Dachau:Altstadtring wird Einbahnstraße

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Bald dürfen Autos in der Dachauer Altstadt nur noch in eine Richtung fahren. Derzeit sorgt eine Baustelle vor dem Rathaus für Staus. (Foto: N.P.JØRGENSEN)

Nach den Sommerferien wird die neue Verkehrsregelung in einer zwölfmonatigen Probephase getestet. Die Stadträte folgen damit Wünschen der Anwohner. Eine endgültig Entscheidung wollen sie aber erst 2022 treffen.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Autos dürfen auf dem Dachauer Altstadtberg bald nur noch in eine Richtung fahren: vom MD-Gelände zur Bäckerei Wörmann. Die Stadträte haben im Verkehrsausschuss einstimmig eine Einbahnstraßenregelung beschlossen und sind damit dem Wunsch einer Mehrheit der Anwohner in der Altstadt gefolgt.

Die Einbahnstraße beginnt in der Konrad-Adenauer-Straße auf Höhe der Ludwig-Thoma-Straße und endet in der Augsburger Straße mit der Kreuzung zur Brucker Straße. Die Regelung gilt mindestens ein Jahr lang. Nach Ablauf der zwölfmonatigen Probephase sollen die Stadträte dann endgültig entscheiden, ob die Einbahnstraße bleibt oder nicht. Ausgenommen von der Regelung sind Busse und Fahrräder. Sie dürfen weiterhin in beide Richtungen fahren. Gleichwohl sollen die Stadtwerke auf Wunsch der Ausschussmitglieder prüfen, welche Auswirkungen es hätte, wenn auch die Ringbuslinien 720 und 722 nur noch in eine Richtung unterwegs sein dürften.

"Wir rechnen damit, dass wir nach den Sommerferien mit der Einbahnstraße starten können"

Die Stadtverwaltung will nun alle nötigen Maßnahmen treffen, um die Einbahnstraßenregelung schnellstmöglich umzusetzen. Unter anderem muss die Stadt Schilder aufstellen und sich noch einmal mit der Polizei und Einzelhändlern absprechen. "Wir rechnen damit, dass wir nach den Sommerferien mit der Einbahnstraße starten können", sagt Stadtbauamtsleiter Moritz Reinhold.

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Es ist das zweite Mal, dass Autos den Altstadtberg nur in einer Richtung befahren dürfen. Bereits 2003 testete die Stadt die Regelung. Doch Geschäftsleute und Kunden protestierten damals dagegen. Mit Erfolg. Nach nur einem halben Jahr kippte der Stadtrat mit knapper Mehrheit den Probebetrieb. Auch jetzt kritisierten Ladenbesitzer wieder die Einführung einer Einbahnstraße. Doch mit dem eindeutigen Ergebnis einer Bürgerbefragung im Rücken wollen es die Stadträte nun noch einmal versuchen und so die Aufenthaltsqualität in der Altstadt sowie die Sicherheit für Fußgänger verbessern, insbesondere an der Kreuzung zum Karlsberg, wo auch viele Schüler unterwegs sind. Auch die Dachauer Polizei befürwortet die Einbahnstraße.

Die Stadt hatte im Vorfeld auf Drängen der CSU-Fraktion alle Anwohner und Gewerbetreibenden in der Altstadt befragt, was sie von einer Einbahnstraßenregelung halten würden. 820 Haushalte und Ladenbesitzer hatten dazu einen Fragebogen bekommen. Ungefähr ein Drittel schickten diesen ausgefüllt zurück. Das Resultat: 59 Prozent wollen die Einbahnstraße. Viele Anwohner erhoffen sich dadurch weniger Verkehr und Lärm. 36 Prozent der Befragten sind dagegen; sie befürchten, dass der Verkehr dadurch auf andere Straßen in der Altstadt ausweicht, insbesondere in die Wieninger Straße. Die Teilnehmenden der Umfrage konnten zudem eine von drei Varianten ankreuzen. Die kurze Variante wäre im Uhrzeigersinn vom Widerstandsplatz bis zur Klosterstraße gelaufen. Die mittlere Lösung wäre auf Höhe der Wieninger Straße gestartet. Die lange Einbahnstraße hätte auf Höhe der Jocherstraße begonnen. Fast die Hälfte der Befragten befürworteten die lange Version. Wobei ein Großteil derjenigen, die eine Einbahnstraßenregelung generell ablehnen, bei dieser Frage keine Angabe machte.

In der Sitzung des Verkehrsausschuss entschieden sich die Stadträte nach einem überraschenden Vorstoß der CSU-Fraktion aber dafür, den Autoverkehr auf dem ganzen Altstadtberg nur noch in eine Richtung laufen zu lassen, also von der Konrad-Adenauer-Straße bis über die ganze Augsburger Straße. "Eine Einbahnstraße in der Altstadt macht nur Sinn, wenn man es gescheit macht", sagte Peter Strauch. Diesem Vorschlag schlossen sich die anderen Fraktionen gerne an.

Für eine Fußgängerzone in der Altstadt ist die Zeit noch nicht reif

Dass es nun eine Einbahnstraßenregelung in der Altstadt geben soll, hat auch mit einem Antrag zu tun, den die CSU noch in der vergangenen Sitzungsperiode eingebracht hatte. Die Christsozialen wollten eine umfangreiche Machbarkeitsstudie für Einbahnregelungen im Stadtgebiet in Auftrag geben, mit dem Ziel, wichtige Verkehrsachsen für Radfahrer sicherer zu machen und den motorisierten Verkehrsfluss zu verbessern. Der Antrag wurde damals mehrheitlich abgelehnt. Stattdessen beschlossen die Stadträte, dass die Verwaltung gezielt einige Straßenzüge dahingehend prüfen sollte, ob dort eine Einbahnstraße überhaupt möglich sei, darunter eben auch die Altstadt.

Strittig war in der Ausschusssitzung am Dienstagnachmittag die Frage, ob künftig nicht auch die Busse nur noch in eine Richtung den Altstadtberg befahren dürfen. Die CSU-Fraktion plädierte dafür, schließlich würden auch die Busse viel Lärm produzieren und viel Platz wegnehmen. Die SPD-Fraktion argumentierte dagegen. Verkehrsreferent Volker C. Koch sagte, dass eine Einbahnstraße für Busse über das Ziel hinausschieße. Er verwies auf den Zehn-Minuten-Takt, den die Stadt mit viel Geld eingeführt hat und der nicht mehr gehalten werden könnte, wenn die Busse nur noch in eine Richtung fahren dürften. Auch nannte er die beiden Bushaltestellen, die gerade entstehen. Bei einer Einbahnstraße wäre eine davon überflüssig. Stadtwerke-Leiter Robert Haimerl sagte, man müsste die Linien ändern, wenn die Einbahnstraßenregelung auch für Busse gelten würde. "Das geht nicht kostenneutral." Vor diesem Hintergrund müsste die Stadt auch den Landkreis in diese Entscheidung einbinden. "Ansonsten bleiben wir auf den Kosten sitzen." Zudem müsste man die Regierung von Oberbayern miteinbeziehen. "Das ist kein Vorgang, der in vier bis sechs Wochen zu lösen ist." Wenn überhaupt würde es zum Fahrplanwechsel Ende 2022 klappen. Auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) verteidigte die Ringbuslinien. Diese seien für die Fahrgäste deshalb attraktiv, weil sie durch die Altstadt fahren würden. Schließlich einigten sich die Stadträte darauf, dass die Stadtwerke nun prüfen sollen, wie sich eine Einbahnstraßenregelung auf den Busverkehr überhaupt auswirken würde, auch in finanzieller Hinsicht - die Stadt ist auch durch die Corona-Krise zum Sparen gezwungen. Dann will man das Thema erneut im Ausschuss beraten.

Während die Einbahnstraßenregelung in der Dachauer Altstadt nun bald wieder Realität wird, ist eine andere Idee erst einmal vom Tisch. Die Stadt fragte die Anwohner auch, was sie von einer Fußgängerzone zwischen dem Widerstandsplatz und der Klosterstraße halten würden. Hier sind die Befragten gespalten. 46 Prozent finden die Idee gut. Doch genauso viele sind dagegen. Volker C. Koch, der sich als "Fan einer Fußgängerzone" bezeichnete, sagte: "Dafür ist die Zeit noch nicht reif."

© SZ vom 20.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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