Corona-Notfallplan:Kliniken bereiten sich für Worst-Case-Szenario vor

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Die aktuelle Lage in den Kliniken ist verhältnismäßig überschaubar - nicht so wie im vergangenen Dezember, als wie hier auf der Ebersberger Intensivstation auch mal um die zehn Covid-Patienten versorgt wurden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Rettungszweckverband Erding-Ebersberg-Freising hat einen Plan entworfen, durch den bei steigenden Corona-Patientenzahlen die Notaufnahmen entlastet werden können. Aktuell muss eine solche Notfalllösung aber nicht ins Auge gefasst werden.

Von Johanna Feckl, Ebersberg/Erding/Freising

Die Corona-Fallzahlen im Rettungszweckverband Erding-Ebersberg-Freising bewegten sich im Februar in einem stabilen Bereich. So meldete das Ebersberger Landratsamt am Montagmorgen 21 Patientinnen und Patienten, die mit einer Covid-Infektion in der Ebersberger Kreisklinik behandelt werden, drei davon auf der Intensivstation. Im Erdinger Klinikum waren es 18 Patienten, zwei davon auf der Intensivstation, und in Freising belief sich die Zahl auf 22, wovon ebenfalls zwei intensiv versorgt wurden. Ruft man sich den vergangenen Dezember in Erinnerung, als die Fallzahlen gut doppelt so hoch waren, scheint eines klar: Die aktuelle Lage in den Kliniken ist beherrschbar, die Versorgung aller Patienten gewährleistet. Aber: "Corona hat uns schon oft überrascht", sagt Peter Lemberger, stellvertretender Krankenhauskoordinator im Rettungsdienstbereich der drei Landkreise und Pandemiebeauftragter in der Ebersberger Kreisklinik. Es wäre nicht das erste Mal, dass Fallzahlen sprungartig ansteigen. Und was dann?

Der Zweckverband ist gewappnet, um die Notfallversorgung in den drei Landkreisen auch in einem solchen Fall weiterhin zu gewährleisten, wie der Krankenhauskoordinator der Kliniken Rainald Kaube klar macht. Denn in der Führungsgruppe Katastrophenschutz Erding wurde auf Initiative von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) hin ein zweistufiger Notfallplan entwickelt. Sollte die Zahl der Corona-Patienten drastisch zunehmen - ein Worst-Case-Szenario, dann würde er aktiviert werden. Angesichts der derzeitigen Lage in den Kliniken müsse diese Notfalllösung aktuell nicht ins Auge gefasst werden, das betonen Claudia Fiebrandt-Kirmeyer von der Pressestelle des Erdinger Landratsamts sowie der stellvertretender Krankenhauskoordinator Lemberger. "Aber wenn alle Stricke reißen, dann haben wir hier eine hoffentlich starke Notfalloption", sagt Lemberger.

Peter Lemberger, Chefarzt für Anästhesie im Klinikum Ebersberg, wirbt dafür, sich einfach zu trauen, wenn es um Leben und Tod geht. (Foto: Kreisklinik Ebersberg)

Und die sieht folgendermaßen aus, wie die Pressestelle des Erdinger Landratsamts mitteilt: Sollte im Bereich der Zentralen Notaufnahmen die Belastung deutlich zunehmen, tritt die erste Stufe des Projekts in Kraft. Dieser Schritt beinhaltet, dass jede der drei Kreiskliniken eine eigene Infekt-Notaufnahme (INA) mit eigenem Personal etabliert, die räumlich getrennt von den normalen Notaufnahmen sind. Dort sollen Patienten aufgenommen und behandelt werden, die Corona-infiziert sind oder bei denen der Verdacht auf eine Infektion besteht, deren Zustand aber nicht lebensbedrohlich ist. Diese Patienten werden auch weiterhin in den normalen Notaufnahmen betreut und zwar unabhängig ihres Infektionsstatus. Ein solches Verfahren gab es zeitweise am Erdinger Klinikum im Frühjahr 2021 bereits.

Wenn in mindestens zwei der Kliniken die INAs komplett überlastet sind, dann würde die zweite Stufe des Notfallplans beginnen - die Etablierung der Zentralen Infekt-Notaufnahme (ZINA). In diesem Fall würden nicht vital bedrohte Patientinnen und Patienten aus allen drei Landkreisen mit einer Corona-Infektion und jene mit einem Verdacht auf eine solche, die per Rettungswagen in eine Klinik gebracht werden müssen, an eine zentrale Aufnahmestelle transportiert, die ZINA. Da das Klinikum Erding mittig der drei Landkreise gelegen ist, würde sich dieser Standort strategisch am besten eignen.

Mit Hilfe einer Modulbaulösung, die innerhalb von wenigen Tagen einsatzbereit ist, könnten dort Patienten bis zu 24 Stunden sicher und kompetent versorgt werden. Für die Versorgung verantwortlich wären Teams aus qualifizierten Kräften, die aktuell in keinem der regulären Klinikbetriebe eingebunden sind - also zusätzliches Personal. In einem nächsten Schritt würden die betroffenen Patienten dann gegebenenfalls in den regulären Betrieb einer der drei Kliniken aufgenommen werden. Vital bedrohte Patienten kommen wie in der ersten Stufe des Notfallplans unabhängig ihres Infektionsstatus in die nächstgelegene Klinik.

"Wir versprechen uns von diesem Konzept zum einen eine Entlastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Notaufnahmen, insbesondere aber eine schnellere Versorgung für alle vital bedrohten Notfall-Patientinnen und -Patienten", sagt Rainald Kaube. Skepsis am Nutzen dieser Möglichkeit gab es zunächst durchaus, wie dessen Stellvertreter Peter Lemberger sagt. "Der Plan würde zusätzliche Transportkapazitäten binden." Denn ein Patient aus Kirchseeon im Landkreis Ebersberg, der die Kriterien erfüllt, würde zunächst in die Erdinger ZINA gebracht werden, danach wieder zurück in den Nachbarlandkreis in die Ebersberger Kreisklinik. Aber, sagt Lemberger nun weiter, es sei eine Notfalllösung für eine absolut katastrophale Situation - und in einem solchen Fall gebe es kein perfektes Konzept ohne kleinere Abstriche.

Bei dem Plan handelt es sich um Vor-Überlegungen, wie es von Seiten des Erdinger Landratsamts heißt. Krankenhauskoordinator Kaube befinde sich zu dieser Thematik in ständigem Austausch mit den Pandemiebeauftragten der drei Kreiskliniken. Finale Entscheidungen über die genaue Umsetzung, die Logistik und die Kosten seien noch nicht getroffen worden.

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