Öffentlicher Nahverkehr:S-Bahnen im Landkreis sind besonders oft zu spät

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Die S2 - hier in Markt Schwaben - gehört zu den besonders unpünktlichen Linien. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat die Pünktlichkeitsstatistiken der S-Bahnen im ersten Halbjahr 2023 veröffentlicht. S6, S4 und S2 schneiden dabei besonders schlecht ab. Auch was Zugausfälle angeht, dominieren die S-Bahnen im Landkreis Ebersberg.

Von Pia Hitzer, Ebersberg

"Die S6 Richtung Ebersberg hat heute circa zehn Minuten Verspätung." Wer diesen Satz noch nicht in- und auswendig kennt, ist im vergangenen Jahr nicht allzu oft mit der S-Bahn Richtung Ebersberg unterwegs gewesen. Dass S6, S4 und S2, überdurchschnittlich oft zu spät kamen, belegen nun auch die Zahlen der Bayerischen Eisenbahn­ge­sell­schaft (BEG).

Insgesamt liegt die Pünktlichkeit der Züge im S-Bahn-Netz München bei 91,9 Prozent. Das ist zwar deutlich besser als die Pünktlichkeitsquote im Jahr 2022, welche bei 88,1 Prozent lag, aber dennoch weit entfernt von Pünktlichkeit. Denn konkret sagt die Quote von 91,9 Prozent aus, dass einer von zwölf Zügen Verspätung hatte. Die Linien, welche den Landkreis bedienen, schneiden noch schlechter ab. Demnach waren im ersten Halbjahr 2023 nur 90 Prozent der Züge auf dem Ostast der S4/S6 pünktlich, auf dem Ostast der S2 liegt die Pünktlichkeit sogar nur bei 89,9 Prozent. Damit liegen beide Linien durch den Landkreis Ebersberg am untersten Ende der Pünktlichkeitsskala.

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Gemessen wird die Pünktlichkeit nicht von der BEG selbst, sondern der DB InfraGo, welche an bestimmten Messstellen die Zugnummern erfasst, um daran die Verspätungen auszumachen. Diese Messstellen befinden sich allerdings nicht an den Endhaltestellen der jeweiligen Linien, sondern an der Station Haar, was S6 und S4 angeht, und in Feldkirchen, wenn man die S2 betrachtet. So soll laut BEG sichergestellt werden, dass auch Züge, die planmäßig nicht bis zur Endhaltestelle fahren, nach ihrer Pünktlichkeit überprüft werden. Dies führt aber auch dazu, dass Verspätungen, welche im späteren Verlauf der Strecke aufkommen, nicht erfasst werden. Gerade bei der Haltestelle Grafing-Bahnhof fallen diese, wie jeder Passagier weiß, aber immer wieder an. Die von der DB InfraGo erhobenen Daten, ob sie nun alle real anfallenden Verspätungen abbilden, oder nicht, werden dann ausgewertet und als Statistiken an die Eisenbahngesellschaft weitergegeben.

Diese Statistiken für das erste Halbjahr 2023 hat die BEG jetzt auf ihrer Webseite veröffentlicht, mit einem klaren Muster: Die S2 Richtung Erding, sowie der Ostast der S4 und S6 sind in allen sechs Monaten entweder alle, oder nur einzeln auf dem Siegerpodest der unpünktlichsten Linien. Auf beiden Strecken waren die Züge in keinem Monat mehr als 92,4 Prozent pünktlich. Niedrigste Werte erreichte die S2 im Juni mit nur 87,5 Prozent Pünktlichkeit. Die S4 und S6 waren im März mit 87,3 Prozent am unpünktlichsten. Übertragen bedeutet das, dass jeder achte Zug in diesem Monat auf dieser Strecke verspätet war. Betrachtet man die gesamte Statistik für das erste Halbjahr 2023, ist nur ein Messwert noch schlechter. Dieser liegt bei 86,7 Prozent Pünktlichkeit und wurde im Juni auf dem Westast der S7 erfasst. Doch weshalb sind die S-Bahnen im Landkreis so unpünktlich?

Rückstaus und Folgeverzögerungen sind die Hauptverspätungsursachen

Die BEG unterscheidet zwischen primären und sekundären Verspätungsursachen. Wobei anscheinend vor allem die sekundären, also "Verspätungsfälle, die keinem direkten Ereignis zuordenbar sind, da diese im Laufe der Weiterfahrt entstehen" verantwortlich sein sollen für die Verspätungen. Gemeint sind damit Rückstaus und Folgeverzögerungen. Im gesamten Bahnnetz sollen diese laut BEG mehr als 70 Prozent der Verspätungen verursacht haben. Auch im Landkreis seien sie ein Hauptverursacher, heißt es. Betrachtet man die Strecke zwischen Grafing-Bahnhof und Ebersberg ist dies kein Wunder, schließlich sorgt die Eingleisigkeit dort schon lange für Wartezeiten.

Primäre Verspätungsursachen, also "Ursachen, die einem direkten Ereignis zugeordnet werden können", wie beispielsweise ein Baum im Gleisbett, sind laut der BEG nicht so erheblich. Betrachtet man diese dennoch genauer, sorgten im ersten Halbjahr 2023, laut der BEG vor allem Infrastrukturstörungen, insbesondere Störungen der Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik für zu späte Züge auf dem Ostast der S2. Auch bei der S6 waren das laut BEG die häufigsten primären Verspätungsgründe, gefolgt von Fremdeinwirkung und Haltezeitüberschreitungen.

Jeder 19. Zug im Raum München fiel im ersten Halbjahr 2023 aus - zusammen mit der S2 betraf das am häufigsten die S6. (Foto: Barbara Mooser/oh)

Doch nicht nur Pünktlichkeit beziehungsweise Unpünktlichkeit überprüft die BEG, auch die Zahl der Zugausfälle wird von ihr erfasst und veröffentlicht. Auch hier ist der Landkreis Ebersberg Spitzenreiter. In allen sechs Monaten verzeichnete entweder die S2 oder die S6 die meisten Zugausfälle. Eine Ausnahme stellt der Februar 2023 dar, da belegt die S4 nur Platz zwei, gefolgt von der S6 auf dem dritten Platz. Im gesamten S-Bahn-Netz liegt die Ausfallquote bei 5,2 Prozent. Das bedeutet, dass im ersten Halbjahr 2023 etwa jeder neunzehnte Zug im Raum München ausfiel.

Unterteilt man den 5,2-Prozent-Balken, entfallen alleine 2,4 Prozent auf die Linien S2, S4 und S6. Letztere verzeichnete im März sogar die höchste Ausfallquote überhaupt im ersten Halbjahr 2023. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass auch frühzeitige Zugwendungen, wie sie bei Grafing Bahnhof oft vorkommen, als Teilausfall gewertet werden und in die Statistik einfließen.

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Glosse von Michaela Pelz

Konsequenzen für verspätete oder ausgefallene Züge müssen die jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen tragen. Die BEG ist alleine für die Planung, Finanzierung und Kontrolle des Schienenper­so­nen­nah­verkehrs (SPNV) da. Sie legt im Auftrag des Freistaates Bayern fest, auf welchen Strecken Regionalzüge und S-Bahnen in welchem Takt und mit welcher Kapazität fahren. Diese Verkehrsleistungen schreibt die BEG dann aus und vergibt sie an das Eisenbahn­ver­kehrs­un­ter­nehmen mit dem wirtschaft­lichsten Angebot. So definiert die Gesellschaft selbst ihre Aufgabe.

Kommt ein Zug zu oft zu spät, verhängt die BEG Geldstrafen gegen das betreffende Verkehrsunternehmen. Dabei gilt ein Zug nach drei Minuten als verspätet. Auch beim Entfallen eines Zuges wird das Verkehrsunternehmen finanziell bestraft. Konkret fällt dann das sogenannte Bestellerentgelt weg, welches laut BEG rund 50 Prozent der Einnahmen der Eisenbahnverkehrsunternehmen ausmacht. Um wie viel Geld es sich bei beiden Geldstrafen allerdings genau handelt und wie oft diese konkret eingefordert werden, beantwortet die BEG auf Nachfrage nicht.

Die Daten für das gesamte Jahr 2023 wird die BEG voraussichtlich Anfang März veröffentlichen. Ob die Bahnen, welche den Landkreis bedienen, dort besser abschneiden, bleibt abzuwarten, am besten mit einem warmen Tee in der Hand, am Bahnsteig, weil der Zug mal wieder nicht im Zeitplan liegt.

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