Dieser Tage sieht man sie wieder auf den Autobahnen: Fast wie eine Karawane ziehen die Wohnmobile auf der rechten Spur dahin - und es sind keineswegs nur Holländer, die sich auf dem alljährlichen Weg in den Campingurlaub befinden. Seit Corona, das ist längst klar, sind Reisen mit dem Wohnmobil auch in Deutschland der absolute Trend. Dachau hat das schon vor einiger Zeit erkannt: Wohnmobilstellplätze wären "Wirtschaftsförderung für die Stadt", sagte die dortige Tourismusreferentin Sabine Geißler erst im April. Seither bemüht man sich in Dachau eine Fläche zu finden - doch bislang vergebens. Eine neu herzurichten, würde die Stadt, die unter anderem durch Corona in eine finanzielle Schieflage geraten ist, zu sehr belasten. Der Parkplatz vor dem alten Hallenbad ist zwar noch im Gespräch, doch es gibt Einwände. In dieser Situation prescht Karlsfeld jetzt nach vorne: "Mit minimalem Aufwand könnten wir einen zur Verfügung stellen", sagt Adrian Heim (Bündnis) in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Sein Vorschlag: An der Hochstraße zwischen Flüchtlingsunterkunft und Dachdeckerbetrieb könnte man einen Stellplatz für Wohnmobile einrichten. Die Verwaltung soll das nun prüfen.
"Der Platz wird derzeit nur während des Siedlerfests als Parkplatz benötigt", begründet Heim seine Idee, die er in einem entsprechenden Antrag niedergeschrieben hat. "Die Nähe zum See, zu gastronomischen Angeboten und zu Einkaufsmöglichkeiten wären für Wohnmobiltouristen ideal, die gerne außerhalb eines Campingplatzes eine Nacht verbringen wollen." Heim ist sich auch sicher, dass genügend Feriengäste kommen würden, schließlich gäbe es in der Nähe genügend Attraktionen - nicht zuletzt die KZ-Gedenkstätte, zu der Besucher aus aller Welt strömten.
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Trotzdem schlug Heim einige Skepsis entgegen. "Es ist eine feine Sache, aber auch eine freiwillige Leistung und die können wir uns momentan nicht leisten", erinnerte Beate Full (SPD) an die schwierige Haushaltslage der Gemeinde. Wenn dann müsste sich der Wohnmobilstellplatz schon selbst tragen, sagte sie. Auch Bernd Wanka (CSU) hatte erhebliche Bedenken, ob die Gemeinde einen solchen Stellplatz "kostenneutral organisiert kriegt". Ursula Weber (CSU) sah erst gar nicht die Notwendigkeit für Karlsfeld: "Wir sind kein touristisch geprägter Ort", sagte sie. Thomas Nuber (Grüne) meinte zwar, man solle jede Möglichkeit nutzen, damit sich die Einkommenssituation der Gemeinde verbessere, aber auch er gab zu bedenken, dass die Feriengäste nicht kämen, um in Karlsfeld Geld auszugeben, denn "wir sind kein touristischer Anziehungspunkt. Die Leute wollen München besuchen". Anton Flügel (Freie Wähler) sah das anders: Der Karlsfelder See und die Einkaufsmöglichkeiten seien durchaus attraktiv. Im übrigen liege man zwischen München und Dachau sehr zentral. Die Gemeinde würde ein solcher Wohnmobilstellplatz lediglich ein paar Schilder kosten. Andererseits hätte sie den Vorteil, auf der Homepage zu erscheinen, die Camper sich anschauten und nachdem der Urlaub im Wohnwagen derzeit boomt, könne man durchaus Feriengäste anlocken. "Wenn man überlegt, wie man Karlsfeld aufwerten kann, ist das sicher ein Weg", sagte er.
Heim erinnerte daran, dass sich die West Allianz, ein interkommunaler Verbund dem auch Karlsfeld angehört, schon seit längerem um Tourismus bemüht. "Insofern ist es nicht abwegig sich darum zu kümmern." Er erwarte nicht, dass der Wohnwagenstellplatz im Herbst eröffne. Das Ergebnis einer Prüfung könne auch sein, dass das Projekt erst in zwei oder drei Jahren umsetzbar sei, aber "dann wissen wir, ob es einen Weg gibt". Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU), der selbst auf diesen Trend aufgesprungen ist, wusste bereits aus eigener Erfahrung: "Der Bedarf ist grundsätzlich da." Die Frage sei nur, was man sich leisten wolle. Es gebe Plätze, die sogar kontrolliert würden, bei anderen werde lediglich abkassiert. Die Rahmenbedingungen müsse man diskutieren, so der Rathauschef.
Gemeinderat Flügel regte an, dass die Verwaltung bei ihrer Prüfung auch andere Flecken in der Gemeinde unter die Lupe nehmen solle, die für so einen Stellplatz sinnvoll seien. Zwei Gemeinderäte stimmten gegen die Untersuchung.