SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 29:"Intensivpflege ist Technikpflege"

Lesezeit: 2 min

Um in der Kreisklinik Leben zu retten, muss Julia Rettenberger rund 30 Geräte bedienen können.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Es gibt dieses Bild von uns Pflegekräften: Wir verrichten einen Dienst am Menschen, unser Job besteht aus Assistenzarbeiten für die Ärzteschaft, uns stellt man sich als empathische und aufopferungsbereite Frauen und Männer vor. Das mag freilich einen wahren Kern treffen. Aber es ist eben längst nicht alles. Denn vor allem die Intensivpflege ist an außerordentlich viele technische Gerätschaften gekoppelt, dementsprechend verfügen wir alle über ein enormes technisches Know-how. Intensivpflege ist Technikpflege, denn unsere Patienten sind fast alle auf Geräte angewiesen, die sie am Leben erhalten.

Auf der Intensivstation hat Pflegerin Julia Rettenberger viel mit Technik zu tun, zum Beispiel bei der Überwachung von Beatmungsmonitoren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wenn ich die Gerätschaften durchzähle, die ich bei meiner Arbeit regelmäßig nutze, dann komme ich auf um die 30 Stück. Von Beatmungsgeräten und Infusionspumpen, über Dialysemaschinen und Blutgasgeräten bis hin zu Überwachungsmonitoren und Ohrthermometern. Jedes Gerät muss auf eine andere Art und Weise bedient werden und gibt unterschiedliche Töne ab - die spezifische Akustik sofort richtig interpretieren zu können und dementsprechend zu reagieren, ist extrem wichtig. Welche Maschine ist mit welchen anderen Geräten kompatibel? Was bewirkt diese oder jene Veränderung an der Apparatur dann beim Patienten? Wie lange dürfen gewisse Materialien am Gerät verwendet werden?

Für jedes Gerät müssen wir Pflegekräfte eine Einweisung durchlaufen - selbst beim Ohrthermometer. Das hat auch rechtliche Gründe. Und es gibt Dokumentationen zu den einzelnen Apparaten, wo zum Beispiel Wechselintervalle bestimmter Materialien festgehalten sind oder andere Bedienhilfen. Wir haben auch Gerätebeauftragte auf der Station, die Experten für unterschiedliche Maschinen sind und ihr Wissen als Multiplikatoren an uns übrige Pflegekräfte weitergeben, sollten wir Fragen haben, weil wir beispielsweise dieses oder jenes Instrument nur recht selten benutzen. Denn in solchen Fällen hat man freilich nicht immer alles Wissen sofort parat. Letztlich muss das meiste Know-how aber trotzdem ständig abrufbar sein.

Julia Rettenberger arbeitet als Intensivfachpflegekraft in der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach meiner Ausbildung war mir nicht klar, wie viel Technik in meinem künftigen Job auf der Intensivstation eine Rolle spielen wird. Tatsächlich habe ich bis zu diesem Zeitpunkt auf der Normalstation nur einen Bruchteil der Geräte verwendet, die ich mittlerweile bedienen kann und dies auch regelmäßig tue. Und von Zeit zu Zeit kommen weitere neue Dinge hinzu oder alte Gerätschaften werden durch solche mit einer besseren Technik ersetzt. Ich bin immer wieder erstaunt, was ich eigentlich alles bedienen kann.

Im extremen Kontrast zu den Gerätschaften, die ich bei meiner Arbeit auf der Intensivstation nutze, steht übrigens meine private technische Ausstattung. Denn mein Technikbesitz zu Hause fällt nämlich nicht unbedingt üppig aus. Da gibt es keine 30 Geräte, sondern drei: Handy, Laptop und Fernseher.

Julia Rettenberger ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 28-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte finden Sie unter sueddeutsche.de/thema/Auf_Station .

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