Odelzhausen:"Meine Brote sollen industriell hergestellte Fabrikate verdrängen"

Lesezeit: 3 min

"Ich möchte möglichst viele Menschen überzeugen von guten, handwerklich hergestellten Bäckereiprodukten", sagt André Hauck. (Foto: Cumpanum)

Die Bio-Bäckerei Cumpanum hat in Odelzhausen ihr neuntes Ladengeschäft eröffnet. Bäckermeister André Heuck erklärt, warum er auf Regionalität setzt

Interview von Renate Zauscher, Odelzhausen

Die Bio-Bäckerei Cumpanum hat sich in Odelzhausen mit einer Backstube niedergelassen. Diese ist das bislang neunte Ladengeschäft, das Bäckermeister André Heuck (41) seit Gründung einer ersten eigenen Backstube in Bobingen 2018 eröffnet hat. Mittlerweile sind mehr als 90 Mitarbeiter im Bäckerei-Team von Cumpanum beschäftigt, mehr als die Hälfte der dreißig Bäcker sogar mit abgeschlossener Meister-Ausbildung. André Heuck erklärt sein berufliches und wirtschaftliches Konzept und spricht über seine Zukunftspläne.

SZ: Herr Heuck, Sie haben Ihrer Bäckerei den Namen Cumpanum gegeben. Wofür steht das?

André Heuck: Das ist eine als Eigenmarke geschützte Wortschöpfung, die sich vom "Kumpanen" ableitet, dem Freund, mit dem man das Brot teilt.

Sie sind mit Ihrem Unternehmen offensichtlich auf Erfolgskurs: Das Odelzhauser Ladengeschäft ist bereits das neunte seit Gründung von Cumpanum vor drei Jahren.

Ja, das ist richtig. Sechs der Läden haben außerdem eine angeschlossene offene Backstube. Der Kunde kann hier unmittelbar dabei zuschauen, wie sein Brot hergestellt wird.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Sie haben vor der Gründung Ihrer eigenen Bäckerei Erfahrungen an verschiedensten Orten der Welt gesammelt. Wie sah Ihr Werdegang im Einzelnen aus?

Ich wurde in Bergen auf der Insel Rügen geboren und wuchs in Norddeutschland auf. Bei meinem Vater ging ich in die Lehre. Sofort nach der Gesellenprüfung, mit 18, ging ich ins Ausland und arbeitete zunächst als Patissier auf der griechischen Insel Kos. Mit 21 war ich Bäckermeister und legte beim Besuch der Bäckerfachschule auch die Prüfung zum Betriebswirt des Handwerks ab. Weitere Stationen waren Miami, USA, Zypern und Fuerteventura, wo ich meine aus Bobingen stammende Frau kennengelernt habe. Zu guter Letzt übernahm ich in Macao die Leitung der Bäckerei im Venetian Macao Resort Hotel. Das Venetian in Macao ist das größte Hotel der Welt mit täglich 100 000 Gästen.

Sie sind Bio-Bäcker mit Leib und Seele. Warum?

Weil ich auch privat überzeugter Bio-Käufer bin. Wenn man sich erst einmal intensiv mit dem Thema Bio beschäftigt hat, kann man nicht mehr zurück, man steigt immer tiefer in die Materie ein. Einem wird klar, dass man sich selbst doch nur gesunde Lebensmittel zuführen will. Es geht um die Frage, was bin ich mir selber wert, was will ich mir selber Gutes tun.

Sie verwenden in Ihren Backwaren keinen Weizen und keine technischen Enzyme.

Immer mehr Menschen haben Unverträglichkeiten gegenüber den modernen Hochleistungssorten des Weizens. Und ich bin überzeugt, dass diese ausschließlich auf Ertrag gezüchteten Sorten und die Behandlung des Weizens, der in der konventionellen Landwirtschaft teilweise bis kurz vor der Ernte noch mit Glyphosat gespritzt wird, nicht gut für die menschliche Ernährung sind. Und was die technischen, exogenen Enzyme angeht, die teils in der Natur gar nicht vorkommen und mit Hilfe von Gentechnik hergestellt werden, so halte ich auch die dafür verantwortlich, dass so viele Menschen in den vergangenen zwanzig Jahren Unverträglichkeiten entwickelt haben. Wir verwenden auch keine Backmischungen: Alle unsere Brotteige ruhen stattdessen über Nacht in einem gekühlten Reiferaum. Das spielt für den aromatischen Geschmack, für die lebendige Optik, für Frischhaltung und Verdaulichkeit eine zentrale Rolle.

Sie setzen auch bei den Zutaten auf Regionalität. Wo kommen diese her?

Unser Mehl beziehen wir aus Landshut, Milch und Eier aus Bayern und auch Kürbis- und Sonnenblumenkerne kommen nicht wie sonst meist aus China, sondern aus Baden-Württemberg und von der Anbaugemeinschaft Aichacher Land.

Sind Ihnen auch noch andere Aspekte wichtig?

Ja, mir geht es zum einen um die handwerkliche Herstellung unserer Backwaren und somit auch darum, das Bäckerhandwerk als sinnstiftende Arbeit in eine gute Zukunft zu führen. Deshalb bin ich auch als zweiter Vorstand im Berufsverband "Die Freien Bäcker" ehrenamtlich tätig. Vor allem aber ist mir der Kampf für eine enkeltaugliche Wirtschaftsweise wichtig, weg von Ausbeutung und grenzenlosem Wachstum, hin zu einer nachhaltigen, ökologischen und sozial gerechten Land- und Lebensmittelwirtschaft. Das schließt auch die faire Entlohnung für die Produktion von Korn und Mehl und eine Vergütung unserer Mitarbeiter, einschließlich der Auszubildenden, von der man leben kann, mit ein.

Sie bieten seit kurzem an, über die Ausgabe von Genussrechten in Ihren Betrieb zu investieren.

Es handelt sich um eine Form der Finanzierung, bei der sich Kunden direkt beteiligen können. Wir wollen, dass die Kunden teilhaben können am Erfolg. Es gibt drei Modelle je nach Einzahlungshöhe und Laufzeit mit Zinsen bis zu fünf Prozent. Diese kann man sich entweder bar auszahlen lassen oder über den Kauf von Backwaren.

Mit der Ausgabe von Genussrechten wollen Sie den weiteren Ausbau von Cumpanum finanzieren. Warum setzen Sie auf zusätzliches Wachstum?

Dahinter steht die Idee, dass jedes meiner Brote ein industriell hergestelltes Fabrikbrot verdrängt. Ich möchte möglichst viele Menschen überzeugen von guten, handwerklich hergestellten Bäckereiprodukten.

© SZ vom 09.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusGerettete Handwerkstradition
:Das Wunder von Theresienthal

Seit 600 Jahren wurde im Bayerischen Wald schon Glas geblasen. Dann kam der Konkurs und Glasbläser wie Max Hannes verloren ihre Arbeit. Jahrelang kämpfen er und seine Kollegen aber weiter um den Erhalt der Hütte - und wurden erhört. Eine Geschichte über Hoffnung.

Von Lisa Schnell

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: