Bushido zweimal in der Münchner Olympiahalle:Ganove auf Ehrenrunde

Lesezeit: 2 min

"Ich habe es immer geliebt, live für meine Fans zu spielen", sagt Bushido. (Foto: Bushido)

Nach seinem Gerichtsmarathon will sich der Berliner Gangster-Rapper auf der "König für immer"-Tour von den Fans verabschieden.

Von Michael Zirnstein

Mehr als einmal hat Anis Mohamed Youssef Ferchichi gesagt, dass sein Alias Bushido eine Kunstfigur ist. Der Rapper hat es poetischer ausgedrückt. So erzählte er zum Beispiel Günther Jauch, als er zwischendurch mal wieder auf Liebkind im Fernsehen machte: Diese Gangster-Kluft hänge wie "ein Faschingskostüm im Schrank. Manchmal hole ich das raus, ziehe das an und dann mache ich Party."

Alle wollten es glauben, rissen die Mäuler auf, ballten die Fäuste und feierten mit. Jetzt erst recht, wenn Bushido nach achtjähriger Pause wieder Konzerte gibt. Auf der "König für immer"-Tour. Schnell wurden fünf Zusatzkonzerte angesetzt, auch in der Münchner Olympiahalle.

"Aggro Berlin" war also Fasching. Diese Bewegung, Marke und Geldmaschine seit Anfang der Nullerjahre um Bushido, Sido, Fler und die anderen Grobiane, die alles, was im deutschen Hip-Hop davor war, zur alten Schule sich verkünstelnder Clowns degradierte. Und Bushido spielte den neuen Samurai der Gosse. In der Zitaten-Enzyklopädie "Könnt ihr uns hören - Eine Oral History des deutschen Rap" sagt Stephan Szillus (heute Kunze), langjähriger Chefredakteur der Hip-Hop-Bibel Juice: "Bushido ist unangefochten der größte Popstar, den Deutschrap je hatte." Nie habe das Genre wieder "eine Person hervorgebracht, die so charismatisch und gleichzeitig so streitbar ist, dass jeder dazu eine Haltung haben musste".

Um Haltung ging es also, und die konnte und sollte abschrecken, ebenso wie der böse, brutale, kalte Aggro-Sound dazu. Das schuf großes Identifikationspotenzial und machte den Hip-Hop zur Jugend-Leitkultur auch in Deutschland. Nicht alle Fans konnten zwischen Spiel und Ernst unterscheiden. Und die Künstler auch nicht.

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Britpopper wie "1975" oder "Idles" füllen das Zenith, Italo-Popper wie Roy Bianco oder "Principess" schüren Erwartungen.

Von Michael Zirnstein

Bei Bushido ging das hin und her und ineinander: In "Meilenstein"-Alben wie "Vom Bordstein bis zur Skyline" fantasierte der deutsch-tunesische "King of Kingsz" vom Aufstieg seines Alter Ego Sonny Black aus dem Ghetto. Er landete bei Majorlabels, im Benz in einem Video mit Karel Gott ("Für immer jung"), als "Best German Act" bei MTV und im Film von Bernd Eichinger, in dem Elias M'Barek ihn spielte. Bei "Rock am Ring" bewarfen ihn enttäuschte Ur-Fans mit Kleingeld.

In den meist indizierten Texten beschimpfte Bushido Frauen ("Nutten"), Homosexuelle oder Juden, in Talk-Shows beteuerte Ferchichi, kein Juden-, Schwulen- oder Frauenhasser zu sein. Aber ein Straftäter war er. Er wurde von Gerichten wegen Beleidigung, Steuerbetrugs und mehr verurteilt.

Dann fühlte er sich als Opfer. Er war den wirklich bösen Kerlen zu nah gekommen. In einem in Medien, Podcasts und Filmen ausgeschlachteten Prozess-Marathon warf er unter Polizei- und Zeugenschutz im Hochsicherheitsaal seinem Ex-Geschäftspartner Arafat Abou-Chaker Freiheitsberaubung, Erpressung und gefährliche Körperverletzung vor. Nach dreieinhalbjähriger Verhandlung sprach das Gericht den Clan-Boss nahezu frei.

Bushido, der mit seiner Frau in Dubai lebt, wirkt zermürbt. Aber noch einmal will er feiern: "Ich habe es immer geliebt, live für meine Fans zu spielen. In den letzten Jahren war das aufgrund vieler Herausforderungen in unserem Leben nicht möglich", schreibt er. Von den Fans will er sich nun auf einer Ehrenrunde verabschieden - mit neuen Songs und einer neuen Staffel der Bushidoku "Alles auf Familie" (auf RTL+, das auch das Berliner Auftaktkonzert am 21. März streamt) - und dann das Gangster-Kostüm an den Nagel hängen.

Bushido, München, Olympiahalle, Sa., 23. März, Di., 26. April

In einer vorherigen Version haben wir berichtet, dass Bushido im Film "Zeiten ändern dich" von Moritz Bleibtreu gespielt wurde, der allerdings spielte Arafat Abou-Chaker. Bushido wurde von Elias M'Barek gespielt.

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