Wohnen beispielsweise kämen in unterschiedlichen Geschichten vor. Auch um die Frage, wie es mit der Integration von Zuwanderern weitergeht machten sich die Autorengruppen Gedanken und darüber, ob in der Zukunft immer noch Menschen auf der Flucht eine neue Heimat suchten.

Diese Ebene des Erzählens führt zur eigentlichen Aufgabe, welche das Projekt "gemeinsam Zukunft machen" leisten soll: Es geht um mehr Bürgerbeteiligung, beziehungsweise eine andere Art davon. Die Idee dahinter sei, über das Geschichtenerzählen auf Dinge zu kommen, die man in der Stadt umsetzen möchte - oder auch, was man im eigenen Ort auf gar keinen Fall möchte. Daraus könnten sich dann idealerweise konkrete Vorhaben ergeben.

Die Umsetzung könnte ebenfalls über die nun zusammenkommenden Gruppen passieren, so könnten Initiativen gegründet werden, die sich für einzelne Projekte in der Stadt einsetzen. Ansprechen wollen die Initiatoren von "gemeinsam Zukunft machen" dabei auch und besonders Leute abseits der üblichen Strukturen. Also Personen, die vielleicht in keiner politischen Partei oder keinem Verein sind, sich trotzdem aber für die Entwicklung ihrer Stadt interessieren und diese mitgestalten wollen.

Das "Festival der Zukünfte" findet am Samstag, 12. Juni, von 16 bis 19 Uhr als kostenlose Online-Veranstaltung statt. Mehr Informationen zum Programm und Anmeldemöglichkeit auf https://www.gemeinsam-zukunft-machen.de/

© SZ vom 09.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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