Landkreis Dachau:"Die Existenz Dutzender Höfe steht auf dem Spiel"

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Die Aldi-Filiale in Petershausen: Der Discounter verspricht einen "Haltungswechsel". (Foto: Niels P. Joergensen)

Der Discounter Aldi will mehr fürs Tierwohl tun und besteht auf tiergerechtere Haltungsformen bei seinen Lieferanten. Das erzürnt den Bayerischen Bauernverband.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Simon Sedlmair sieht die Lebensgrundlage einiger seiner Kollegen in Gefahr. "Die Existenz Dutzender Höfe im Landkreis Dachau steht auf dem Spiel", sagt der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Landkreis Dachau. Die Bedrohung liegt für Sedlmair darin, dass sich der Discounter Aldi nun ausgerechnet fürs Tierwohl starkmacht.

Aldi will sein Frischfleischangebot bis 2030 auf die sogenannten Haltungsformen drei und vier umstellen. Das heißt: Im Gegensatz zu den Haltungsformen eins und zwei sollen die Tiere vor der Schlachtung mehr Platz, einen besseren Zugang zu Frischluft und Futter ohne Gentechnik bekommen. Zudem verbannt Aldi bei Eigenmarken künftig Frischmilch aus der Haltungsform eins aus den Regalen. Diese Neuausrichtung verkauft Aldi unter dem Werbeslogan: "#Haltungswechsel: Unser Versprechen für mehr Tierwohl".

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Was gut klingt, erzürnt derzeit sehr viele Landwirte. Dadurch dass Aldi auf bessere Haltungsformen besteht, steigen die Anforderungen und Produktionskosten für Lieferanten, Tierhalter und Milchbauern. Für den BBV nutzt Aldi damit seine Machtposition aus. Während Politik und Bauernverbände in Bayern und Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren gemeinsam an Wegen gearbeitet hätten, damit Betriebe ihre Tierhaltung Schritt für Schritt weiterentwickeln könnten, stelle Aldi die Landwirte nun vor vollendete Tatsachen, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes.

Mehr Tierwohl wollen alle - dafür bezahlen aber nicht

"Die Standards in Sachen Tierwohl steigen. Doch die Frage, wer die damit verbundenen Kosten trägt, ist offen", sagt Sedlmair. Für ihn steckt in Aldis "Haltungswechsel" eine Doppelmoral: "In teuren Anzeigen behauptet Aldi, dass Tierwohl eine Frage der Haltung sei. Vor allem ist Tierwohl aber eine Frage der Umsetzbarkeit und des Geldes. Zu einem Haltungswechsel gehört auch ein Ende der Niedrigpreise."

Auf Anfrage betont eine Aldi-Pressesprecherin, "großes Verständnis für die Situation der Landwirte" zu haben. Diese befänden sich in einem "Transformationsprozess". Klar sei, dass sich die höheren Kosten der Landwirte für bessere Haltungsbedingungen auf den Preis auswirken würden. "Fleisch und Milch der Tierwohl-Haltungsformen kann es daher nicht zum Preis von konventioneller Ware geben. Das haben wir auch nie so kommuniziert." Wie sich die Preise langfristig entwickeln, lasse sich heute jedoch noch nicht verlässlich vorhersagen.

Preisaufschläge im Handel allein würden bei den komplexen Marktstrukturen nicht ausreichen, damit mehr Geld bei den Landwirten ankomme, so die Pressesprecherin. Sie nimmt die Politik mit in die Verantwortung: Nur der Gesetzgeber könne die Rahmenbedingungen schaffen, um "den landwirtschaftlichen Betrieben über Jahre hinweg finanzielle Sicherheit zu geben".

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