Dachauer Kulturausschuss:Absage an Alternativen für Volksfest

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Das Dachauer Volksfest wird 2020 definitiv ausfallen. Weder wird es ein Drive-in-Bierzelt geben noch eine Mini-Wiesn. Die Mitglieder des Kulturausschuss sprechen sich gegen die Vorschläge von ÜB/FDP und AfD aus.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Obgsogt is und zwar endgültig. Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wird das Dachauer Volksfest im Jahr 2020 ersatzlos ausfallen. Weder wird heuer ein "Volksfest to go", bei dem die Besucher mit dem Auto durch das Bierzelt gefahren wären, über die Bühne gehen noch eine verkleinerte Dachauer Wiesn. Die Mitglieder des Kulturausschusses haben mit großer Mehrheit allen vorgeschlagenen Alternativen zum Dachauer Volksfest eine Absage erteilt. Volksfestreferent Robert Gasteiger (FWD) sagte in der Ausschusssitzung, es sei schlimm, dass das Volksfest heuer ausfallen müsse. "Aber vielleicht wird es dafür dann nächstes Jahr umso schöner."

Die Stadt sagte das Dachauer Volksfest, das zum ersten Mal 1887 stattfand, bereits im April wegen der Corona-Pandemie ab. Daraufhin entwarfen Parteien und Schausteller mehrere Konzepte, um das 94. Volksfest doch noch irgendwie zu retten. Die ÜB/FDP-Fraktion etwa schlug ein "Volksfest to go" vor, um den Schaustellern unter die Arme zu greifen. Ähnlich wie bei einem Drive in von Fastfood-Ketten wären die Besucher mit ihren Autos ins Bierzelt gefahren. Am Eingang hätten sie ihre Bestellung aufgegeben, am Ende hätten sie Grillhendl oder Lebkuchenherzen von Personal in Dirndl und Lederhosen erhalten. Ein Konzept, das etwa die Stadt Landshut mit ihrer "Drive-in-Dult" umsetzte, auch in Erding kam ein solches "Volksfest to go" gut an.

Doch sowohl Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) als auch Referent Gasteiger sprachen sich nun erneut gegen die Idee aus, ein Auto-Volksfest auf der Thoma-Wiese zu veranstalten. "Das ist keine besonders gute Klimabilanz", sagte Gasteiger.

Das entscheidende Problem ist laut ihm aber, dass die Stadt sowohl bei einem Drive-in-Volksfest als auch bei einer kleineren Variante des Volksfestes, wie von der AfD vorgeschlagen, alle der rund 80 Schausteller einladen müsste. "Das geht fast nicht." Schließlich müsste man den ganzen Platz bestücken und alle Schausteller nehmen. "Sonst haben wir 100 000 Klagen am Hals."

Schaustellersprecher Paul Tille sagte auf Nachfrage dazu, dieses Argument sei "Blödsinn". Man hätte alles regeln können, wenn die Stadt auf den Bayerischen Landesverband der Marktkaufleute und Schausteller zugegangen wäre. Tille ist dem Oberbürgermeister dennoch dankbar, dass Schausteller nun jeweils zwei Verkaufsplätze auf den Märkten am Ernst-Reuter-Platz und auf dem Unteren Markt bekommen, um den Verlust zumindest ein wenig auszugleichen. "Das ist eine tolle Geste."

"Rettet alle, bloß uns nicht. Das ist sehr diskriminierend für uns Schausteller"

Paul Tille sieht ohnehin vielmehr den Bund und den Freistaat Bayern als die Stadt Dachau in der Verantwortung. Er findet, dass die Staatsregierung mit zweierlei Maß messe. Es könne nicht sein, dass alles wieder stattfinden dürfe, nur keine Volksfeste. "Rettet alle, bloß uns nicht. Das ist sehr diskriminierend für uns Schausteller. Wir sind wieder die Leidtragenden."

Kein Drive-in-Volksfest, dafür aber ein "kleines Dachauer Volksfest mit alternativem Konzept" später im Jahr - das war die Idee der Dachauer AfD. Die Mini-Wiesn hätte demnach zeitversetzt, vom 26. September bis 6. Oktober, stattfinden sollen. Die AfD schlug vor, ein Konzept zu entwickeln, das "aktualisierte Daten und Erkenntnisse" berücksichtigt. Zudem müssten Abstandsregeln beachtet werden, etwa durch Kontrollen beim Ein- und Ausgang oder durch eine verringerte Anzahl an Biertischen. AfD-Stadtrat Markus Kellerer verwies darauf, dass derzeit die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sukzessive gelockert werden und das Münchner Oktoberfest bereits abgesagt ist. "Das ist unsere Chance, etwas zu machen", sagte er. Schließlich könnte die Lage Ende September ganz anders aussehen.

Den Antrag lehnten die anderen Ausschussmitglieder ab. Hartmann verwies auf die jüngste Einigung der Bundesländer, alle Großveranstaltungen wegen der Coronakrise bis Ende Oktober zu verbieten. Grünen-Stadtrat Helmut Esch erinnerte zudem an die enorme Ausbreitung des Coronavirus durch Starkbierfeste im März. Veranstaltungen im Bierzelt seien "höchstgefährlich", so Esch. Und SPD-Stadtrat Volker C. Koch ergänzte: "Sich in ein Bierzelt zu setzen und zwei Meter Abstand zu halten, das macht wenig Spaß."

© SZ vom 20.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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