Coronavirus:Der Tatendrang ist dahin

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Seit diesem Montag hat neben der Drive-through-Station in Karlsfeld auch das Dachauer Impfzentrum wieder geöffnet. (Foto: N.P.JØRGENSEN)

Einst Impf-Vorreiter, jetzt knapp unterm bundesweiten Durchschnitt: Der Landkreis Dachau kann wie alle anderen nicht sorglos auf den Corona-Winter blicken. Auch wenn die Verantwortlichen Optimismus verbreiten

Kommentar von Joshua Beer

Fans der britischen Fantasy-Serie "Game of Thrones" fühlen sich zurzeit womöglich an ein geflügeltes Wort erinnert: "Winter is coming" ("Der Winter kommt"). In Westeros kommt er so sicher wie in Deutschland und auch hier blickt niemand so richtig euphorisch darauf. Dabei naht er jetzt zum zweiten Mal, der Corona-Winter. Der erste sitzt noch drohend im Gedächtnis oder sollte es zumindest tun. Die kalten Monate stimmen einen eher sorgenvoll. Die Zahlen steigen, der Impfwille aber nicht. Die Quote reicht nicht für Herdenimmunität. Auch nicht in Dachau. Und es stellt sich die Frage: Wo ist der Tatendrang des einstigen Vorreiter-Landkreises?

Der Landkreis Dachau gehörte deutschlandweit zu den ersten, die noch im Dezember 2020 mit dem Impfen begannen. Landrat Stefan Löwl (CSU) machte sich persönlich stark, frühzeitig Impfdosen einzukaufen. Noch im Januar attestierte man Dachau eine besonders hohe Impfbereitschaft. Die scheint versiegt zu sein: Mit 66,2 Prozent abgeschlossenen Zweitimpfungen liegt Dachau heute knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt. Trotzdem verbreiten die Verantwortlichen im Landkreis Zuversicht, die Kapazitäten seien da und ausreichend, heißt es. Doch worauf stützt sich dieser Optimismus? Zwar sind die Voraussetzungen im Vergleich zu November 2020 andere und auch bessere; inzwischen sind Test- und Impfstrukturen aufgebaut. Doch wenn der vergangene Winter eines gelehrt hat, dann dass er durch Corona unwägbar ist - auch dieses Jahr.

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Es lauern Grippewellen, die ersten Anzeichen sind schon da. Und sollte Corona die Krankenhausbetten wieder befüllen sowie die Hausärzte überlasten, kann es zu verheerenden Kettenreaktionen kommen. Konkret: Die Behandlung anderer Erkrankungen kann auf der Strecke bleiben. In der Amper-Klinik liegt ein Covid-19 Patient derzeit im Durchschnitt 11,8 Tage lang. Wenn mehr Menschen mit schweren Verläufen hinzukommen, steigt die Zeit, in der sie Betten belegen. Intensivpatienten sind Studien zufolge im Schnitt zwei Wochen in Behandlung. Dies sind alles keine neuen Erkenntnisse. Hinzu kommt der Wegfall kostenloser Tests: Es mehren sich Hausärzte im Landkreis, die unter Druck geraten, weil immer mehr Leute bei ihnen einen Abstrich machen wollen. Hier lassen auch lokale Verantwortliche durchblitzen: Es könnte am Ende doch "eng werden".

Der Winter naht und auch der Landkreis ist nicht optimal auf seine Tücken vorbereitet. Die betonte Zuversicht sollte nicht zur Folge haben, ihn nicht ernstzunehmen. Dabei gibt es ja ein Mittel, um den Winter einigermaßen zu beherrschen: die Impfung. Der Appell ist klar.

© SZ vom 03.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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