Buchhändler:Hugendubel kehrt an den Marienplatz zurück - und setzt auf kleinere Filialen

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Die Geschwister Maximilian und Nina Hugendubel führen das Unternehmen gemeinsam - jedem gehören 50 Prozent. (Foto: Stephan Rumpf)

Andernorts sperrt der Buchhändler Läden zu, in München aber wird es bald neun Geschäfte geben.

Von Pia Ratzesberger

In ein paar Monaten schon wird eine Buchhandlung am ersten Platz der Stadt eröffnen, der Marienplatz wird seinen Hugendubel wieder bekommen. Wenn auch einen ganz anderen als früher, mit den roten Sitzecken und dem Teppichboden.

Das wird nicht die einzige neue Filiale in München bleiben, im Herbst kommenden Jahres wird Hugendubel in das Forum Schwanthalerhöhe auf der Theresienhöhe einziehen, dort, wo zuletzt das Möbelhaus XXXLutz verkaufte. Während Hugendubel in anderen Städten Filialen schließt, wird München Ende 2018 neun zählen. So viele wie sonst fast nirgends.

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In Göttingen wird Hugendubel im kommenden Jahr zwei Geschäfte zumachen, in Bochum den Mietvertrag auslaufen lassen, wie in Kassel bereits geschehen. Das Unternehmen wolle sich mit seinen Filialen mehr auf die Regionen Deutschlands konzentrieren, in denen es bereits vertreten ist, hieß es damals, im Jahr 2015. "Wir wollen überall da sein, wo unsere Kunden sind", steht auf der Webseite geschrieben, neben einem Foto von Nina und Maximilian Hugendubel, den Geschwistern und Geschäftsführern. Das heißt also: Sie wollen wohl nicht unbedingt in Göttingen sein. Aber auf jeden Fall in München.

Das erste Hugendubel-Geschäft öffnete am Salvatorplatz

Die Geschichte der Buchhändler begann hier am Salvatorplatz, wo Heinrich Hugendubel 1893 das erste Geschäft kaufte, 1979 den Laden am Marienplatz eröffnete, vier Ebenen, 2000 Quadratmeter, Rolltreppen und Sofas. Solche Lesewelten waren neu, begehrt, der Hugendubel am Marienplatz war die erste Buchhandlung im Land, die mehrere Stockwerke zählte. Heute aber, wo alle Bücher zu jeder Zeit von Zuhause bestellbar sind, reizen die Lesetempel nicht mehr. Händler brauchen erst gar nicht versuchen, mit den Milliarden Büchern bei Amazon mitzuhalten, also besinnen sie sich auf das, was Amazon nicht bieten kann, zumindest noch nicht: "Berührung mit den Büchern und persönliche Beratung", sagt eine Sprecherin von Hugendubel.

Die Filialen sollen nicht mehr nur Buchhandlungen sein, auch wenn sie das mit all den Kalendern, DVDs und Buntstiften ohnehin schon lange nicht mehr sind. Bei Hugendubel spricht man jetzt von "Begegnungsstätten". Das Unternehmen setzt mittlerweile auf kleinere Filialen, die im Forum Schwanthalerhöhe wird 500 Quadratmeter messen, das neue Geschäft am Marienplatz 1200 Quadratmeter statt wie vormals 3600.

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Die Telekom ist nun Mieter im Haus, vermietet im ersten und zweiten Obergeschoss weiter an Hugendubel. Als vor drei Jahren publik wurde, dass das Buchgeschäft auszieht und ein Telekonzern ein, sammelten Bürger Unterschriften, um ihren Hugendubel zu bewahren. Auch das zeigt, wie eng München und Hugendubel miteinander verwoben sind.

Noch nicht bekannt ist allerdings, wie das neue Geschäft aussehen wird, "von den Materialen her" solle es aber anders werden als gewohnt, sagte Nina Hugendubel erst vergangene Woche, man könne sich auch "neue technische Elemente vorstellen". Hugendubel hatte vor vier Jahren mit anderen Buchhändlern wie Thalia und Weltbild den E-Reader Tolino aufgelegt. Auch einen Onlineshop führt Hugendubel, dort können sich die Kunden Bücher nach Hause oder in die Filialen bestellen.

An letzteren will man festhalten, an den "Begegnungsstätten", Online und Geschäfte vor Ort seien gleich wichtig, sagt eine Sprecherin. Zwar heißt es immer wieder, das Geschäft mit den Büchern lohne sich nicht mehr. Das mag zu Teilen stimmen, doch was schnell vergessen wird: München zählt noch immer 125 Buchhandlungen. Die bayerischen Geschäfte machten zuletzt einen Umsatz von 851 Millionen Euro.

Man habe bis zum Ende vergangenen Jahres bewusst Filialen geschlossen, heute sind es mehr als 100, nun befinde man sich in einer "gesunden Phase", heißt es bei Hugendubel. Man überprüfe die Geschäfte, sehe sich nach neuen, vielversprechenden Mietobjekten um, wie dem Forum Schwanthalerhöhe. "Ein Filialnetz atmet, das ist ein natürlicher Prozess, Läden werden geöffnet und geschlossen". Wenn im Sommer Hugendubel an den Marienplatz zurückkehren wird, werden sich die Türen aber vielleicht nicht wie gewohnt vorne an der Hausfront öffnen, sondern erst nach einem Gang ums Eck. Es wird anders werden als gewohnt.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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